Aktuell können keine Genehmigungen für die Einfuhr von Cannabis zu medizinischen Zwecken nach Deutschland erteilt werden. Das bestätigte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Anfrage von krautinvest.de. Grund sei, dass die aktuell beim Internationalen Suchtstoffkontrollamt (INCB) für das laufende Kalenderjahr gemeldet Bedarfsschätzung für Cannabis zu medizinischen Zwecken für Deutschland 122 Tonnen betrage. Diese sei bereits erschöpft. Zu einem Importstopp komme es aber nicht, heißt es seitens der Behörde. Bearbeitungszeiten für Anträge könnten sich hingegen verlängern.
Weiterhin heißt es seitens des BfArM, dass sich aus dem komplexen Verfahren zu den jährlichen Bedarfsschätzungen für Suchtstoffe völkerrechtliche Vorgaben ergeben, „die Bedarfsschätzungen grundsätzlich restriktiv anzusetzen“. Bei überhöhten Bedarfsschätzungen könnten empfindliche Kürzungen durch das INCB drohen. Immerhin gibt das BfArM leichte Entwarnung: Zur Entspannung der Situation gebe es das Instrument der sogenannten ‚Nachschätzung‘ während eines laufenden Kalenderjahres. Hierdurch verlängerten sich „im Einzelfall lediglich die Bearbeitungszeiten eines Antrags auf Einfuhrgenehmigung, bis die neue Menge vom INCB bestätigt wird“, heißt es. Welche „neue Menge“ bestätigt werden soll, teilte das BfArM nicht mit, auch nicht, wie weit dieser Prozess bereits fortgeschritten ist. Ein Sprecher betont aber: „Es kommt in der Regel nicht zu einem Stopp von Importen oder förmlichen Ablehnungen von Anträgen auf Einfuhrgenehmigungen.“ Wie lang die Bearbeitungszeiten nun ausfallen können, gibt das BfArM nicht an.
Das beim INCB gemeldete Cannabiskontingent bezieht sich laut Angaben der Bundesbehörden nur auf medizinische Cannabisblüten, Extrakte seien davon separat zu betrachten. Informationen, wie große die gegenwärtigen Bestände an medizinischen Cannabisblüten der Großhändler und Apotheken in Deutschland sind, liegen nicht vor.
Deepak Anand, langjähriger Industrie-Experte für Cannabis, betont in einem Linkedin-Beitrag: „Es ist wichtig, dass das INCB keinerlei Begrenzungen oder Quoten für die weltweit zu medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken produzierte Menge an ‚Suchtstoffen‘ einschließlich Cannabis festlegt.“ Wenn Exporte oder Importe von Suchtstoffen wie Cannabis die entsprechenden Schätzungen überschreiten, könne der Rat die betroffenen Länder kontaktieren und um Erklärungen sowie um die Ergreifung von Korrekturmaßnahmen ersuchen, erläutert Anand. Ein Einfuhrland könne beispielsweise aufgefordert werden, zu erläutern, ob ein scheinbarer Überimport für eine Wiederausfuhr bestimmt sei, oder es könne dem Land geraten werden, dem Rat eine ergänzende Schätzung vorzulegen, falls es im Laufe eines Jahres zusätzliche Mengen eines Suchtstoffs wie Cannabis benötige, so Anand weiter. Laut BfArM befinde sich die „Thematik derzeit in Klärung“. Das BfArM macht seit der Herausnahme von medizinischem Cannabis nicht mehr publik, wie viel medizinisches Cannabis den Weg in die Apotheken gefunden hat.