Nic Easley: “Weed-Experiment in Niederlanden könnte Wendepunkt sein”

by Moritz Förster

Die nordamerikanischen Cannabis-Märkte sind Europa zweifelsfrei um einiges voraus. In Kanada notieren Produzenten an der Börse mit Milliarden-Bewertungen. Lange Zeit war Europa zu großen Teilen von kanadischen Importen abhängig. Unterdessen entsteht nicht nur in Kanada, sondern auch in vielen US-Staaten ein gänzlich neuer Markt für Recreational-Cannabis. Wir haben mit Nic Easley gesprochen, was Europa aus der Entwicklung in den USA lernen kann. Welche Fehler sollten hiesige Unternehmer vermeiden? Und vor allem: Wieso könnte das Weed-Experiment in den Niederlanden in die europäische Cannabis-Geschichte eingehen. Nic ist sicher: Dadurch wird sich das volle Potenzial legaler Märkte und standardisierter Produkte zeigen – und den Weg zu standardisierten, vollständig kontrollierten Produkten ebnen. Die Key Points:

  • Recreational Cannabis: Die Zukunft prägen standardisierte, massenproduzierte Consumer-Brands.
  • Wenn man die Formel kennt, kann man leicht ein reproduzierbares Produkt herstellen.
  • Blüten und Joints werden 40 Prozent des Marktes ausmachen, aber der größte Teil wird aus Schokolade, Getränken und vielen anderen neuen Konsumgütern bestehen.
  • Bei Recreational Cannabis geht es nicht um staatliche Politik.
  • Medizinisches Cannabis: Europa wird Importmarkt sein, so erlaubt.
  • Investoren müssen bei Cannabis-Startups vorsichtig sein.

krautinvest.de: Die nordamerikanische Cannabisindustrie ist im Vergleich zu Europa ein paar Jahre voraus. Was können europäische Gründer von den Erfahrungen ihrer amerikanischen Pendants lernen? Welche Fehler sollten sie vermeiden, was sollten sie versuchen zu wiederholen?

Nic Easley: Europa und Nordamerika sind zwei sehr unterschiedliche Märkte. Obwohl wir in Nordamerika die notwendigen Industriestandards entwickelt haben, um eine Vorreiterrolle zu spielen, haben wir zu viel Geld auf globaler Ebene ausgegeben. Die kanadischen Unternehmen waren 2015 auf der Suche nach internationalen Zielen, ohne jedoch die unterschiedlichen Vorschriften und regionalen Nuancen der einzelnen Märkte zu berücksichtigen. Der gesamte Prozess erfordert mehr Granularität, als man sich vorstellen kann. Außerdem erschweren die strengen Vorschriften in Europa eine effiziente Produktion. Europa wird ein Importmarkt sein, wenn es erlaubt ist. Wiederholt daher in Europa nicht denselben Fehler: “Nur weil ich in Deutschland bin, heißt das nicht automatisch, dass ich dort produzieren will!” Außerdem gilt: Wenn man keinen wichtigen Markt auslassen will, muss man auch die strengsten Qualitätsstandards einhalten. Daraus haben wir gelernt, dass GMP nicht EU-GMP ist.

Nach der Reklassifizierung durch die UN gilt: Über 160 Nationalstaaten könnten die Änderungen für medizinisches Cannabis schnell übernehmen. Das ist eine große Sache: Cannabis hat einen medizinischen Wert und die Länder werden anfangen, Programme zu übernehmen und ihre eigenen Wege einzuführen.

Hinweis: krautinvest.de ist auch in diesem Jahr Medienpartner der ICBC. Unsere Leser erhalten mit dem Code MJUVIPB2B Rabatt für die ICBC (zum Ticket-Shop) und mit dem Code MJUVIPGIF  für das Global Investment Forum (zum Ticket Shop). Nic Easley gibt am Freitag, den 27. August, um 10 Uhr eine Übersicht über die Rahmenbedingungen in der EU und auf globaler Ebene (Schedule).

krautinvest.de: Etwas ganz anderes: In Deutschland setzen sich derzeit vier Parteien für eine Legalisierung ein. Was sind die wichtigsten Lehren aus Nordamerika für Recreational-Cannabis?

Nic Easley: In den USA wird der Handel von Bundesstaat zu Bundesstaat geregelt. Vor allem kann Europa daraus lernen, dass es bei Cannabis nicht um staatliche Politik geht. Ohne Grenzen wird es zu schwierig, Gesetze zu kontrollieren sein. Ein Wendepunkt für Europa könnte daher das Weed-Experiment in den Niederlanden sein.

krautinvest.de: Warum ist dieses Experiment so wichtig?

