EuGH: Cannabidiol kein Betäubungsmittel – CBD-Industrie atmet auf

by Lisa Haag

Ist CBD ein Betäubungsmittel – Ja oder Nein? Diese Frage wurde am heutigen Donnerstag vom Europäischen Gerichtshof entschieden. Und der EuGH vermeldet, dass „ein Mitgliedstaat die Vermarktung von in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellten Cannabidiol (CBD) nicht verbieten darf, wenn es aus der gesamten Cannabis-sativa-Pflanze und nicht nur aus ihren Fasern und Samen gewonnen wird.“ Das Urteil aus Luxemburg wurde lang ersehnt, da es auch die Diskussion um die vorläufige Einschätzung der Europäischen Union zu Hanfextrakten aus der ganzen Hanfpflanze betrifft und die Europäische Kommission hier nochmal klar auf den Zweck der vorliegenden Regelungen verweist. Die Industrie atmet erstmal auf und die Frage, ob CBD ein Betäubungsmittel ist, wird vom Gericht klar mit Nein beantwortet.

CBD aus der Cannabis Sativa Pflanze ist keine Droge

Mit dem Urteil heute entscheidet der EuGH, dass „Unionsrecht, insbesondere die Bestimmungen über den freien Warenverkehr, einer nationalen Regelung wie der streitigen entgegensteht.“ Der EuGH führt an, dass „CBD, das aus der gesamten Cannabis-sativa-Pflanze gewonnen wird, anders als z. B. roher Hanf, nicht als ein landwirtschaftliches Erzeugnis anzusehen“ sei und daher nicht in den Geltungsbereich der Verordnungen über die gemeinsame Agrarpolitik falle. Die Bestimmungen über den freien Warenverkehr innerhalb der Union seien hingegen anwendbar, denn das im Ausgangsverfahren in Rede stehende CBD könne nicht als „Suchtstoff“ gesehen werden – der Handel mit Suchtstoffen sei dort, wo erlaubt, streng überwacht und ansonsten streng verboten.  

Ziel: die Gesundheit und das Wohl der Menschen schützen

Der Gerichtshof stellt fest, dass das Unionsrecht für den Begriff „Droge“ bzw „Suchtstoff“ sich aus den zwei Übereinkommen der Vereinten Nationen ergibt, und CBD – besonders als Cannabisextrakt – als Suchtstoff einstufen könnte, dies jedoch dem „Grundgedanke des Übereinkommens mit dem Ziel die Gesundheit und das Wohl der Menschheit“ zu schützen widerspricht. CBD habe „keine psychotrope Wirkung oder schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit“.  

Zweite Entscheidung noch ausstehend

Der Gerichtshof entscheidet noch in einem zweiten Schritt, „dass die Bestimmungen über den freien Warenverkehr einer Regelung wie der fraglichen entgegenstehen“. Dies zu beurteilen, ist Sache des nationalen Gerichts, doch gibt der Gerichtshof dafür zwei Hinweise:

  1. „ das Vermarktungsverbot betrifft nicht das synthetische CBD, … das die gleichen Eigenschaften wie das in Rede stehende CBD haben soll und daher wohl als Ersatz für dieses verwendet werden kann. Wäre dieser Umstand erwiesen, könnte er darauf hindeuten, dass die französische Regelung nicht geeignet ist, das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.“
  2. „ … muss Frankreich zwar nicht nachweisen, dass die Gefährlichkeit von CBD mit der von bestimmten Suchtstoffen identisch ist. Das nationale Gericht hat jedoch die verfügbaren wissenschaftlichen Daten zu würdigen, um sich zu vergewissern, dass die geltend gemachte tatsächliche Gefahr für die öffentliche Gesundheit nicht auf rein hypothetischen Erwägungen beruht. Ein Vermarktungsverbot für CBD, das im Übrigen das restriktivste Hemmnis für den Handel mit in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestellten und vermarkteten Produkten darstellt, kann nämlich nur erlassen werden, wenn diese Gefahr als hinreichend nachgewiesen anzusehen ist.“
Industrie begrüßt die Entscheidung

Von Seiten der Hersteller, Händler und der bestehenden Verbände und Initiativen der  Industrie wird die erste Entscheidung des EuGH begrüßt. 

“EIHA begrüßt das positive Urteil des EuGH, da der europäische Hanfsektor in diesem Stadium ein für allemal einen fairen und kohärenten Rechtsrahmen braucht. Wir hoffen wirklich, dass die Position des Gerichtshofs beispielgebend sein wird und dass die Europäische Kommission ihre vorläufige Schlussfolgerung zum Status der natürlichen CBD entsprechend überprüfen wird”, zitiert die EIHA Ihre Geschäftsführerin Lorenza Romanese via Linkedin.

Daniel Kruse, Präsident der European Industrial Hemp Association (EIHA) sowie Gründer und Geschäftsführer einer deutschen Unternehmensgruppe, u. a. Hempro Int. GmbH & Co. KG, die sich dem
Anbau, der Produktion sowie dem Vertrieb von Hanf und Hanfprodukten widmet, bewertet das Urteil abschließend wie folgt: „Wenn die Hanfindustrie weiterhin proaktiv vorgeht und Sicherheitsbewertungen und Standards vorlegt, die durch die EIHA Novel Food Anmeldung erreicht werden, dann werden die Produkte spätestens in drei Jahren in ganz Europa legal vermarktet werden können. Das Marktwachstum wird enorm sein. Der Wert jedes in das Konsortium investierten Euro wird exponentiell steigen. Dies ist ein großer Tag für die Hanfindustrie, ihre Unternehmer, Mitarbeiter, Berater und Investoren.“

Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer des Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V., erklärt: „Als Cannabiswirtschaft begrüßen wir das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofes (Az. C-663/18), in dem unter anderem festgestellt wird, das Cannabidiol (CBD) kein ‘Suchtstoff‘ sei. Mit dem Urteil des EuGH wird ein geregelter CBD-Markt in Deutschland und Europa greifbarer.“ Die Cannabiswirtschaft hatte erst kürzlich Kriterien für einen geregelten CBD-Markt vorgeschlagen. Der EuGH folgt somit der Auffassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die mehrfach betonte, dass CBD nicht den Kriterien einer Droge im Sinne der internationalen Suchtstoffübereinkommen erfüllt. Damit sollte die sog. „Vorläufige Einschätzung“ der EU-Kommission, CBD als Betäubungsmittel zu betrachten, obsolet sein.

„Das Urteil ist ein wichtiger Schritt, der die bestehenden Unsicherheiten, ob CBD-Produkte  gesundheitsschädlich und damit illegal sind, beseitigt. Was nun zu folgen hat, ist eine darauf  aufsetzende Regulierung und das Setzen von Standards, damit Verbraucher*innen die  größtmögliche Sicherheit erhalten“, so Finn Hänsel, Vorsitzender der Initiative Pro CBD und Geschäftsführer der Firma Sanity Group in der Presseerklärung der Initiative.

Rechtsanwalt Kai-Friedrich Niermann zeigt sich im ausführlichen Interview mit krautinvest.de ebenfalls guter Dinge, was die regulatorischen Rahmenbedingungen für CBD und Hanf in Europa angeht.

Ausstehende Neu-Bewertung nach Empfehlung der WHO

Auch die Neu-Bewertung von Hanf und Cannabis im Rahmen der Anlage zur Single Convention ist ausstehend, wie weit diese in der Anlage dann wirklich geht und was von den Empfehlungen der WHO umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Aktualisiert: 23.11.2020 – die Pressemeldung der EIHA und Statement Daniel Kruse

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