Kosteneffiziente Cannabis-Produktion: Foliumed setzt auf Kolumbien

by Moritz Förster

Der Cannabis-Markt hat sich längst globalisiert. Aus allen Ecken der Welt trudeln Cannabis-Extrakte oder Blüten in Deutschland ein: Süd- und nordeuropäische, afrikanische, australische und südamerikanische Produzenten machen den einstigen Platzhirschen aus Nordamerika und den Niederlanden den Platz an der Sonne streitig. Mitten drin im Geschäft: Oliver Zügel. Der Serienunternehmer ist fest überzeugt, dass sich im globalen Markt schlussendlich die Produktionsstandorte durchsetzen, an denen sich Cannabis am günstigsten produzieren lässt – unter Einhaltung aller erforderlichen Qualitätsstandards. Unlängst verkündete er mit Foliumed den bislang größten Export von Cannabis-Extrakten nach Australien. Nun hat die kolumbianische Regierung auch den Weg für den Export von Blüten geebnet.

“Bei dem Carbon-Footprint kann die Indoor-Cannabis-Produktion nicht die beste Lösung sein”, zu dieser Erkenntnis kam Oliver Zügel 2019. Bereits zu diesem Zeitpunkt war der heutige CEO und Gründer von Foliumed, der seit 2001 diverse C-Level-Positionen besetzt, unter anderem das Gaming-Unternehmen Codere an die Börse führte und dort im Vorstand fungierte, kein unbekannter in der globalen Cannabis-Industrie: 2016 gründete er als einer der ersten in Nevada mit Taproot ein Unternehmen, das an Lizenzen für sieben Dispensaries gelangte, eigene Markenprodukte entwickelte und als White-Label-Dienstleister für Dritte fungierte.

Kosteneffiziente Cannabis-Produktion: Foliumed setzt auf Kolumbien
Die drei Foliumed-Manager Oliver Zügel, Diego Navarro und Armin Prasch vor der Anlage in Limburg (v.r.).

Doch die Erkenntnis, dass ganz am Anfang der Wertschöpfungskette marktwirtschaftliche Unvernunft herrsche, ließ Oliver Zügel nicht mehr los. Er verkaufte sein US-amerikanisches Cannabisunternehmen – den Preis behält er bis heute für sich – und steckte seine Erlöse in ein neues Unterfangen: Die Cannabis-Produktion in Kolumbien.

Dort, so versichert er im persönlichen Gespräch, könne Foliumed unter GACP-Bedingungen Cannabis günstig und zuverlässig produzieren. Auf 2.500 Meter Höhe, einer Durchschnittstemperatur von 15 Grad Celsius und unter freiem Himmel oder im Gewächshaus, nicht in einer komplett geschlossenen Indoor-Anlage. Bei einem relativ konstanten Lichtzyklus von zwölf Stunden komme er auf fünf Ernten im Jahr. Fünf Tonnen Blüten, sagt er, könne er am Fuße der Anden so auf einem Hektar biologisch produzieren. Auf vier Hektar ließe sich damit Deutschlands gesamter Import des letzten Jahres erzeugen. Insgesamt verfügt Foliumed über 16 Hektar. “Bei uns belaufen sich die Produktionskosten auf zehn Cent je Gramm, bei den kanadischen Indoor-Produzenten mindestens auf einen Euro und in Deutschland zahlt die Cannabisagentur 2,30 Euro je Gramm”, rechnet er vor. Wobei zu berücksichtigen ist, dass die deutsche Ware bereits EU GMP zertifiziert ist. Mit Verunreinigungen habe Foliumed nach eigenen Angaben nicht zu kämpfen. Wichtig sei, dass auf dem Boden kein anderer Anbau stattgefunden habe.

Cannabis-Medizin: Noch eine Therapie für die Reichen

“Gerade in Ländern, in denen anders als in Deutschland die Krankenversicherung die Kosten für die Cannabis-Therapie nicht übernimmt, ist Cannabis eine Medizin der reichen Menschen und für Normalverdiener kaum erschwinglich. Die Preise müssen sinken”, erklärt Zügel. Unternehmerisch spannend vor diesem Hintergrund: Beispielsweise Australien mit seinen Selbstzahlern. Über 200 australische Dollar monatlich zahlen Patient:innen dort für ihre verschreibungspflichtige Cannabis-Medizin. “Aber wir können zu einem Bruchteil der Kosten liefern, die dort für den Anbau erforderlich sind”, verspricht er. Immerhin konkurriert Foliumed in Australien mit Produzenten, die selbst auch als Exporteur gen Deutschland auf die Agenda getreten sind. “Unser Export im März war die erste von zwei Lieferungen, die es unserem Kunden ermöglichen, etwa fünf Prozent der australischen Nachfrage zu weniger als der Hälfte der Kosten im Vergleich zur heimischen Produktion zu decken”, erklärt Zügel.

Sein Mitgründer und Latam-CEO Diego Felipe Navarro ergänzt in einer Mitteilung des Unternehmens: „Unsere Teams in Kolumbien und Deutschland arbeiten seit über einem Jahr mit unseren Kunden, den Gesundheitsbehörden und der kolumbianischen Regierung zusammen, um sicherzustellen, dass wir die strengen Qualitätsstandards der australischen Arzneimittelbehörde TGA einhalten.”

Kosteneffiziente Cannabis-Produktion: Foliumed setzt auf Kolumbien
Foliumed-Produktion in Kolumbien.

Cannabis in Kolumbien: von der Regierung unterstützt

Kolumbien hatte Cannabis bereits recht frühzeitig als möglichen Wirtschaftszweig auserkoren. 2017 machte die Regierung den Weg für den Anbau frei. Soeben hat die kolumbianische Regierung erst den Weg geebnet, auch medizinische Canabisblüten zu exportieren. Vor diesem Hintergrund schielt Zügel bereits mit einem Auge auf den legalen Genussmittelmarkt in Deutschland. 400 Tonnen hat der Ökonom Justus Haucap als jährlichen Bedarf prognostiziert. “Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Versorgung an einer kolumbianischen Exportgenehmigung scheitern würde. Dafür war die kolumbianische Regierung in der Vergangenheit zu progressiv”, vermutet Zügel.

Vorerst liegt der Fokus aber auf dem medizinischen Geschäft. Weltweit acht Länder beliefert Foliumed mit Rohmasse und Weichkapseln. Letztere hat das Unternehmen in einem Joint Venture mit dem Limburger Unternehmen Fidelio Healthcare entwickelt. Dieses verfügt über ein Lager für Betäubungsmittel in Deutschland und eine GMP zertifizierte Produktionsstätte – und auch über eine Tochterfirma, die den Vertrieb der Fidelio-Produkte hierzulande übernimmt. Die große Hoffnung: Durch die günstige Rohmasse können die firmeneigenen Weichkapseln zu einem Preis vermarktet werden, dass sie perspektivisch Tinkturen ersetzen. Immerhin eineinhalb Jahre Arbeit sind in deren Entwicklung geflossen.

Damit die Markteinführung und der Durchbruch der Weichkapseln und weiterer Cannabis-Produkte gelingt, denken Oliver Zugel und seine Mitstreiter in neuen Dimensionen. Die genaue Neuausrichtung der Partnerschaft mit Fidelio bleibt dabei, zumindest vorerst, vertraulich. Außerdem zieht Oliver Zugel erstmals in Betracht, Investoren an Bord zu holen. Gemeinsam rüstet sich die Kolumbien-Limburg-Connection für die Zukunft in der Cannabis-Industrie.

Mehr zum Thema

Leave a Comment