Novel Food: Wir müssen noch viel zur Toxizität von Phytocannabinoiden erfahren

by Lisa Haag
Ein Gespräch mit Boris Baňas von CBDepot über Sinn und Zweck sowie den Anforderungen eines Novel Food Antrags

CBD ist als erstes der über 100 Cannabinoide der Hanfpflanze als Lifestyle-Produkt im Mainstream angekommen. In der Medizin wird es schon seit geraumer Zeit verwendet. Es kommt natürlich in Hanftee, gelöst in Ölen, in Extrakten oder in Isolaten vor und ist inzwischen in ganz unterschiedlichen Produkten – von Lebensmitteln, Kosmetika und sonstigen Produkten – zu finden. Allerdings: So einfach ist die Sache mit CBD nicht. Ein Thema, an dem Cannabis-Unternehmen in diesem Kontext nicht mehr vorbeikommen, ist die sogenannte Novel-Food-Verordnung. In erster Linie geht es dabei um die Sicherheit der Produkte für Endverbraucher und ein sicheres Inverkehrbringen der Produkte.

CBD als Einzelsubstanz hat bisher noch keine Zulassung zur Verwendung in Lebensmitteln und gilt als neuartig. Firmen, die isoliertes CBD zur Verwendung in Lebensmitteln verkaufen möchten, müssen daher eine entsprechende Zulassung besitzen. So hat die FSA in Großbritannien kürzlich eine Vorgabe für CBD-Produkte in Lebensmitteln erlassen: CBD-Extrakte und CBD-Isolate dürfen nach dem 31. März 2021 nur dann als Lebensmittel verkauft werden, wenn sie einen gültigen Antrag als Novel Food haben.

Auf dem europäischen Festland meldet die EIHA, dass Produkte die Cannabidiol (CBD) enthalten, nicht zwingend als Novel Food zulassungspflichtig sind. Die EIHA hat sich allerdings klar zum Thema CBD-Isolat positioniert – unter anderem in eine Pressemitteilung vom 3. März 2020 – und sieht isolierte Cannabinoide als neuartig an.

Novel Food: Wir müssen noch viel zur Toxizität von Phytocannabinoiden erfahren
CBDepot’s synthetisiertes (–)-trans-Cannabidiol für den professionellen Gebrauch in Kosmetika, e-liquids und Lebensmitteln.
Für die Verwendung in Lebensmitteln in der EU ist eine Zulassung nach EU/2015/2283 nötig. (Herstellerbild)

Wir haben uns für dieses Interview mit Boris Baňas von der Firma CBDepot aus Tschechien unterhalten, der mit seinem Team aktuell die einzige Firma ist, die einen validierten Antrag auf Zulassung als Novel Food für synthetisiertes (-)-trans-cannabidiol  bei der Europäischen Kommission vorliegen hat. Was bedeutet das für den Markt? Welche Rolle spielt die Sicherheit des Produkts für den Schutz der Endverbraucher? Diese und weitere Fragen hat uns Boris im nachfolgenden Interview beantwortet.

krautinvest.de: Boris, CBDepot ist das erste Unternehmen, das einen validierten Status für einen Novel-Food-Antrag erreicht hat. Kannst Du uns etwas darüber sagen, warum das eine so wichtige Errungenschaft für Euch als Unternehmen aber auch für die Branche ist? Kannst Du uns etwas über den Status dieses Antrags und über andere Anträge von CBDepot erzählen?

Boris Baňas: CBDepot hat schon immer den Ansatz verfolgt, mit gutem Beispiel voranzugehen. Die Validierung des Antragsdossiers bedeutet, dass das Dossier einen dreistufigen Prozess durchlaufen hat, der von der EU-Kommission und der EFSA durchgeführt wurde.

Die erste Runde ist eine grundlegende administrative Kontrolle durch Mitarbeiter des Referats E2 der GD SANTE. Sie endet mit der Veröffentlichung der öffentlichen Zusammenfassung auf der EC-Website.

