Medizinisches Cannabis: Was wird aus Importen, wenn die heimische Produktion hochfährt?

by Moritz Förster

Das MedCanG, so einmal wie geplant am ersten April in Kraft getreten, liberalisiert die Produktion von medizinischem Cannabis in Deutschland. Statt wie bis dato maximal 2,6 Tonnen jährlich für das BfArM dürfen ausgewählte Produzenten dann unter deutlich weniger Auflagen nach eigenem unternehmerischen Ermessen produzieren. Nun schreibt aber Artikel 21 der Single Convention on Narcotic Drugs von 1961 vor, dass in einem Land nur so viel Cannabis hergestellt oder eingeführt werden darf, wie geschätzt auch verbraucht wird – für medizinische und wissenschaftliche Zwecke. Was wird also aus den bisherigen Importen? Zumindest das Bundesgesundheitsministerium scheint zumindest nicht davon auszugehen, dass eine intensivere Produktion in Deutschland die derzeit aktiven Großhändler limitieren wird.

“Nach den betäubungsmittelrechtlichen Regelungen findet für Einfuhren von Medizinalcannabis keine behördliche Mengenregulierung zu Einfuhranträgen statt”, erklärt das BMG auf Anfrage von krautinvest.de. Geprüft werde, ob die betäubungsmittel- und arzneimittelrechtlichen Einfuhrvoraussetzungen erfüllt seien. Allerdings erklärt das BMG auch: “Die Mengen des in Deutschland angebauten und nach Deutschland eingeführten Medizinalcannabis bewegen sich im Rahmen der von Art. 21 der Single Convention angesprochenen und vom INCB festgelegten Schätzung.” Medizinalcannabis werde daher weiterhin für medizinische Zwecke entsprechend den arzneimittelrechtlichen Vorgaben in pharmazeutischer Qualität angebaut beziehungsweise eingeführt. Ob Einfuhr und heimische Produktion zukünftig in bestimmten Quoten zueinander stehen müssen oder schlicht Angebot und Nachfrage über Qualität und Preis entscheiden wird, wollte das BMG nicht weiter präzisieren. Alles natürlich vorausgesetzt, das Gesetz tritt in Kraft und die heimische Produzenten fahren ihre Kapazitäten tatsächlich entsprechend zügig nach oben.

Deepak Anand, inzwischen weltweit als Berater tätig, geht davon aus, dass selbst bei deutlich ansteigender Produktion in Deutschland Importe zumindest nicht umgehend reduziert würden. Der Markt verlange eine “Vielzahl von Genetik und Produkten”. Und, fährt Anand fort, “selbst wenn diese Genetik in Deutschland angebaut würde, könnte der Preis von deutschem Cannabis nur schwer mit dem von Ländern wie Lesotho, Uruguay, Mazedonien oder Kolumbien konkurrieren”. Zumindest laut Anand liege der günstigste Verkaufspreis deutscher Blüten bei rund sechs Euro, der importierter Blüten etwa bei der Hälfte.

Der heimische Anbau sei, so Anand, hingegen umso wichtiger, um sich “gegen mögliche Einschränkungen oder Auslegungen von UN-Verträgen in Bezug auf nicht-medizinische oder nicht-wissenschaftliche Importe abzusichern”. Gerade in einem perspektivisch irgendwann legalisiertem Genussmittelmarkt könnten heimische medizinische Produzenten zumindest in den ersten Jahren die großen Gewinner sein.

Anand verweist unterdessen mit Blick auf einen zukünftig liberalisierten Anbau von medizinischem Cannabis auch auf die Statistiken des Office of Drug Control (ODC) zum australischen Markt. Demnach bauten australische Unternehmen 2021 16.700 kg getrocknete Blüten an, 2022 24.900 kg. Die Einfuhren stiegen im gleichen Zeitraum von 7.173 kg auf 24.877 kg. Anand geht davon aus, dass der überwiegende Teil der Blüten in Australien von Patient:innen konsumiert, nicht exportiert wird. So seien aus Australien von 2021 bis 2022 insgesamt 2.936 kg medizinische Cannabisblüten exportiert worden. Und auch in Deutschland ist nach der Reklassifizierung von medizinischem Cannabis, das nicht mehr als Betäubungsmittel gelten wird, ohnehin von einer stark steigenden Nachfrage auszugehen.

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