Die Kritikpunkte der Industrie am Cannabis-Gesetz

Ein Überblick

by Redaktion

Im parlamentarischen Prozess, so hoffen einige Akteure der Cannabis-Industrie, könnte das CanG noch nachgebessert werden. Doch was sind die größten Kritikpunkte? Und wie gut stehen die Chancen? Eine Übersicht.

Zu viel Bürokratie für die Clubs

Viele sind der Ansicht, dass der Beitrag der Clubs zu mehr Jugend- und Konsumentenschutz schlussendlich marginal ausfallen wird. Zu hohe Auflagen, zu viel Administration, so die Hauptkritikpunkte. So geht der Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW) in einer Stellungnahme nicht davon aus, dass Säule eins den illegalen Markt signifikant zurückdrängen wird. Geschäftsführer Jürgen Neumeyer fragt im Gespräch mit krautinvest.de kritisch: “Wer soll die erforderlichen Investitionen finanzieren? Wie soll die von Konsument:innen gewünschte Produktvielfalt gewährleistet werden?”Immerhin gewinnt Niklas Kouparanis von der Bloomwell Group dem auch Positives ab: Das Rad wird seines Erachtens nicht mehr zurück gedreht. Ziel bleibe die komplett legalisierte Wertschöpfungskette.

Nutzhanf – “Rauschklausel” muss weg

“Es ist wirklich schade, dass immer noch der Ausschluss von Rauschzwecken notwendig ist. Ich hoffe, dass diese Regelung überarbeitet oder zumindest klarer definiert wird, wie man Rauschzwecke genau ausschließt”, hofft Florian Pichlmaier via Linkedin. Damit trifft er auch den Nerv der zentralen BvCW-Kritik: “Das – ursprünglich zur Abschaffung vorgesehene – Kriterium des angeblichen Missbrauchspotentials von Nutzhanf muss zukünftig entfallen. Diese schwer nachvollziehbare ‘Rauschklausel’ führte bereits zur Beschlagnahmung von Nutzhanffeldern und strafrechtlichen Verfolgung vieler Gewerbetreibenden wegen harmlosem Nutzhanf. Ein eigenständiges Nutzhanf-Gesetz (NutzhanfG) erscheint zur Wiederherstellung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit von Landwirten und der deutschen Nutzhanfwirtschaft weiterhin sinnvoll. ”

Die verschobenen Pilotprojekte

Finn Hänsel von der Sanity Group kritisiert in einem Interview mit Capital insbesondere, dass die Säule zwei aufgeschoben wurde. Diese hätte der Industrie angesichts der komplett legalisierten Wertschöpfungskette neue Wachstumschancen gegeben – auch wenn zunächst regional und zeitlich begrenzt. Der BvCW mahnt ebenfalls an, “Säule 2” schnellstmöglich in Angriff zu nehmen. “Zentrale Fragen lauten dabei: Wie breit, wie flächendeckend wird die Säule zwei? Wir hoffen diesmal auf ein Ermöglichungsgesetz”, erklärt Neumeyer.

Produktion in Deutschland von Medizinalcannabis

“Wir müssen es deutschen Unternehmen erleichtern medizinisches Cannabis zu produzieren. Durch den aktuellen Prozess entsteht ein Wettbewerbsnachteil für die eigene Industrie”, so Neumeyer. Für das BfArM produzieren gegenwärtig drei Unternehmen in Deutschland, die einen Ausschreibungsprozess erfolgreich durchlaufen sind.

Immer noch Strafen

In einem Gastbeitrag merkt Rechtsanwalt Kai-Friedrich Niermann kritisch an, dass viele Regelungen aus dem BtMG übernommen wurden. Selbst die “Entkriminalisierung”, geschweige denn “Legalisierung”, ist demnach nur unzureichend umgesetzt worden. Konsument:innen liefen noch immer an vielen Stellen Gefahr, sich strafbar zu machen.

Gleichstellung von Patient:innen mit Konsument:innen

Christiane Neubaur vom VCA ist vor allem von §24 enttäuscht. Dadurch würden Patient:innen mit Konsument:innen gleichgestellt. “Plötzlich finden sich Patient:innen mit restriktiven Vorgaben zum Konsum im öffentlichen Raum im KCanG wieder.” Schon die Definition sei falsch: “Patient:innen konsumieren nicht, sondern sie therapieren ihre Symptome”, so Neubaur. Eine klare Trennung von Konsument:innen und Patient:innen sei dringend erforderlich.

Das parlamentarische Verfahren

Wie wahrscheinlich es ist, dass im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen passieren? Im Idealfall erfolgt die erste Debatte im Plenum im September oder Oktober, dann beginnen die Ausschüsse ihre Beratungen und es folgt eine öffentliche Anhörung. Die zweite und dritte Lesung im Bundestag erfolgt normalerweise in einem Rutsch, gefolgt von der Verabschiedung des Gesetzes – sollte nichts mehr dazwischen kommen. Neumeyer: “Es gibt noch Spielraum und ich bin aufgrund von einigen Gesprächen und dem, was ich lese, positiv gestimmt, dass es im finalen Gesetz Verbesserungen geben wird.”

Mehr zum Thema

Leave a Comment