Wir haben diesen Schritt am 26. November 2019 abgeschlossen. Danach sendet die EU-Kommission das Dossier an die EFSA für eine sogenannte Eignungsprüfung, bei der geprüft wird, ob alle bereitgestellten Informationen den Richtlinien der EFSA entsprechen. In unserem Fall wurde dieser Schritt am 23. März 2020 abgeschlossen, als die EFSA unser Dossier als geeignet erklärte. Eine vollständige Eignung bedeutet jedoch noch nicht, dass der Antrag gültig ist. Nur die EU-Kommission kann einen Antrag für neuartige Lebensmittel validieren. 

Validierung bedeutet in der Praxis, ob der betreffende Stoff oder Inhaltsstoff als potenziell zugelassenes neuartiges Lebensmittel bewertet werden kann. Für die Industrie bedeutet dies, dass die EU-Kommission reines Cannabidiol nicht als von einer Lebensmitteldefinition im Sinne der allgemeinen lebensmittelrechtlichen Verordnung EG 178/2002 ausgenommen, betrachtet. Es muss jedoch noch zugelassen werden. Und eine Grundlage für diese Zulassung ist das Ergebnis der Risikobewertung durch die EFSA. In unserem Fall hat dieser Prozess formell am 31. März begonnen.

Für das Post-Brexit-Vereinigtes Königreich wurde im Februar von der britischen FSA die Bedingung gestellt, dass zwischen dem 1. Januar und dem 31. März 2021 ein gültiger Antrag gestellt werden muss, damit die Produkte rechtmäßig auf dem Markt bleiben können.

krautinvest.de: Hat die Europäische Kommission gezögert, das Mandat zu übernehmen?

Boris Baňas: Die Europäische Kommission oder die EFSA haben keine unangemessenen Verzögerungen verursacht, abgesehen von der objektiven Verlangsamung während der Weihnachtszeit. Ich kann bestätigen, dass dieser Prozess ziemlich reibungslos verlief.

krautinvest.de: Euer Unternehmen hat verschiedene Produkte im Sortiment. Kannst Du uns etwas über Euer Portfolio erzählen? In welchen Produkten können Eure Inhaltsstoffe verwendet werden?

Boris Baňas: Wir bieten auch verschiedene Inhaltsstoffe für den Kosmetik-, Vaping- und Pharmasektor für den europäischen Markt und Exportmärkte an. Wir befolgen die Richtlinien der Guten Herstellungspraxis, die für verschiedene Industriesegmente gelten, und wenden ausgehend von den Rohstoffen, die wir einkaufen, robuste interne und akkreditierte Qualitätskontrollen durch Dritte an.

krautinvest.de: Gegenwärtig habt Ihr zwei Anträge für neuartige Lebensmittel in der Bearbeitung: isoliertes (-)-trans-Cannabidiol bei Cannabis Pharma s.r.o. und synthetisiertes (-)-trans-Cannabidiol bei CBDepot s.r.o. War für Euch von Anfang an klar, dass Novel Food der richtige Weg ist und dass es für die isolierten Cannabinoide keinen Weg daran vorbei gibt?

Boris Baňas: Seit 2015 war uns klar, dass hoch gereinigte oder synthetisierte Cannabinoide in den Geltungsbereich der Novel-Food-Verordnung fallen. Unser erster NF-Antrag wurde bereits 2016 eingereicht, noch über tschechische Behörden nach Verfahren der ‘alten’ Novel-Food-Verordnung (EG) 258/97.

krautinvest.de: Warum ist die Risikobewertung ein so wichtiger Teil des Antrags für neuartige Lebensmittel? Kannst Du uns etwas zu den Empfehlungen sagen, die Ihr für die täglichen Höchstmengen abgegeben habt? Warum ist ein moderater Wert, also 50 mg pro durchschnittlichen Erwachsenen, wichtig für die Sicherheit von Lebensmitteln und für den Endverbraucher? Wird Euer Antrag, sobald er abgeschlossen und vollständig genehmigt ist, der Startschuss für die tägliche Dosis CBD in einer Reihe von Lebensmitteln des täglichen Bedarfs sein?

