Schweiz: Zugang zu medizinischem Cannabis für Patient:innen wird vereinfacht

by Redaktion
In der Schweiz verkündete das Bundesamt für Gesundheit, dass der Zugang von Cannabisarzeneimitteln für Patientinnen und Patienten erleichtert werden solle. Der Bundesrat habe deshalb an seiner Sitzung vom 22. Juni beschlossen, das Verbot von Cannabis zu medizinischen Zwecken aus dem Betäubungsmittelgesetz (BetmG) aufzuheben. Für die ärztliche Verschreibung brauche es nun keine Ausnahmebewilligung des Bundesamtes für Gesundheit mehr. Der Verkauf und Konsum von Cannabis für nicht-medizinische Zwecke bleibe dagegen verboten. Die Gesetzesänderung trete am 1. August 2022 in Kraft.

Die Entscheidung, ob ein Cannabisarzneimittel therapeutisch eingesetzt werden solle, werde vom Arzt oder der Ärztin gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten gefällt. Die Ausnahmebewilligung des BAG für den Einsatz von medizinischem Cannabis werde nicht mehr erforderlich sein. Von der neuen Regelung können insbesondere Menschen profitieren, die unter starken chronischen Schmerzen und Spastiken leiden.

Zunehmende Nachfrage

Ohne Ausnahmebewilligung durfte Cannabis zu medizinischen Zwecken bisher weder angebaut, eingeführt oder zu Zubereitungen verarbeitet werden. Auch eine Behandlung von Patientinnen und Patienten mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln war nur mit einer Ausnahmebewilligung des BAG und nur in begründeten Fällen möglich.

Die Nachfrage nach solchen Bewilligungen sei in den vergangenen Jahren gestiegen, so das BAG. Das sei administrativ aufwändig, verzögere die Behandlung und entspräche nicht mehr dem Ausnahmecharakter, den das Betäubungsmittelgesetz vorsehe. Der Bundesrat habe dem Parlament deshalb eine Gesetzesänderung zur Streichung des Verbots von Cannabis zu medizinischen Zwecken vorgelegt, die im März 2021 verabschiedet wurde. Ein Betäubungsmittelrezept werde für solche Medikamente weiterhin erforderlich sein.

Fehlende Wirksamkeitsnachweise für Vergütung

Die Gesetzesanpassung ändere nichts an den Voraussetzungen für die Kostenvergütung von Cannabisarzneimitteln durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Diese werde derzeit nur in Ausnahmefällen vergütet. Der Bundesrat habe prüfen lassen, ob es in diesem Bereich Handlungsbedarf gebe. Die vorliegende Evidenz zur Wirksamkeit und Zweckmässigkeit von Cannabisarzneimitteln sei derzeit jedoch ungenügend für eine generelle Vergütung.

Einen Beitrag leisten könne die künftig vom Bund erhobenen Daten zur ärztlichen Behandlung mit Cannabisarzneimitteln. Die obligatorische Datenerhebung diene dazu, die Entwicklung der Verschreibung von Cannabisarzneimitteln zu beobachten und mehr Evidenzen zu deren Wirkungen zu gewinnen. Sie sei auf die ersten sieben Jahre nach der Gesetzesänderung beschränkt. Die gewonnenen Evidenzen könnten einen spezifischen Antrag zur Vergütung von Cannabisarzneimitteln unterstützen, aber nicht ersetzen.

Anpassungen am Ausführungsrecht notwendig 

Für die Umsetzung der Gesetzesänderung seien Anpassungen an der Betäubungsmittelkontrollverordnung (BetmKV) und der Betäubungsmittelverzeichnisverordnung (BetmVV-EDI) notwendig. Sie werden per 1. August 2022 angepasst. Unter anderem werden die Kontrollmassnahmen für den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken detailliert geregelt. Zuständig sei nach der Gesetzesänderung Swissmedic.

In einem vergangenen Interview über Handel mit medizinischem Cannabis in der Schweiz erklärte Daniel Haymann:

“Wenn Preise für Cannabisblüten in einem kompetitiven Umfeld in die Nähe des Schwarzmarktes rücken, werden viele bestehende Patient:innen, die ihren Bedarf im Schwarzmarkt abdecken, incentiviert, medizinisches Cannabis als Selbstzahler über den legalen Markt zu erwerben.”

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