Führender CDU-Politiker Erwin Rüddel über Cannabis: “Haltung ist offener”

by Moritz Förster

Bis dato schien die CDU mit ihrer Haltung zu einer möglichen Neuregulierung recht isoliert. Während SPD, Grüne, FDP und Linke in ihren Wahlkampfprogrammen allesamt eine Legalisierung, mindestens Modellprojekte fordern, erwähnt die CDU eine mögliche Neuregulierung von Cannabis in ihrem Wahlkampfprogramm mit keiner Silbe. Auch auf eine Anfrage von krautinvest.de antwortet die Pressestelle der CDU nur mit kurzem Verweis auf das aktuelle Regierungsprogramm.

Wenige Wochen vor der Wahl sitzt mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Erwin Rüddel zugleich der Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages in einem Panel mit Dirk Heidenblut (SPD), Werner Graf (Grüne), Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) und Niema Movassat (Linke) auf der ICBC – auf ziemlich verlorenem Posten – möchte man glauben.

Weit gefehlt. Im Interview mit krautinvest.de macht Rüddel möglichen Koalitionspartnern Hoffnung auf Kompromisse, deutet zumindest Modellprojekte als Lösung an. Gerade wenn die CDU mit zwei weiteren Parteien verhandeln müsste, scheint der CDU-Politiker nicht an ein Aufrecht erhalten des Status Quo zu glauben. Und: Auch die großen Herausforderungen unserer Zeit – etwa Corona, Afghanistan oder Corona – lässt er nicht als Ausrede durchgehen, eine mögliche Cannabis-Neuregulierung vor sich herzuschieben: “Wir sind ein arbeitsteiliges Parlament und dementsprechend gibt es auch die nötigen Kapazitäten.”

Man darf gespannt sein, ob sich mögliche Koalitionspartnern auf Modellprojekte einlassen (oder auf eine grundsätzliche Legalisierung drängen) und wie diese im Detail aussehen würden. Sollte es soweit kommen, dürfte sich unter staatlicher Kontrolle ein erster kleiner Markt für Recreational-Cannabis in Deutschland entwickeln. Schließlich müssen Blüten angebaut oder importiert, gelagert und distribuiert werden.

Hinweis: krautinvest.de ist auch in diesem Jahr Medienpartner der ICBC. Unsere Leser erhalten mit dem Code MJUVIPB2B Rabatt für die ICBC (zum Ticket-Shop) und mit dem Code MJUVIPGIF  für das Global Investment Forum (zum Ticket Shop). Auf der ICBC diskutiert Erwin Rüddel am Donnerstag, den 26. August, um 10:15 Uhr mit Dirk Heidenblut (SPD), Werner Graf (Grüne), Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) und Niema Movassat (Linke) angesichts der anstehenden Wahl über die Regulierung von (medizinischem) Cannabis (Schedule).

krautinvest.de: Fünf Parteien kommen aktuell für eine neue Regierung in Frage. In allen erdenklichen Koalitionen ist die CDU die einzige Partei, die gegen jegliche Form der Legalisierung ist. Kommt eine Legalisierung partout nicht in Frage, wenn die CDU mitregiert?

Erwin Rüddel: Die CDU/CSU steht mit ihrer Haltung zu dem Thema etwas solitär. Deshalb würde es mich wundern, falls das Thema bei den Koalitionsverhandlungen nach der bevorstehenden Bundestagswahl nicht auf den Tisch käme, erst recht, wenn die Union mit zwei weiteren Parteien verhandeln würde. Modellprojekte wären in meinen Augen ein denkbarer Kompromiss.

krautinvest.de: Solche Modellprojekte deuteten Sie persönlich zuletzt bereits an. Können Sie die Bedingungen kurz präzisieren?

Erwin Rüddel: Auf jeden Fall müsste solches Projekt in einer gut ausgesuchten Region mit einem definierten Kreis Zugangsberechtigter umsetzt und die Abgabe mit Suchtprävention und Beratung verbunden werden. So ähnlich geschieht es beispielsweise auch in Uruguay. Wichtig ist dabei, dass der THC-Gehalt des vertriebenen Cannabis kontrolliert wird. Das größte Problem, das ich sehe, ist die Einbindung der 15- bis 18-Jährigen. Diese dürften natürlich kein Cannabis zum Konsum legal erwerben, allerdings ist genau diese Gruppe diejenige, bei der die Präventionsarbeit am wichtigsten ist und müsste dementsprechend bei der Evaluierung berücksichtigt werden

krautinvest.de: Könnten Sie sich jenseits der Modellprojekte weitere Neuregulierungen vorstellen?

Erwin Rüddel: Ein solches Modellprojekt wäre für mich ein ergebnisoffener Einstieg in das Thema: Entweder bekommen wir eine Bestätigung für die Vorbehalte gegenüber Cannabis oder wir lernen, dass man die Dinge doch etwas anders angehen sollte als es heute der Fall ist. Nach einer entsprechenden Evaluation können dann weitere Schritte folgen.

krautinvest.de: Hand aufs Herz: Wie stark gehen die Meinungen denn bei diesem Thema innerhalb der CDU auseinander?

Erwin Rüddel: Hier gibt es sicherlich sehr unterschiedliche Meinungen in unserer Fraktion. Grundsätzlich habe ich aber das Gefühl, dass die Haltung zu dieser Frage offener ist als noch vor ein paar Jahren.

krautinvest.de: Außerdem sind die Herausforderungen aktuell groß: Klimawandel, Corona, Afghanistan – fällt eine Neuregulierung von Cannabis komplett unter den Tisch, da die Sorgen anderswo viel größer sind und die Parteien andere Bereiche priorisieren?

Erwin Rüddel: Dass wir uns sehr großen Herausforderungen gegenüber sehen, heißt ja nicht, dass wir keiner anderen Themen in Angriff nehmen können. Wir sind ein arbeitsteiliges Parlament und dementsprechend gibt es auch die nötigen Kapazitäten.

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