Boris Baňas: Es ist wichtig, eine sichere, langfristige Tagesdosis für die gesunde Bevölkerung festzulegen. Auch der Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln darf keine pharmakologische Wirkung haben. Nahrungsergänzungsmittel dürfen nur physiologische Wirkungen zur Unterstützung, Optimierung und Aufrechterhaltung der Homöostase haben. Solche Wirkungen können irgendwo zwischen dem No Observed Effect Level (NOEL) und der niedrigsten pharmakologischen Dosis erreicht werden. Und wir glauben, dass 50 mg je Tag für einen durchschnittlichen gesunden Erwachsenen die obere Schwelle der empfohlenen Einnahme ist. Aber zum Beispiel schlug die britische FSA vor, dass die tägliche Aufnahme nicht höher als 70 mg je Tag sein sollte. 

Wir sind sehr gespannt auf das Ergebnis der Risikobewertung der EFSA.

krautinvest.de: Es gibt inzwischen viele verschiedene Cannabinoid-Produkte, die auf den Markt kommen: wasserlösliche CBD, Nanotechnologie CBD, CBG, CBN, etc. Wohin glaubst Du, dass sich unsere Industrie entwickelt? Was ist die reale Situation und welche Bereiche siehst Du persönlich aus Deiner Erfahrung als Unternehmer in der Cannabisindustrie als die vielversprechendsten an?

Boris Baňas: Während das Sicherheitsprofil der CBD selbst seit Jahrzehnten untersucht wird, ist sehr wenig über die Toxizitätsprofile anderer Phytocannabinoide bekannt. Es sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, bevor die Industrie zuversichtlich sein kann, dass das Produkt außerhalb nicht-medizinischer Anwendungen sicher vom Menschen aufgenommen werden kann.

In unserer Organisation sind wir der Meinung, dass CBD, CBG und CBN bei den Produkten zur Behandlung der Haut die in die Kategorie der Medizinprodukte oder OTC-Produkte fallen, eine Rolle spielen werden. Wir sehen bereits Interesse an CBG und CBN im Segment der klinischen Studien. 

Was technisch hergestellte Nanomaterialien (Partikelgröße weniger als 100 nm) betrifft, so fallen sie automatisch unter die Definition von neuartigen Lebensmitteln, und die Unternehmer müssen das vom richtigen Ende her begreifen.

krautinvest.de: Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview. Wir sind ebenso gespannt auf die Ergebnisse der Risikobewertung der EFSA und wünschen Euch einen reibungslosen Verlauf bei der Zulassung.

Über CBDepot:

Novel Food: Wir müssen noch viel zur Toxizität von Phytocannabinoiden erfahren

CBDepot ist ein innovativer und anerkannter Hersteller und B2B-Lieferant von hochwertigen natürlichen und synthetischen Cannabinoid-Inhaltsstoffen für schnell wachsende Märkte in den Bereichen Lebensmittel, Kosmetik, Pharmazeutika und Gesundheitsprodukte.

CBDepot hat sich auf die Lieferung von Cannabinoid-basierten Inhaltsstoffen in großen Mengen für die Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie spezialisiert. Die Produkte des Unternehmens gewährleisten, dass der Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC), dem wichtigsten berauschenden Element von Cannabis, unter den nachweisbaren Werten liegt. Stattdessen beinhalten die Produkte die beiden anderen natürlichen Hauptbestandteile, Cannabidiol (CBD) und Cannabigerol (CBG).

Das CBDepot wurde 2014 gegründet und hat eine führende Rolle bei der Schaffung von Rechts- und Qualitätsstandards für Cannabinoid-Inhaltsstoffe und die Formulierung von Cannabidiol-Derivaten übernommen. Seit seiner Gründung arbeitet es unter einer legalen Lizenz, die von der Regierung der Tschechischen Republik erteilt wurde.

Die anfängliche Mission des Unternehmens war es, “legales und qualitativ hochwertiges CBD” zu liefern, zu einer Zeit, in der die Beschaffung von ethischen und qualitativ isolierten CBD-Zutaten eine Herausforderung war. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse von CBDepot basieren auf einer engen Zusammenarbeit mit der Tschechischen Akademie der Wissenschaften.

Über Boris Baňas:
Der Chief Sales Officer des Unternehmens, Boris Baňas (Foto), ist ein ehemaliges Vorstandsmitglied der European Industrial Hemp Association (EIHA), wo er sich erfolgreich für die Einführung neuer europaweiter Standards einsetzte.

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