Canpharma und Health House International vereinen ihre Kräfte

by Lisa Haag

Unser exklusives Interview mit Dr. Henrik Sprengel zum Merger zwischen dem deutschen Medizinalcannabis-Unternehmen Canpharma und der Australischen Health House International Gruppe.

Der Handel von medizinischem Cannabis zwischen Australien und Europa intensiviert sich. 2021 importierten deutsche Großhändler sowohl Blüten als auch Extrakte aus Australien. Zur Erinnerung: Noch 2018 waren keine australischen Akteure am europäischen Markt aktiv. Während inzwischen die meisten deutschen Großhändler auf Vertriebspartnerschaften setzen, geht Canpharma einen Schritt weiter: Durch den Merger mit dem australischen Pharmaunternehmen Health House International (HHI) fungiert der deutsche Großhändler zukünftig als ein multinationaler Konzern mit Betriebsstätten in Australien, Malta, UK, Spanien und Deutschland. Durch die Partnerschaft erhofft sich CanPharma substanzielles Wachstum in Deutschland wie auf den internationalen Märkten.

Hintergrund des Deals: CanPharma hatte einen starken Partner an seiner Seite gesucht, vor allem, wenn es um die internationale Expansion und Produkte geht. De facto war der Merger eine Übernahme der CanPharma durch HHI.

Canpharma verfügt über sämtliche pharmazeutische Lizenzen, was es dem Unternehmen erlaubt, Produkte auf Cannabinoidbasis sowohl in Form von Blüten als auch Extrakten zu importieren, herzustellen und zu vertreiben. Die Produktion der Cannabispräparate von Canpharma erfüllen die pharmazeutischen Qualitätsstandards, die EU GMP/GACP-Richtlinie.

Health House International ist wiederum ein internationales pharmazeutisches Großhandelsunternehmen, das sich unter anderem auf den Vertrieb von medizinischen Cannabisprodukten in Australasien, Großbritannien und Europa spezialisiert hat. Das Unternehmen vertreibt derzeit mehr als elf medizinische Cannabisprodukte in ganz Australasien. Mit seinen Lizenzen für Großhändler und kontrollierte Arzneimittel beliefert das Unternehmen Apotheken, Krankenhäuser, Regierungsstellen, Tierärzte und andere Großhändler mit medizinischem Cannabis und weiteren pharmazeutischen Produkten in Europa. Im Besonderen liegt der Fokus hier auf Spanien, Italien und Frankreich.

Australien, das Heimatland von HHI, hat Cannabis zu medizinischen Zwecken bereits seit 2016 legalisiert und ist damit eins der erfahrenen Länder in diesem Bereich. Eine Reihe von australischen Produzenten produzieren gemäß hohen pharmazeutischen Standards und beliefern auch den deutschen Markt. Inzwischen ist die Auswahl an Produkten aus Australien deutlich angewachsen.

Canpharma hat durch den Zusammenschluss einen strategischen Partner und globalen Akteur in Europa und Australasien an seiner Seite, der dem deutschen Unternehmen eine solide Basis für zukünftiges internationales Wachstum bietet. Wir haben mit Dr. Henrik Sprengel, CEO von Canpharma, über dieses Thema gesprochen.

krautinvest.de: Wo steht Canpharma aktuell? Welche Produkte und Dienstleistungen umfasst das Portfolio? 

Dr. Henrik Sprengel: Canpharma importiert und vertreibt seit 2019 Cannabisblüten in Deutschland. Wir sind stolz darauf, dass wir im Mai dieses Jahres Cannabisextrakte unter eigener Marke auf den Markt gebracht haben. Durch den Zusammenschluss mit Health House bieten sich für Canpharma weitere vielversprechende Möglichkeiten, denn wir haben jetzt einen starken Partner an unserer Seite. Health House ist Marktführer als Großhändler von medizinischem Cannabis in Australien. Die Plattform von Health House können wir auch in Deutschland nutzen. So haben wir jetzt Zugang zu Produkten, die Canpharma auch in Deutschland auf den Markt bringen kann.

