Cannabis aus Ebersbach: Demecan setzt auf Sicherheit

by Lisa Haag

Ein Interview mit Demecan CEO & Gründer Dr. Cornelius Maurer zur nahen Zukunft von Cannabis “Made-in-Deutschland.

Im Sommer feierte Demecan mit einem Richtfest seine Anlage in Ebersbach, Sachsen (krautinvest.de berichtete). Am Standort produziert Demecan das Cannabis, das Deutschland 2019 im Rahmen einer Ausschreibung an drei Bieter vergeben hatte. Ab Ende des Jahres ist die Anlage wohl einsatzfähig und in Betrieb. Doch damit nicht genug: Demecan plant zudem am Standort ein Zentrums für medizinisches Cannabis. Langfristig sollen dort auch weitere Produkte “Made-in-Germany” entstehen. Aber ob die Bundesregierung noch weitere Produkte ausschreibt? Das und mehr haben wir Dr. Cornelius Maurer, Gründer und Geschäftsführer (CEO) von Demecan, gefragt.

krautinvest.de: An Eurem Standort in Ebersbach wird jetzt Cannabis angebaut. Es soll aber auch ein Zentrum entstehen. Kannst Du uns hierzu etwas sagen?

Cornelius Maurer: Das Gebäude diente vormals der Fleischverarbeitung und wurde dann für kleinere Gewerbeansiedlungen und als Lagerfläche genutzt. Dieses Gewerbegrundstück eignet sich hervorragend für die Produktion von medizinischem Cannabis. Was spricht für die Eignung: Zunächst der Faktor Sicherheit, denn wir haben es ja hier mit einem Betäubungsmittel zu tun. Das Gelände ist in sich geschlossen, umzäunt und daher sicher. Außerdem ist die Produktionshalle bereits so gebaut, dass Decken, Wände und Böden aus massivem Beton errichtet waren, sodass ein Einbruch mechanisch erheblich erschwert ist. 

Auch die Größe ist relevant: Hier haben wir nicht nur die Kapazität, für die erste jetzt bestellten knapp 1.000 kg medizinisches Cannabis. Wir können auch weitere Blüte-Räume ausbauen. Zudem haben wir hier die Lagerkapazitäten für unsere Logistik und den Großhandel. Wir werden hier ein eigenes Labor und Forschung betreiben und die Herstellung um eine Extraktionsanlage erweitern. Kurzum, Demecan wird hier ein deutsches, ja europäisches Zentrum für medizinisches Cannabis aufbauen. Wichtig ist uns auch die Nachhaltigkeit des Vorhabens. Statt auf der grünen Wiese neu zu beginnen, Fläche zu verbrauchen und tonnenweise Beton zu verbauen, nutzen wir Bestand. Wir vermeiden dadurch den sehr hohen CO²-Ausstoß, der durch neu verbauten Beton entstehen würde. Die Revitalisierung schont Ressourcen und dank medizinischem Cannabis wird aus einer gescheiterten Industrieansiedlung der 90er-Jahre nun eine Erfolgsgeschichte werden. Zwar ist der Umbau immer etwas aufwendiger als ein Neubau, den man am grünen Tisch durchplanen kann. Jedoch schreiten die Bauarbeiten unter den aktuellen Bedingungen sehr gut voran, sodass wir den Umbau demnächst abschließen können und so schnell wie möglich mit dem Anbau der Pflanzen beginnen werden.

krautinvest.de: Welche Rolle hat der Produktionsstandort für die Wirtschaftsregion Sachsen?

Cornelius Maurer: Mit unserer Produktionsanlage entsteht vor den Toren Dresdens ein neuer Innovationsstandort für Medizin und Forschung, welcher auch überregional Sichtbarkeit erlangt und somit die Bekanntheit des Pharmastandorts Sachsen nachhaltig stärkt. Aktuell sind über 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort beschäftigt. Vielen von diesen kommen aus der unmittelbaren Region. Langfristig wollen wir die Mitarbeiterzahl am Standort verdoppeln.

Cannabis aus Ebersbach: Demecan setzt auf Sicherheit
Die Anlage in Ebersbach stellt für die Region einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Lange lag das Gelände still.

krautinvest.de: Wie hoch sind die geplanten Produktionsmengen? Was ist möglich?

Cornelius Maurer: Demecan wird zu Anfang bis zu 990 kg Cannabisblüten produzieren dürfen (660 kg jährliche Vertragsmenge + eine zusätzliche Abnahmegarantie über 50 % Überproduktion). Allerdings verfügen wir bereits jetzt in unserer modernen Anlage über eine deutlich höhere Produktionskapazität, um die stetig steigenden Zahl an Patienten auch kurzfristig mit hochwertigen Cannabisblüten versorgen zu können. Kurzfristig können wir die Kapazität auf bis zu 1.500 kg, mittelfristig auf bis zu 10.000 kg pro Jahr erhöhen. 

krautinvest.de: Rechnet Demecan mit weiteren Ausschreibungen für die Herstellung von Cannabisblüten?

