Herausforderung Compliance: Warum Cannabis Social Clubs mit einem halben Bein im Gefängnis stehen

Ein Gastbeitrag von Alexander Gomer, CEO und Gründer von 420cloud

by Gastautor

Ein Gastbeitrag von Alexander Gomer, CEO und Gründer von 420cloud

Die Cannabislegalisierung ist im vollen Gange – derzeit wird der Gesetzesentwurf auf Bundesebene diskutiert. Im Fokus stehen insbesondere die Regelungen für Cannabis Social Clubs, die vom Bundesgesundheitsministerium in Form von detaillierten Vorschriften angedacht sind. Diese Vielzahl an Regeln zu beachten, ohne mit einem Bein im Gefängnis zu stehen, dürfte für viele eine gewaltige Herausforderung darstellen. Digitale Lösungen können eine Erleichterung bieten, um im Compliance-Dschungel nicht den Überblick zu verlieren.

Der Deutsche Bundesrat geht davon aus, dass sich im ersten Jahr der Cannabislegalisierung mehr als 1000 Anbauvereine, auch Cannabis Social Clubs genannt, um eine Anbaulizenz bewerben werden. Dabei hat das Bundesgesundheitsministerium klare Regeln und Vorschriften festgelegt, die von Clubs beachtet werden müssen, um die behördliche Erlaubnis für den gemeinschaftlichen Anbau und die Weitergabe von Cannabis zu erhalten. „Anbauvereinigungen“ sind demnach eingetragene, nicht-wirtschaftliche Vereine oder Genossenschaften mit einer Obergrenze von 500 Mitglieder, die das 18. Lebensjahr vollendet und ihren Wohnsitz in Deutschland haben.

Insbesondere die Regelung der „nicht-wirtschaftlichen“ Vereine hat weitreichende Konsequenzen: Gewinnorientierte Unternehmen haben schlicht kein Interesse an der Gründung eines Anbauvereins. Der Großteil der Clubs besteht wahrscheinlich aus freiwilligen, möglicherweise sogar ehrenamtlichen Helfer:innen. Für diese Gruppe wird die Situation besonders herausfordernd, da sie mit zahlreichen Auflagen konfrontiert sind.

Doch nur die Eintragung in das Genossenschafts- und Vereinsregister reicht nicht aus, um Cannabis anbauen zu dürfen. Um behördliche Erlaubnis gemäß den Vorgaben des Bundesgesundheitsministeriums zu erhalten, muss sichergestellt werden, dass die Vertreter unbeschränkt geschäftsfähig sind und die Zuverlässigkeit besitzen, mit Cannabis umzugehen, wobei sie keine Vorstrafen aufweisen dürfen. Zudem muss sichergestellt werden, dass das Cannabis ausreichend vor dem Zugriff durch Kinder, Jugendliche und unbefugte Dritte geschützt ist. Dazu zählt unter anderem ein Mindestabstand von 100 Metern zu Schulen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie zu Spielplätzen. Eine knifflige Regelung, denn Clubs finden so kaum eine geeignete Fläche in Städten.

Dokumentations- und Berichtspflichten

Neben den gesetzlichen Vorgaben müssen die Clubs auf Verlangen jederzeit nachweisen können, wie viel Cannabis sie gegenwärtig auf Lager haben. Dies umfasst nicht nur den Überblick über den Bestand an Cannabis, Cannabissamen und Stecklingen, sondern auch die präzise Verfolgung der abgegebenen Mengen. Diese Maßnahme dient dazu, dass genau verfolgt werden kann, an wen welche Menge abgegeben wurde, für den Fall, dass das Cannabis verunreinigt war oder auch um zu verhindern, dass es illegal auf dem Schwarzmarkt angeboten wird. Jährliche Meldungen an die Behörden beinhalten Ernte- und Weitergabemengen sowie den Gesamtbestand, ergänzt durch anonymisierte Daten zu Weitergabemengen an Mitglieder.

Und das ist nur ein kleiner Auszug aus dem Cannabis-Gesetzesentwurf. Schnell wird klar: Hier kommen einige bürokratische Hürden und ein massiver Verwaltungsaufwand auf die Cannabis Social Clubs zu. Ein wahrer Balanceakt mit der rechtlichen Lage, denn wer gegen die Vorgaben verstößt, erwartet nicht nur den Entzug der Anbau-Erlaubnis, sondern in schweren Fällen sogar die strafrechtliche Verfolgung. Fraglich ist hierbei auch die Kostenkalkulation der Länder, da bereits die 1000 Anbauvereine allein durch die anfallenden Personalkosten zur Kontrolle das geplante Budget im aktuellen Gesetzesentwurf übersteigen dürften.