Darüber hinaus gehört die Aufklärung von Fachkreisen sowie von Patientinnen und Patienten zur sicheren und korrekten Verwendung von medizinischem Cannabis seit jeher zu unseren zentralen Anliegen.

krautinvest.de: Was waren die wichtigsten Learnings in der bisherigen Zeit? Wo sieht Canpharma hierbei die größten Herausforderungen?

Dr. Henrik Sprengel: Der Cannabismarkt ist ein junger Markt und Cannabinoide als Therapieoption noch nicht etabliert. Die meisten Ärztinnen und Ärzte waren unvorbereitet, als die Gesetzesänderungen 2017 kam und die Verschreibung als BtM ermöglichte. Auch jetzt, vier Jahre später, fühlt sich der Großteil der Verordner unsicher. Unser Partner Kalapa Clinic erlebt das täglich: Dort beraten Cannabisexperten ärztliche Kolleginnen und Kollegen zum Thema Cannabinoidtherapie. Die fühlen sich häufig medizinisch mit dem Thema allein gelassen. Darüber hinaus empfinden sie den bürokratischen Aufwand, der mit der Cannabisverordnung einhergeht, als abschreckend. Daher bieten wir hier unterstützende Serviceleistungen an.

Ein weiteres wichtiges Learning ist die Tatsache, dass viele medizinische Fachkräfte standardisierte Cannabispräparate bevorzugen. Auch darauf haben wir uns eingestellt und mit unserem hochwertigen und breiten Produktportfolio darauf reagiert. Unser Fokus liegt derzeit auf Cannabisextrakten, wir arbeiten aber auch an weiteren neuen Darreichungsformen und Produkten, um den Patientinnen und Patienten das gesamte Spektrum an Arzneimitteln auf Cannabisbasis anbieten zu können. Ich bin davon überzeugt: Medizinisches Cannabis wird eine immer größere Rolle in der Therapie schwerstkranker Menschen spielen, und wir werden diesen Prozess bestmöglich unterstützen.

Die Herausforderung – aber auch die Zukunft – liegt in der personalisierten Cannabistherapie, also eine Therapie, die individuell auf die Patienten zugeschnitten ist. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Therapien ist bei der Cannabistherapie nicht nur die richtige Einstellung wichtig, sondern auch eine kontinuierliche Optimierung der Therapie.

krautinvest.de: Wie stärkt die neue Partnerschaft die Rolle von Canpharma und wie will man sich für den Markt wappnen?

Dr. Henrik Sprengel: Durch die neue Partnerschaft hat Canpharma die Möglichkeit, neue Cannabispräparate auf den deutschen Markt zu bringen. Darüber hinaus haben wir dadurch das nötige Kapital für das Wachstum des Unternehmens auf dem deutschen Markt. Health House ist ein internationaler, starker Partner, der sowohl pharmazeutische Cannabisprodukte wie auch andere Arzneimittel vertreibt. Selbstverständlich werden die beiden Unternehmen ihre Synergien bestmöglich nutzen. Wir sind aber auch offen für Kooperationen mit anderen Unternehmen und haben auch in diese Richtung interessante Zukunftspläne.

krautinvest.de: Welche Rolle spielt Digitalisierung bei Canpharma? Welche digitalen Angebote gibt es für Ärzte, Apotheker und Patienten?

