Der rote Teppich der Cannabis-Industrie – Mehrwert durch Prominenz

Diese Stars sind Teil der deutschen Cannabisszene

by Hande Savus

Die deutsche Cannabis-Industrie hat prominenten Persönlichkeiten den roten Teppich ausgerollt. Neben bekannten Rappern und Schauspieler:innen beteiligen sich berühmte Models, einer der bekanntesten Moderatoren Deutschlands und Sportler:innen in der ein oder anderen Form, gründen teils eigene Gesellschaften – wie unlängst Sido mit Kejf. Stellt sich die Frage: Wie profitieren Cannabis-Unternehmen von solchen Partnerschaften?

Es sei kein Geheimnis, schreibt das nordamerikanische Leitmedium MJBizDaily, dass Cannabismarken, die von Prominenten unterstützt werden, auch deren Fans und Social-Media-Follower erreichen können, um auf diesem Wege die Aufmerksamkeit möglicher Verbraucher:innen auf sich zu ziehen. Das Online-Fachmagazin verglich 20 sogenannte “Celebrity”-Brands mit über 1.300 traditionellen Cannabis-Firmen. Das Ergebnis: Die Produkte der “Celebrity-Brands” sind im Schnitt etwas günstiger, die Umsätze lagen im ersten Quartal 2023 über dem Durchschnitt. Und zwar deutlich: Während die “traditionellen” Firmen laut MJBizDaily in diesem Zeitraum 26.591 US-Dollar monatlich erwirtschafteten, war es bei den Celebrity-Brands mehr als viermal so viel.

Doch während in Deutschland Unternehmen zwar für kosmetische CBD-Produkte werben dürfen, herrscht für medizinische Produkte ein Werbeverbot. Das wirkt sich auch unmittelbar auf die Zusammenarbeit mit den Prominenten aus. So erklärt Jakob Sons, der als Geschäftsführer und Co-Gründer von Cansativa ein Investment von Snoop Dogs Casa Verde an Land gezogen hat, dass dieses Investment Casa Verde Capital zwar ermöglicht habe, das bestehende Geschäft weiterzuentwickeln und der prominente Name anfangs einen “Schub an Aufmerksamkeit” gegeben habe, aber angesichts des streng regulierten medizinischen Umfelds sieht Sons wenig weiteren Mehrwert: “Mit Blick auf das Werbeverbot in unserer stark regulierten Branche stellt sich für uns zudem die Frage, wie sinnvoll der mediale Fokus auf prominente Namen ist.” Auf “lange und strategische Sicht” habe sich die Prominenz laut Sons nicht auf die Marktpositon ausgewirkt. Im Mittelpunkt stehe vielmehr, das Geschäftsmodell und der Einsatz für eine verantwortungsvolle Legalisierung.

Auch in einer LinkedIn-Umfrage waren die 72 Teilnehmenden skeptisch, dass Partnerschaften mit prominenten Persönlichkeiten sehr großen Mehrwert für Cannabis-Unternehmen in Deutschland bergen (15 Prozent). Viele sehen eher großen (33 Prozent) oder wenig (32 Prozent) Mehrwert. 19 Prozent glauben, dass dieser Schritt gar keinen Mehrwert birgt.

Andererseits verfügen die Stars und Promis per se über immenser Reichweite auf den eigenen Social-Media-Kanälen, über Resonanz in der Medienlandschaft und Reputation bei den eigenen Fans. Alles Faktoren, die auch ohne unmittelbare Werbung für Produkte Auswirkungen haben können.

Janett Dalka, CEO von Breezy Brands, erklärt dementsprechend: “Auch unser Unternehmen hat durch die Reichweite von Persönlichkeiten von mehr Bekanntheit und Reichweite profitiert und ist dadurch in der Position, sich noch besser in den öffentlichen Diskurs einzuklinken.” Und bei der Sanity Group heißt es auf Anfrage, dass zum einen “die Strahlkraft bekannter Persönlichkeiten für Unternehmen interessant” sei, zum anderen Mehrwert durch neue Kontakte, Netzwerkeffekt  oder auch Produktkollaborationen und gemeinsame Markteingaktivitäten entstehe. Anders als Cansativa ist die Sanity Group allerdings nicht nur im medizinischen Markt, sondern auch im CBD-Markt aktiv. So nennt das Unternehmen als Beispiel ein Produkt, das als Limited Edition gemeinsam mit Stefanie Giesinger auf den Markt gebracht worden sei. Will.i.am habe das Unternehmen zudem in Interviews promotet, der Snoop-Dog-Fonds bringe seine internationale Expertise ein.