Herausforderung Compliance: Warum Cannabis Social Clubs mit einem halben Bein im Gefängnis stehen

Digitale Wege zur Rechtskonformität

Digitale Lösungen, die den Austausch von Anbau-Daten und pseudonymisierten Abgabe-Daten mit staatlichen Organisationen ermöglichen, können diesen massiven Kontrollaufwand erheblich reduzieren. Gleiches gilt auch für die Kontrolle von Grenzwerten, die zu einem wichtigen Aspekt des Gesetzesentwurfs zählen. Und das nicht ohne Grund – Cannabis wird von der Mehrheit der Konsumierenden inhaliert und gelangt über die Lunge direkt in die Blutlaufbahn. Neben der Überprüfung auf ein breites Spektrum von Verunreinigungen und Wirkstoffen, soll durch jährliches Testen auch der Wirkstoffgehalt des Cannabis überprüft werden. Er sollte einen THC-Gehalt von 10 Prozent nicht überschreiten. Bereits dieser einmal im Jahr stattfindende Kontroll-Test der Behörden übersteigt die veranschlagten 1200 Euro Erfüllungsaufwand pro Club. Und das wohlgemerkt ohne die Berücksichtigung der Personalkosten für die Probennahme, Kommunikation, Ablage und Verwaltung.

Eine mögliche Lösung besteht darin, dass zertifizierte Labore, die nach bewährten Standards arbeiten, aussagekräftige Laborergebnisse an die Behörden übermitteln. Durch digitale Zertifikate bestätigte Analyse-Ergebnisse könnten Labor- und Anbauvereins-Datenbanken automatisch abgleichen und somit die Überprüfung der Echtheit der Analyse-Zertifikate erheblich erleichtern. In einem solchen System stehen die Sicherheit und Integrität der Daten an oberster Stelle. Es ist zwingend erforderlich, modernste Verschlüsselungsverfahren anzuwenden, um zu verhindern, dass übermittelte Daten an unbefugte Dritte gelangen.

Schlüsselkomponenten für rechtssichere Prozesse

Es wird schnell klar, dass die behördliche Überwachung im Tagesgeschäft der Cannabis Social Clubs eine gewaltige Herausforderung darstellt. Es scheint nahezu unmöglich, die Rechtskonformität auf die geplante Weise sicherzustellen. Eine bewährte Methode aus anderen Hoch-Risiko-Branchen ist die Benennung einer fachverantwortlichen Person, die für die Qualitätskontrolle und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben verantwortlich ist. Diese Person ist für die Etablierung eines Qualitäts-Management-System zuständig und ermöglicht die frühzeitige Erkennung von verunreinigten oder fehlerhaften Ernteerträgen.

Hier gilt es, Fachkräfte aus- und weiterzubilden: Der Anbau und die Ernte von Cannabis erfordern besondere Kenntnisse und sollten nicht leichtfertig abgetan werden. Qualitätssicherung ist kein Aspekt, der von einem Kollektiv ohne geklärte Haftungsfrage geleistet werden kann.

Klare Qualitätsstandards, die Möglichkeit der Anstellung von haftbaren Qualitätsbeauftragten, zertifizierte Labore und digitale Kommunikationswege sind unerlässlich, um konsumenten- und rechtssichere Prozesse in der Cannabisbranche sicherzustellen. Dies stellt insbesondere für nicht-kommerzielle Vereinigungen, wie die Cannabis Social Clubs, eine herausfordernde Gratwanderung dar. Die Einhaltung der angedachten Maßnahmen erfordern eine sorgfältige Abstimmung – digitale Lösungen, die sich an den aktuellen gesetzlichen Vorschriften orientieren, können helfen, die Balance zu halten.

Über den Autor:

Alexander Gomer ist CEO und Gründer von 420cloud. Das Münsteraner Startup bietet eine umfassende Plattform, die Cannabis Social Clubs eine einfache und effektive Verwaltung ermöglicht – stets im Einklang mit den aktuellen Gesetzen. Von der Mitgliederverwaltung über die Warenbestandsprüfung bis hin zu Integration eines effizienten Kassensystems bietet 420cloud ganzheitliche Unterstützung. Gomer setzt sich mit seinem Startup für die Eindämmung des Schwarzmarkts und für die Etablierung eines effektiven Jugendschutzes in der Cannabisbranche ein.

Mehr zum Thema

Leave a Comment