Medizinalcannabis aus Deutschland: „Gamechanger“ für die Versorgungssicherheit?

by Gastautor

In diesem Sommer startete Cansativa als einziger Anbieter den exklusiven Vertrieb in Deutschland angebauter Cannabisblüten im Auftrag des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Warum ist es wichtig, medizinisches Cannabis auch in Deutschland zu produzieren? Wie gestalten sich die Prozesse um Kontrolle und Warenfluss und wer darf in Deutschland überhaupt produzieren und vertreiben? Benedikt Sons gibt in einem Gastbeitrag einen Überblick über die Versorgungssituation mit deutschem Medizinalcannabis und erklärt, was diesen Marktstart zum „Gamechanger“ für die gesamte Branche macht.

Ein Gastbeitrag von Benedikt Sons, CEO und Mitgründer der Cansativa GmbH

Warum es Medizinalcannabis aus Deutschland braucht

Seit seiner Legalisierung zur Verbesserung der Palliativversorgung und Schmerztherapie im Frühjahr 2017 ist der Markt für medizinisches Cannabis deutlich gewachsen – gemessen an der Versorgungsmenge bereits um mehr als 660 Prozent. Während im Jahr der Legalisierung erst 1.200 Kilogramm Cannabisblüten vertrieben werden konnten, waren im Jahr 2020 bereits 9.231 Kilogramm im Umlauf. Die Besonderheit: Bisher stammten alle in Deutschland verschriebenen Cannabisblüten aus Importen, etwa aus Kanada, Dänemark, den Niederlanden oder Portugal. Das bedeutete bislang eine starke Abhängigkeit vom Ausland. Seit Juli 2021 werden erstmals auch Blüten aus deutschem Anbau vertrieben: 2,6 Tonnen Cannabis jährlich sollen die Versorgungssicherheit im deutschen Markt weiter verbessern. Der tatsächliche Bedarf ist jedoch bereits heute viel größer: Mit einem Bedarf von über zehn Tonnen Cannabisblüten ist Deutschland der Kernmarkt für Medizinalcannabis in Europa.

Mit etwas mehr als 300.000 bewilligten Verordnungen konnte diese Nachfrage mit den bisherigen Mengen nicht immer gedeckt werden. Die Kombination aus rasant steigendem Bedarf und der Abhängigkeit von importierten Produkten haben in der Vergangenheit immer wieder zu Engpässen geführt. Eine Ergänzung der Importe durch inländische Produktion bietet deshalb große Potenziale und entspannt die Versorgungssituation. Mit dem lang ersehnten Vertriebsstart von deutschem Cannabis im Juli dieses Jahres wird die Versorgungssicherheit sukzessive verbessert und die deutsche Abhängigkeit von Importen verringert.

Wer hinter “Cannabis made in Germany” steckt

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nimmt im gesamten Prozess eine qualitätssichernde Rolle als rechtlicher Eigner und Auftraggeber ein. Für das Cannabis-Gesamtvolumen von insgesamt 10,4 Tonnen über vier Jahre hat Cansativa den Zuschlag für alle Logistik- und Vertriebsleistungen erhalten. Medizinisches Cannabis ist ein pharmazeutisches Produkt und muss strengsten Qualitätsstandards entsprechen, ehe es in den Handel geht. Bevor die Ware also von Cansativa entgegengenommen und an Apotheken in ganz Deutschland vertrieben wird, stellt das BfArM daher durch umfassende Kontrollen sicher, dass Anbau, Ernte, Verarbeitung und Qualität den sehr hohen Standards im Markt entsprechen. Mit der Cannabisagentur hat das Bundesinstitut eine Organisation geschaffen, die diese Qualitätskontrollen durchführt und für die Preisgestaltung verantwortlich zeichnet. Da die Cannabisagentur kein profitorientiertes Unternehmen ist, dürfen die erzielten Erlöse aus dem Verkauf von deutschem Cannabis lediglich die Kosten der Behörde decken. Für Patientinnen und Patienten bedeutet das: hohe Qualität und niedrige Therapiekosten.