Dalka von Breezy Brands, einem Portfolio-Unternehmen der Bloomwell Group, die unter anderem Moritz Bleibtreu als Investor an Land zog, verweist jenseits eines Mehrwerts für das eigene Unternehmen auf den gesamtgesellschaftlichen Diskurs. Schließlich kämpfe man sowohl in der Medizin als auch im Genussmittelbereich gegen die jahrzehntelange Stigmatisierung der Cannabis-Pflanze. “Das Engagement prominenter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist eine immense Hilfe, damit Cannabis endlich in der Mitte der Gesellschaft ankommt.” Letztlich seien prominente Persönlichkeiten ein wichtiger Begleiter auf dem Weg hin zu echtem gesellschaftlichem Wandel. Entsprechend wünscht sie sich mehr prominente Vorstreiter, “die sich aus der Deckung wagen, um viele unrechtmäßige Vorurteile über Cannabis zu beseitigen und das Image der Pflanze in Europa in das richtige Licht zu rücken.”

Übrigens gehe es laut Sanity Group nicht nur darum eine x-beliebige Persönlichkeit für sich zu gewinnen, sondern um den richtigen Fit: “Für Mario Götze, André Schürrle oder auch Dennis Aogo war zum Beispiel der Einsatz von CBD im Sport interessant; andere haben wiederum einen ganz anderen Bezug zu der Thematik oder zu unseren Marken.” Das Unternehmen verspricht: “Wir würden keinen prominenten Investor an Bord holen, nur weil er bekannt ist – wenn wir nicht das Gefühl haben, es passt.”

Investition

Ein Großteil der Stars und Sternchen treten in der Cannabis-Branche als Investor:innen und in einigen Fällen auch als Markenbotschafter:innen für die deutschen Unternehmen auf.

Bloomwell Group

Im Februar 2023 investiert der Schauspieler Moritz Bleibtreu einen sechsstelligen Betrag in das Frankfurter Cannabis-Startup Bloomwell. Der Schauspieler ist vielen aus dem Kifferfilmklassiker Lammbock bekannt.

Seit Mai 2022 ist der Rapper Giwar Hajabi („Xatar“) „Chief Viral Officer“ und soll sich ebenfalls für das Unternehmen gegen Vorurteile und Stigmatisierung von Cannabis in der Gesellschaft einsetzen.

Sanity Group

Im November 2021 investiert Calvin Cordozar Broadus Jr. (Snoop Dogg) 3,5 Millionen in die Sanity Group. Die Liebe zu der grünen Pflanze spiegelt sich nicht nur in seinen Musikvideos wider, der Rapper gründete 2015 mit Casa Verde Capital eine eigene auf Cannabis spezialisierte Investmentgesellschaft.

Im Juni 2021 hat die Sanity Group das Second Closing ihrer Pre-Series-A-Finanzierungsrunde abgeschlossen: Unter den Investor*innen befindet sich eine Vielzahl bekannter Persönlichkeiten: Neben einem der beliebtesten TV-Moderatoren Deutschlands, Klaas Heufer-Umlauf, zählen auch das deutsche Topmodel Stefanie Giesinger, Fußballprofi Mario Götze, Ex-Fußballer Dennis Aogo und Sportexperte Jonas Hummels (Bruder von Mats Hummels) sowie Will.i.am und Hollywood-Schauspielerin Alyssa Milano zu den Investoren.

Cansativa

Im Februar 2022 beteiligt sich Casa Verde Capital, das von Snoop Dogg gegründete Unternehmen, als Lead Investor an der Serie B Finanzierungsrunde von Cansativa in Höhe von 13 Millionen Euro.

Gründer:innen

Neben den aufgezeigten Investoren sind auch andere Berühmtheiten (zukünftige) Unternehmer*innen der deutschen Cannabis-Szene.

Heidi Klum & Tom Kaulitz: “High-Di” & “Neongreen

Wie der Stern Anfang Juni 2023 berichtet, sei im Markenregister zu sehen, dass das deutsche Topmodel Heidi Klum mit „High-Di“ und „Neongreen“ zwei neue Marken angemeldet habe. Zusammen mit Tom Kaulitz (Tokio Hotel) sollen die Hautpflegeprodukte, die CBD und THC enthalten, auf den deutschen Markt gebracht werden. Dieses Vorhaben bleibe abhängig von den Legalisierungsvorhaben der Bundesregierung.

Sido: Kejf

Ende Juni gab Paul Würdig (Sido) bekannt, dass er zusammen mit der CNBS Holding das Cannabis-Startup „Kejf“ gegründet hat. Das Unternehmen will ab August medizinisches Cannabis anbieten. Paul Würdig über das Vorhaben: „Wir wollen aufklären. Und das geht am besten, wenn wir die Menschen dort abholen, wo sie stehen – mit ihren Erfahrungen, Ängsten, aber auch Vorurteilen“. Auch krautinvest.de berichtete.

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