Auf der Zielgeraden: Wie geht es weiter mit dem Cannabis-Gesetz?

Szenarien sind noch der Vermittlungsausschuss und ein Gang vor das Bundesverfassungsgericht

by Moritz Förster

Tritt das Cannabis-Gesetz (CanG) 2024 in Kraft? Zumindest wird nach der ersten Sitzung des Bundesrats dieser nicht mehr auf seine Zustimmung beharren. Dieses Szenario ist vom Tisch. Nun können die Länder nur noch auf zwei Wegen dazwischen funken: Durch das Einberufen eines Vermittlungsausschusses oder durch eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Beides eher unwahrscheinlich, zumal ein Vermittlungsausschuss das Gesetzgebungsverfahren zwar verzögern, dieses aber nicht aufhalten könnte. Dass die Bundesregierung dem Bundesrat an der ein oder anderen Stelle entgegen kommen könnte, ist aber durchaus denkbar – hat dann wohl aber eher politische Gründe.

Doch der Reihe nach: 200 Meter, 250 Meter? Wie weit von Schulen, Spielplätzen und Sportstätten wird das Kiffen erlaubt? Und darf man nun in Fußgängerzonen ab 20 Uhr oder erst ab 22 Uhr kiffen? Im Bundesrat fanden Verschärfungen dieser ohnehin schon kaum praktikablen Wortlaute des CanG keine Mehrheiten. Andere schon.  Beispielsweise, dass der Polizei einfacher Zugang zu Dokumenten der Cannabis-Clubs gewährt werden soll, diese gar in den Genehmigungsprozess involviert wird. Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband hat sich die Mühe gemacht, einmal aufzudröseln, welche Anpassungswünsche der Fachausschüsse im Bundesrat eine Mehrheit fanden, welche nicht.

Während das Ein oder Andere ohnehin eher kosmetischer Natur sein dürfte, da die Einhaltung der Regeln in der Praxis kaum überprüfbar, fallen auch kritische Forderungen auf: Unter anderem, dass Ärztinnen und Ärzte weiterhin Cannabis erst verordnen dürfen, wenn Patient:innen austherapiert sind. Dann müssten selbst Mittel, die im Gegensatz zu Cannabis weiterhin als Betäubungsmittel eingestuft sind, bevorzugt werden. Und neben härteren Strafen bei Verstößen gegen das CanG an der ein oder anderen Stelle fordert der Bundesrat zudem, dass laufende Strafverfahren fortgesetzt werden, selbst wenn diese nach dem neuem Gesetz legal sind. Obwohl Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel gelten soll, sollen Rechtswidrigkeiten, so der Wunsch, doch bitte analog zu anderen Betäubungsmitteln geahndet werden. Auch will der Bundesrat ein zentrales Melderegister für alle Mitglieder der Cannabis Clubs, um doppelte Mitgliedschaften zu vermeiden. Inkrafttreten soll das CanG, geht es nach dem Bundesrat, erst Anfang Juli 2025. Dass, so heißt es aus Regierungskreisen, kommt aber nicht in Frage.

Was die Bundesregierung noch anpassen will? Laut LTO drängen Politiker:innen der Ampel-Regierung eher auf weniger Restriktionen, denn auf Verschärfungen. Insbesondere Stimmen aus den Fraktionen der FDP und der Grünen stellen die Sinnhaftigkeit von Höchstmengen für Besitz und “Konsumverbots-Zonen” in Frage. Bereits im Juni hatte die Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther auf krautinvest.de verlauten lassen: “Je mehr erwachsene Konsumierende Zugang zu legalen Alternativen haben, desto entschiedener wird der Schwarzmarkt eingedämmt.” Man darf also gespannt sein, wie die Bundesregierung auf die Vorschläge des Bundesrats reagieren wird.

Rein formal hat die Bundesregierung das Gesetz ohnehin nun selbst in der Hand. Denn im Bundesrat stimmte keine Mehrheit dafür, dass das CanG dessen Zustimmung benötige. Enthaltungen fallen bei diesen Entscheidungen genauso ins Gewicht wie “Nein”-Stimmen. Es hätten für so einen Entscheid also auch von der Ampel regierte Länder den Kollegen auf Bundesebene einen Streich spielen müssen. Wäre es soweit gekommen, hätte dies wohl das Ende des CanG in der jetzigen Form bedeutet. Und das Kräfteverhältnis hätte sich zugunsten des Bundesrats umgedreht. Mehrheiten für ein Gesetz hätten sich dann angesichts wahrscheinlicher Enthaltungen kaum finden lassen. Soweit ist es nicht gekommen.

Ein Mittel, das der Bundesrat nun noch in der Hand hält, ist das Einschalten des Vermittlungsausschusses. Dafür müsste die Bundesregierung den Ländern mit einem angepassten Entwurf aber gehörig vor den Kopf stoßen. Angesichts der schlechten Wahlergebnisse in Hessen und Bayern dürfte ein Einberufen des Vermittlungsausschusses im Falle des öffentlichkeitswirksamen CanGs zudem als kleiner Affront innerhalb der eigenen Parteien gewertet werden – schließlich müssten auch in diesem Fall eine Mehrheit der Stimmen der Länder für einen solchen Schritt votieren. Das ginge wiederum nur, wenn auch von den Ampel-Parteien regierte Länder ihre Hand erheben. Umso zweifelhafter ist dieser Schritt, da der Bundestag unabhängig von den Ergebnissen des Vermittlungsausschusses schlussendlich das Gesetz verabschieden kann. Eine solche extra-Runde würd daher nicht nur Zeit, sondern auch weitere Nerven und wohl auch Wählerstimmen kosten.

Bleibt noch der von Bayern angedeutete Schritt vor das Bundesverfassungsgericht, sobald das Gesetz final verkündet ist – mit wenig Aussicht auf Erfolg.

Der Ball liegt daher nun bei der Bundesregierung – und man darf gespannt sein, wie der vom Kabinett angepasste Gesetzestext aussieht, der Grundlage für die erste Lesung im Bundestag voraussichtlich in der kommenden Woche ist. Bis dato hat das Kabinett noch nicht auf die Anpassungswünsche des Bundesrats reagiert. Im Bundestag haben die Ampel-Fraktionen schließlich eine Mehrheit. Und dieser wird das Gesetz verabschieden. Schritt für Schritt nähern wir uns damit den finalen, womöglich bereits ab Anfang 2024 geltenden Inhalten des CanG.

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