Mit dem deutschen Anbau hat die Cannabisagentur für die kommenden vier Jahre die Hersteller Aphria, Aurora und Demecan beauftragt. Die Lieferverträge sehen eine jährliche Produktion von 2,6 bis 3,9 Tonnen vor. Aphria und Aurora werden jeweils 1.000 bis 1.500 Kilogramm, Demecan 600 bis 900 Kilogramm anbauen. Hergestellt werden drei unterschiedliche Produkttypen, die sich an ihrem THC- und CBD-Gehalt jeweils deutlich unterscheiden:

  • Typ 1: 18-22% THC / < 1% CBD / ca. 62 % der Gesamtmenge
  • Typ 2: 12-16% THC / < 1% CBD / ca. 23 % der Gesamtmenge
  • Typ 3: 5-9% THC / 5-9% CBD / ca. 15 % der Gesamtmenge

Warum der Markt noch nicht am Ende ist – und Importe wichtig bleiben

Der Cannabismarkt ist seit seiner Entstehung einer der schnellsten wachsenden Märkte. Das ungeheure Tempo, das den jungen Markt in seinen ersten Jahren noch ausgezeichnet hat, konnte sich im letzten Jahr jedoch nicht in gleicher Weise fortsetzen. Hohe bürokratische Hürden und bestehende gesellschaftliche Vorbehalte machten dem nächsten großen Entwicklungssprung einen Strich durch die Rechnung. Nichtsdestotrotz werden heute bereits etwa 9,2 Tonnen an Apotheken in Deutschland vertrieben – bereits über 150.000 Patientinnen und Patienten werden damit behandelt. Für die kommenden Jahre wird mit weiterem Wachstum gerechnet. Cansativa geht davon aus, dass die Versorgungsmenge in den nächsten zwei bis drei Jahren bereits auf über 19 Tonnen ansteigen wird. Obwohl auch der Marktanteil von Blüten aus deutschem Anbau in diesen Jahren eine sehr wichtige Rolle einnehmen wird, reicht dieser allein nicht aus. Denn rund 80 Prozent der gesamten Nachfrage wird auch 2023 noch durch Medizinalcannabis aus ausländischem Anbau abgedeckt. So wichtig die heimische Herstellung von Medizinalcannabis also ist: Das Wohl von Patientinnen und Patienten wird auf absehbare Zeit noch von Importen abhängig bleiben.

Cannabis aus Deutschland kommt als limitierte Menge in den Markt. Dabei ist nicht zu erwarten, dass sich der Vergabemenge über die 2,6-3,9 Tonnen per annum erweitert. Die Nachfrage nach Medizinalcannabis übersteigt das Angebot von Cannabis aus deutschem Anbau: Aus meiner Sicht gibt es für die anderen Marktteilnehmer keine Notwenigkeit, ihre Preise zu senken – Der Markt wächst weiterhin rasant und ist groß genug für alle Akteure.

Medizinalcannabis aus Deutschland: „Gamechanger“ für die Versorgungssicherheit?

Über Benedikt Sons

Benedikt Sons ist CEO, geschäftsführender Gesellschafter und Mitgründer der Cansativa GmbH, dem einzigen Unternehmen, das Medizinalcannabis aus deutschem Anbau vertreiben darf. Im Jahr 2017 gegründet, ist das GMP- und GDP-zertifizierte Unternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main und Mörfelden-Walldorf heute als „One-Stop-Shop“ und Branchenführer auf allen Wertschöpfungsstufen aktiv: vom Import der Ware, der Lagerung, bis hin zum Vertrieb an Apotheken einschließlich der Transportabwicklung mithilfe eines eigenen Distributions- und Fulfillment-Centers. Cansativa arbeitet daran, die Versorgungssituation stetig zu verbessern und agiert mit belastbaren Geschäftsbeziehungen nach Kanada, Dänemark, Portugal, den Niederlanden und weiteren wichtigen Herstellerländern als das Tor zum deutschen Markt.

Hinweis der Redaktion: Gastbeiträge sind keine werblichen Inhalte, müssen aber nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

Mehr zum Thema

Leave a Comment