Dr. Henrik Sprengel: Digitalisierung wird bei Canpharma großgeschrieben und tatsächlich ist es mir persönlich auch ein Herzensthema. Durch unseren Partner Kalapa bieten wir diverse digitale Serviceleistungen an, um Fachkräfte des Gesundheitswesens wie auch Patientinnen und Patienten zu informieren, zu beraten und zu schulen. So bieten wir beispielsweise demnächst Webinare an, um Fachkreise zu schulen und fortzubilden. Mediziner können unser Telekonsil nutzen, wo sie sich persönlich von Cannabisexperten beraten lassen können, wenn sie Fragen zur Verordnung von Cannabis haben oder zu individuellen Fällen. Und Kalapa bietet auch Patientinnen und Patienten die Beratung per Videosprechstunde an. Telemedizin wird in der Zukunft immer mehr an Relevanz gewinnen und kann einen wichtigen Beitrag zur Betreuung und Beratung der Menschen leisten. Canpharma wird seinen Beitrag bei dieser Entwicklung leisten. Für die Zukunft haben wir uns im Bereich Digitalisierung hohe Ziele gesetzt. Daten werden die Basis für die Optimierung der Cannabistherapie, aber auch für die Produktentwicklung sein.

krautinvest.de: Welche gemeinsamen Ziele verfolgt Canpharma mit der Partnerschaft? Wer profitiert?

Dr. Henrik Sprengel: Die neue Partnerschaft wird es Canpharma ermöglichen, weitere strategische Akquisitionen und Investitionen in Produktentwicklung und Lizenzierung zu tätigen. Health House liefert uns einen Blueprint, so können wir das vorhandene Wissen wie auch das verfügbare Kapital optimal nutzen. Wichtig ist hierbei zu betonen, dass das deutsche Team in Bezug auf die Definition seiner Geschäftstätigkeit und der Wachstumsstrategie weitgehend unabhängig ist. So ist die Autonomie für uns auf dem deutschen Markt gesichert. Zudem bin ich in den Aufsichtstrat von Health House berufen worden und werde damit an der Entwicklung der gesamtheitlichen Strategie aktiv beteiligt sein.

krautinvest.de: In welche Bereiche/Schwerpunkte soll investiert werden? Plant Canpharma auch in weiteren Ländern außerhalb  der Heimatmärkte zu expandieren? 

Dr. Henrik Sprengel: Wie bereits erwähnt, stehen neue Darreichungsformen und Produkte für uns im Fokus. Unser Ziel ist es, das gesamte Spektrum an Cannabispräparaten anbieten zu können. Auch Fertigarzneimittel werden für Canpharma in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Es ist unser Anspruch, Patientinnen und Patienten mit einer möglichst optimalen Cannabistherapie versorgen zu können. Das schließt eine breite, hochwertige Produktpalette ein. Ebenso wichtig ist aber auch die Unterstützung, Betreuung und Beratung der Patientinnen und Patienten, die im Fokus unseres Partners Kalapa liegt. Darüber hinaus streben wir Kooperationen mit Universitäten an, um die Forschung im Bereich Cannabinoide voranzutreiben. Und auch mit Partnern aus der Industrie möchten wir vermehrt zusammenarbeiten, um innovative Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.

Mit Health House haben wir einen perfekten Partner für die Expansion an unserer Seite. Wir werden gemeinsam ein Konzept für Deutschland entwickeln und auf dieser Grundlage in andere europäische Länder expandieren. Canpharma hat es sich zum Ziel gesetzt, ein führendes europäisches Pharmaunternehmen für Medizinalcannabis zu werden.

Über: Dr. Henrik Sprengel:
Dr. Sprengel ist Mitbegründer sowohl von Canpharma als auch der Kalapa Clinic, wo er umfangreiche Erfahrungen im Bereich medizinisches Cannabis gesammelt hat. Vor der Gründung von Canpharma war er CEO des Unternehmensgründers Grupo HS3, der mehrere internationale Projekte in verschiedenen Branchen mit Schwerpunkt Internet und Technologie erfolgreich auf den Weg brachte. Dr. Sprengel begann seine berufliche Laufbahn als Anwalt bei Clifford Chance. Später bekleidete er mehrere internationale Führungspositionen bei dem globalen Medienunternehmen Bertelsmann und als Country Manager für Spanien und Mexiko bei einem deutschen Medien- und Technologieunternehmen. Er hat einen Postgraduiertenabschluss in Rechtswissenschaften (LLM, PhD) und einen MBA (INSEAD, Fontainebleau/Singapur).

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