Alexej Pikovsky, Gründer und Geschäftsführer Alphagreen Group, ist Teil der Cannabis Society, einem Expertennetzwerk mit regelmäßigen Konferenzen – virtuell wie offline. Für krautinvest.de fasst er die wichtigsten Inhalte des letzten Treffens zusammen mit besonderem Fokus auf den pharmazeutischen Cannabismarkt.
Zum Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage
- Die Zahl der Patienten deutschlandweit bis 2024 auf eine Million ansteigen, was zu einer Nachfrage von mehr als 45 Tonnen Cannabisblüten führen wird.
- Im Jahr 2018 wurden rund drei Tonnen medizinisches Cannabis nach Deutschland importiert, die Zahlen für 2019 liegen eher bei fünf Tonnen, davon entfallen wohl drei Tonnen auf Bedrocan
- Im April 2019 beauftragte die Deutsche Cannabisagentur drei Firmen (Aurora, Aphria und Demecan) mit dem Anbau in Deutschland und der Lieferung von 650 kg pro Quartal. Geht man von einem 10-prozentigen Anstieg je Quartal aus, wird das Maximum des im Inland angebauten Cannabis im Jahr 2024 noch unter vier Tonnen liegen.
- Vorausgesetzt der Vergabe neuer Lizenzen an zusätzliche einheimische Anbieter sowie weiterer Kapazitäten durch Bedrocan, verbleibt immer noch eine Lücke von mehr als 30 Tonnen auf dem deutschen Markt, die durch Importe aus dem Ausland gefüllt werden muss.
Vertriebsanforderungen in Deutschland
- Die Anforderungen werden durch das deutsche Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und das Arzneimittelgesetz (AMG) definiert, die medizinisches Cannabis als Suchtstoff bzw. Droge einstufen.
- Alle Genehmigungen im Sachen Cannabis werden am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) von der eigens eingerichteten Bundes-Cannabisbehörde kontrolliert und überwacht.
- Viele der Anforderungen, um auf dem medizinischen Cannabismarkt zu operieren, hängen vom Bundeslan ab, in dem man sich befindet. Während es früher in einigen Bundesländern genügte, dem Paragraphen 52 des Arzneimittelgesetzes (AMG) zu entsprechen, um als pharmazeutischer Großhändler zu gelten, achten bestimmte Bundesländer wie NRW nun auch auf den Paragraphen 13 des Arzneimittelgesetzes (AMG). Dafür erforderlich ist eine Lizenz, die neben der Tätigkeit als Pharmagroßhändler auch die Herstellung von geregelten Stoffen erlaubt. In diesem Fall bezieht sich die Herstellung auf das Umverpacken und Etikettieren des Produktes.
- Während die Paragraphen 52 und 13 bei lokalen Behörden eingeholt werden können, muss man auch die Erlaubnis zum Umgang mit Betäubungsmitteln gemäß Paragraph 3 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) haben.
Exportanforderungen nach Deutschland :
- Bedrocan ist der wichtigste Akteur in Europa, um medizinische THC haltige Cannabisblüten- und Cannabisöle über die holländische Regierung nach Deutschland zu exportieren. Dazu kommen einige wenige Akteure aus Kanada, die die Voraussetzungen für den Export von THC-Produkten erfüllen.
- Die Unternehmen müssen sich für die EU-Good Manufacturing Practices (EU-GMP) Zertifizierung qualifizieren, dafür erforderlich ist ein zwölf bis 18-monatiger Prozess.
- Zu den aktuellen Unternehmen zählen Cronos, Aurora, Tilray und Canopy Growth, die Wayland Group und TerrAscend.
- Es wird erwartet, dass im Jahr 2020 eine ganze Reihe neuer Unternehmen, sowohl in Kanada, aber auch in anderen Ländern wie Kolumbien, Jamaika und Uruguay, die EU-GMP-Lizenz erhalten und THC-Produkte in die EU exportieren können.
- Bei medizinischem Cannabis, bei dem es sich ausschließlich um CBD-Produkte handelt, ist der Prozess etwas einfacher. Mehr Unternehmen konnten bereits Deutschland beliefern, etwa Plena Global.
- Neben der EU-GMP-Lizenz gibt es mit einigen Ländern weitere Abkommen. die die gegenseitige Anerkennung (MRA) zusichern. Ein Beispiel dafür ist die australische TGO 93 (Therapeutic Goods Order) Lizenz, die die Einfuhr von Cannabisextrakten von Althea aus Australien nach Deutschland erlaubt.
Bedeutung von Marken und Warenzeichen
- Marken und Handelsmarken sind im Konsumbereich relevanter. Kunden haben dort eine große Auswahl zwischen Produkten, Geschmacksrichtungen und Sorten.
- Die Verpackung ist im Freizeit- und Wellnessmarkt von großer Bedeutung
- Der medizinische Markt ist so unterversorgt, dass im Moment die Verfügbarkeit wichtiger ist als die Verpackung. Ähnliches sieht man auch in Kanada und Israel.
- Diskussionen um IP und Genetik werden zukünftig relevanter.
Prognosen für 2020:
- Mehr Mengen – sowohl von CBD als auch von medizinischem Cannabis – kommen auf den europäischen Markt – und zwar aus Niedrigpreisstandorten wie Kolumbien, Jamaika, Peru und Uruguay.
- Wir erleben eine höhere Produktvielfalt mit mehr CBD-, CBG- und anderen Cannabinoid-Produkten sowie in Kombinationen mit anderen Superfoods/Nutraceuticals.
- Mehr Spezialisierung und mehr Nischen: vom Sport bis zur Schönheit und Kosmetik
- Konsolidierung und M&A in der Branche
- Mehr Investitionen in den Cannabismarkt von Akteuren, denen es noch verboten war, in den Markt zu investieren. Katalysator dafür: die Verabschiedung des Banking Act und später die bundesweite Legalisierung in den USA sein.
Über Alexej Pikovsky:
Alexej ist Gründer und Geschäftsführer der Alphagreen Group, einem europäischen Unternehmen für den Vertrieb von Nutrazeutika und medizinischem Cannabis. Unterstützt von mehreren bekannten Tech-Unternehmern und Family Offices baut Alphagreen den führenden Online-Marktplatz für Nutrazeutika auf und ist aktuell dabei, die Herstellungs- und Großhandelslizenz für medizinischen Cannabis in Deutschland zu erhalten.
Nachdem er seine Karriere im Investment Banking bei Nomura in London begonnen hat, hat Alexej die letzten sechs Jahre als Private-Equity- und Venture-Capital-Investor für einen drei-Milliarden-Dollar-Fonds und ein Family Office gearbeitet. Alexej hat Vorstandserfahrung im größten deutschen Spezialdüngergeschäft gesammelt und dessen Trade Sale geleitet. Er verfügt über einen Master des Imperial College London und ist Fellow der Studienstiftung des deutschen Volkes.
Am 13. Februar 2020 trifft sich die Cannabis Society in Berlin (Invite only Event).