Nic Easley: Niederländische Coffee-Shops durften bis dato kein Cannabis importieren, sondern nur Samen. Der Freizeitmarkt in den Niederlanden ist immer noch illegal und kann von den staatlichen Behörden nicht kontrolliert werden.

Das Weed-Experiment begann im vergangenen Juni. Zehn Unternehmen erhielten Lizenzen, die es ihnen erlaubten, Cannabis für den Konsum durch Erwachsene zu produzieren. Völlig legal. Es wird das erste Experiment in Europa sein, bei dem das volle Potenzial legaler Märkte und standardisierter Produkte erprobt wird. Dies wird automatisch zu standardisierten, vollständig kontrollierten Produkten führen.

Vergessen wir nicht: In einem Coffee-Shop wird man nie wirklich wissen, was man bekommt.

Eine wichtige Lektion für Europa lautet daher: Beobachtet das Experiment und wiederholt nicht die Fehler von Spanien oder Portugal. Die Zukunft prägen standardisierten, massenproduzierten Consumer-Brands.

krautinvest.de: Wie werden diese standardisierten Produkte aussehen?

Nic Easley: Blüten und Joints werden 40 Prozent des Marktes ausmachen, aber der größte Teil wird aus Schokolade, Getränken und vielen anderen neuen Konsumgütern bestehen, was den Vorteil hat, dass man genau weiß, was man bekommt: Es ist die gleiche Erfahrung, die gleiche Verpackung, das gleiche Produkt.

krautinvest.de: Und wer werden die Gewinner dieser neuen Möglichkeiten sein?

Nic Easley: Recreational bedeutet Boden bis Öl. Man muss das ganze Spiel beherrschen. Vom Anbau über die Verarbeitung und Herstellung bis hin zum Vertrieb. Wenn drei bis vier der zehn ausgewählten Unternehmen “es richtig machen”, werden sie zu europäischen Marken aufsteigen. Wenn man die Formel kennt, kann man leicht ein reproduzierbares Produkt herstellen.

Super wichtig dabei: die Vertriebskanäle. Dies könnten Unternehmen sein, die derzeit Getränke, Landwirtschaft oder Tabak vertreiben. Wer kontrolliert die Ausfuhr und Einfuhr des Produkts? Diese Art von Akquisitionen werden sexy sein. German Tech oder Israel Tech ist dagegen nicht so interessant. Investoren müssen bei Cannabis-Startups vorsichtig sein. Viele Geschäfte können auch auf der Retail-Seite gemacht werden. Man muss sich die Lizenzen besorgen.

krautinvest.de: Zum Schluss: Es sieht so aus, als ob mehr und mehr europäische Cannabisunternehmen einen Börsengang anstreben. Was sind die Schlüsselfaktoren an den Märkten, damit die Unternehmen erfolgreich Geld einsammeln?

Nic Easley: Durch einen Börsengang erhält man leichter Zugang zu Kapital. Allerdings werden viele europäische Unternehmen die gleichen Fehler machen wie nordamerikanische. Eine Reihe von Investoren wird aufgrund von Pressemitteilungen investieren. Viele Börsengänge sehen gut aus und klingen auf dem Papier gut. Derzeit gibt es aber nicht genügend gute Unternehmen, die an die Börse gehen. Solche Unternehmen sollten Firmen in anderen Ländern besitzen. Man möchte Holding-Firmen sehen, die ihre Geschäfte weltweit führen. Private Unternehmen sind immer noch die bessere Investition. Alternativ dazu sind Cannabis-spezifische Fonds das Beste, was Anleger tun können.

Nic Easley ist geschäftsführender Gesellschafter von Multiverse Capital™, einer breit gefächerten Reihe von Investmentfonds, die alle legalen, nationalen und internationalen Sektoren der Cannabisbranche abdecken. Er ist Gründer und CEO von 3C Consulting™, LLC, das Hunderte von Kunden in 36 Staaten und 17 Ländern bei der Planung, Gründung, dem Aufbau und der Optimierung ihres Anbaus und kommerziellen Cannabisbetriebs unterstützt. Nics wissenschaftlicher Hintergrund, kombiniert mit über 15 Jahren Erfahrung in der Landwirtschaft und Biologie, bietet der Branche neue Möglichkeiten der Produktivität, Rentabilität und Professionalität. Er hat Abschlüsse in Umweltstudien und Biologie und ist ein Veteran der United States Air Force.

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