Mehr Mut! Wie ein EU-Land Cannabis rechtskonform legalisieren kann.

Wie besteht man vor dem EuGH?

by Moritz Förster

Nach Deutschland scheint auch Tschechien einzuknicken: Cannabis Clubs statt vollumfänglich legalisierter Wertschöpfungskette. Haben EU-Länder schlicht keine Chance, ohne vorherige Änderung der europarechtlichen Verträge, Cannabis als Genussmittel vollumfänglich zu legalisieren? Doch! Das sagt zumindest Niels Lutzhöft, Partner von Bird & Bird.

So verweisen europäische Verträge explizit auf die UN-Suchtstoffverträge. In denen wird in Sachen Cannabis zwar auch viel verboten, aber es werden auch Ausnahmen für medizinische und wissenschaftliche Zwecke angeführt. Nun haben, so Lutzhöft, die Schengen Staaten in einer gemeinsamen Erklärung definiert, was Medizin und Wissenschaft sind. Nämliche: “Eine nationale Politik zur Vorbeugung und Behandlung der Abhängigkeit von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen.” Damit dürfe man, argumentiert der Rechtsexperte, von den in den UN-Konventionen genannten Verboten abweichen. Denn: “Medizin ist nicht nur die Behandlung, sondern auch die Vorbeugung!” Eine präventive Legalisierung in Kombination mit einer wissenschaftlichen Evaluierung hätte laut Lutzhöft Chancen vor dem EuGH gehabt, falls es zu einer Klage gekommen wäre.

Mehr Mut! Wie ein EU-Land Cannabis rechtskonform legalisieren kann.

Darum dreht sich der Podcast:

Niels hat in einem Interview das zwei-Säulen-Modell mit den Worten kritisiert: “Die Regierung hat nicht durchgezogen.” Wie erfreut ist er trotzdem, dass der Bundestag das CanG nach dem Hin und Her 2023 verabschiedet hat?

Nach Deutschland scheint nun auch Tschechien auf nicht-kommerzielle Clubs statt auf legale Fachgeschäfte zu setzen. Dabei hatte der tschechische drogenpolitische Sprecher Jindřich Vobořil doch immer für einen mutigen Ansatz plädiert. Wieso setzen EU-Länder allesamt auf Clubs statt auf echte Fachgeschäfte?

Deutschland hat das erste Eckpunktepapier nach “inoffiziellen” und “vertraulichen” Konsultationen mit der Kommission verworfen. Viele Cannabis-Befürworter schimpfen über diese Intransparenz. Ist ein solches Gemauschel zwischen Mitgliedsstaat und Kommission üblich?

Wohlgemerkt ging es im ersten Schritt um eine Notifizierung. Die Notifizierung hat nichts direkt mit der Legalisierung von Cannabis zu tun, sondern vor allem damit, ob die Warenverkehrsfreiheit im europäischen Binnenmarkt verletzt wird. Du beziehst dich in deiner Argumentation auf eine Protokollerklärung der Schengen-Staaten, die sagt, dass eine Vertragspartei von den Schengen-Regeln zur Vorbeugung der Abhängigkeit von Suchterkrankungen abweichen kann. Dann wäre zumindest die Sache mit der Notifizierung geklärt gewesen?

Bleibt die Sache mit dem Rahmenbeschluss von 2004. Dort steht wortwörtlich: “Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass folgende vorsätzliche Handlungen unter Strafe gestellt werden, wenn sie ohne entsprechende Berechtigung vorgenommen wurden:
das Gewinnen, Herstellen, Ausziehen, Zubereiten, Anbieten, Feilhalten, Verteilen, Verkaufen, Liefern — gleichviel zu welchen Bedingungen —, Vermitteln, Versenden — auch im Transit —, Befördern, Einführen oder Ausführen von Drogen;”
(…)” Einzige Ausnahme: Wenn die “Täter” sie ausschließlich für ihren persönlichen Konsum im Sinne des nationalen Rechts begangen haben. Genau darauf beruft sich nun auch Karl Lauterbach mit dem Club-Modell, in dem Mitglieder für sich selbst produzieren. Wieso wäre trotz des Rahmenbeschlusses von 2004 eine legalisierte Wertschöpfungskette möglich gewesen?

Skeptiker weisen zudem daraufhin, dass auch die EU Mitglied des UN Abkommens von 1988 ist. Beim näheren Hinschauen hat sich die EU als ganzes, 1990 noch als EWG, allerdings nur zum Einhalten der Vorschriften von Artikel 12 verpflichtet. Wieso spielt die Single Convention trotzdem eine Rolle für eine legalisierte Wertschöpfungskette? Oder etwa nicht – Kanada hat sie ja auch ignoriert…?

Uruguay beruft sich wiederum auf die Präambel und die übergeordnete Rolle der Menschenrechte. Wie aussichtsreich ist diese Argumentation?

Cannabis relevante Gerichtsurteile vor dem EuGH gibt es wenige. Einmal zum Cannabis-Tourismus aus dem Jahr 2010 – der Josemans-Fall. Was kann man davon ableiten für ein mögliches Urteil von Cannabis als Genussmittel vor dem EuGH?

Und was bedeutet es, dass der EuGH im Falle von CBD bereits einmal die Kommission in die Schranken verwiesen hat?

Angenommen, es findet sich in der EU doch noch ein Mitgliedsland, in dem die regierenden Politiker etwas Mut haben: Wie sollten diese begründen, dass die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel europarechtskonform erfolgt?

Anders gefragt: Was sollte dieses EU-Land in seiner Begründung eines legalen Cannabis-Marktes vermeiden?

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