Cornelius Maurer:  Wir erwarten, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren aufgrund wachsender Patientenzahlen signifikant steigen wird. Aus diesem Grund haben wir uns für eine existierende Produktionsanlage mit genügend Expansionsfläche entschieden, um kurzfristig weitere Mengen für die Versorgung der Patientinnen und Patienten in Deutschland produzieren zu können. Wenn der politische Wille vorhanden ist, sind wir bereit, die Patientinnen und Patienten in Deutschland mit mehr medizinischem Cannabis zu versorgen, um Deutschland unabhängiger von Importen zu machen und Arbeitsplätze in der Region zu sichern.

Cannabis aus Ebersbach: Demecan setzt auf Sicherheit
Am Standort sollen neben dem Anbau weitere Kompetenzen entstehen. Aktuell sind bereits rund 50 Mitarbeiter dort beschäftigt.

krautinvest.de: Die Ausschreibung deckte nur Blüten ab. Werdet ihr in Ebersbach auch Extrakte produzieren?

Cornelius Maurer: Wir haben unsere Anlage als Zentrum für medizinisches Cannabis konzipiert, bei dem natürlich eine eigne Extraktionsanlage nicht fehlen wird. Cannabisvollextrakte sind die am stärksten wachsende Produktkategorie im deutschen Markt, und wir werden mit eigenen Extrakten “Made in Germany” pharmazeutisch standardisierte Produkte auf Basis von Cannabinoiden anbieten können. 

krautinvest.de: Was denkst ihr: Wird die Bundesregierung wird Extrakte ausschreiben?

Cornelius Maurer: Eine eigene Ausschreibung für die Herstellung von Extrakten durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erscheint zum jetzigen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich.

krautinvest.de: Wie schätzt Demecan die Situation zu Versorgung von Patienten mit Blüten nach dem Ablauf der “Testphase” im Rahmen der Begleiterhebung ein?

Cornelius Maurer: Die durch das 2017 verabschiedete “Cannabisgesetz” initiierte nicht-interventionelle Begleiterhebung zur Anwendung von Cannabisarzneimitteln soll den erstmaligen breiten Einsatz von medizinischem Cannabis in Deutschland wissenschaftlich begleiten und zusätzliche Erkenntnisse zur Sicherheit und Wirksamkeit unterschiedlicher Gattungen medizinischer Cannabinoide sammeln. 

In mancher Hinsicht ist das auch gelungen und insbesondere die Erkenntnisse und Erfahrungen in der Schmerztherapie waren überwiegend positiv. Auf der anderen Seite spiegeln die Erkenntnisse aus der Begleiterhebung nur einen Bruchteil der tatsächlichen Verordnungen wider. Das liegt zum einen daran, dass schlichtweg nicht alle Cannabis verschreibenden Ärzte an der Begleiterhebung teilgenommen haben, zum anderen sind ausschließlich Patientinnen und Patienten, die in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, Teil der Studie. Uns liegen damit keine Erkenntnisse zum Einsatz von medizinischem Cannabis bei Privatpatienten und Selbstzahlern vor, die insbesondere bei Cannabisblüten einen großen Teil der absoluten Patientenzahl darstellen. Eine weitere Herausforderung bei der Interpretation der Studie wird sein, dass die gesetzlichen Krankenkassen primär eine Behandlung bei Indikationen genehmigt haben, wo die Studienlage zur Wirksamkeit bereits gut war. Bei Indikationen, zu denen aktuell noch geforscht wird und/oder noch keine breite Studienlage vorliegt, wird die Begleiterhebung also nur begrenzt aussagefähig sein. Wir könnten uns daher vorstellen, dass die wissenschaftliche Begleitung des medizinischen Einsatzes von Cannabis fortgeführt wird, ggf. auch mit einer Anpassung des Konzeptes.

Der Antrag auf Kostenübernahme ist aktuell definitiv eine Hürde für den Einsatz von Cannabinoiden und sowohl für Ärzte als auch Krankenkassen zeitaufwendig und damit kostenintensiv. Es gibt derzeit ein Pilotprojekt der DGS und AOK Rheinland, in dessen Rahmen auf diesen Antrag verzichtet werden soll. Wir denken, der gesamte Markt wird diese Entwicklung im Auge behalten – aber generell wäre eine Anpassung des Genehmigungsvorbehaltes für vereinzelte Indikationen mit (sehr) guter Evidenz im Sinne der Patienten mehr als wünschenswert.

Aufgrund der stetig wachsenden Zahl an internationalen Studien zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis und positiven Erfahrungen einer Vielzahl von Ärzten, mit denen wir über unseren Außendienst in direktem Kontakt stehen, sind wir überzeugt, dass sich Cannabinoide in der Medizin weiter etablieren, sowohl in der Darreichungsform Blüte als auch als Extrakt.

Über Dr. Cornelius Maurer:
Dr. Cornelius Maurer (Ökonom, 2ter v.l.) hat die Demecan zusammen mit Dr. Adrian Fischer (Arzt, 2ter v.r.) und Dr. Constantin von der Groeben (Jurist, rechts im Bild) 2017 mit dem Ziel gegründet, Patienten in Deutschland den Zugang zu medizinischem Cannabis in höchster pharmazeutischer Qualität „Made in Germany“ zu garantieren. Als einer von vier Geschäftsführern ist Dr. Cornelius Maurer verantwortlich für die Bereiche Beschaffung, Vertrieb sowie Marketing und Fundraising.

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