Endosane Pharmaceuticals: Sanity Group und Wissenschaftler setzen auf Fertigarzneimittel

by Moritz Förster

Neben Cannamedical und Vertanical scheint auch die Sanity Group Fortschritte bei der Entwicklung cannabinoidbasierter Fertigarzneimittel zu machen. Das Unternehmen hat verkündet, mit einem internationalen Team aus Wissenschaftler:innen gemeinsam Fertigarzneimittel zur Behandlung neuropsychiatrischer und psychiatrischer Störungen wie Schizophrenie oder Angststörungen zu entwickeln. Dazu haben die Sanity Group und das verantwortliche Forschungsteam eigens die Endosane Pharmaceuticals GmbH ins Leben gerufen.

Diese, heißt es, könne “nicht nur auf Jahrzehnte vorangegangener Grundlagenforschung der beteiligten Forscher:innen aufbauen, sondern steigt bezüglich eines potenziellen Schizophrenie-Medikaments unmittelbar in weit fortgeschrittene klinische Studien (Phase II) ein”. Die Zulassung sei deshalb bereits für 2025 anvisiert. 

Auf Anfrage von krautinvest.de erklärt die Sanity Group, dass sich das Joint-Venture “auf den kooperativen Grundgedanken” beziehe. Das Team um Prof. Dr. Leweke und Dr. Rohleder bringe die wissenschaftliche Erfahrung, die Daten und IP aus der Grundlagenforschung sowie den abgeschlossenen klinischen Studien ein, die Sanity Group die notwendige Managementerfahrung in Bezug auf Organisation und Finanzierung, eine Infrastruktur und nicht zuletzt Finanzmittel. Wirtschaftlich gesehen sei die Sanity Group in der Führungsrolle. Die Beteiligungen könnten sich in den kommenden Monaten abhängig vom Finanzierungsplan zudem noch ändern.

Die Sanity Group rechnet bereits jetzt damit, dass die Entwicklungen – auch ohne Phase III – mit hoher Wahrscheinlichkeit erforderlich mache, spezialisierte Investoren mit an Bord zu holen und kalkuliert mit Entwicklungskosten für einen einzigen Compound bereits vor Phase III deutlich im zweistelligen Millionenbereich. Bei der Entwicklung des am weitesten fortgeschrittenen Compounds zur Behandlung von Schizophrenie sei glücklicherweise schon ein gutes Stück geschafft, lässt das Unternehmen verlauten.

Zur Erinnerung: Erst im Sommer hatte die Sanity Group 35 Millionen Euro in einer Series A eingesammelt.

Führungstem mit Max Narr, Prof. Dr. Markus Leweke und Dr. Cathrin Rohleder

Im Mittelpunkt von Endosane steht die Erforschung und Nutzung des körpereigenen Endocannabinoidsystems. Zum Forscherteam zählen der deutsche Neurologe und Psychiater Prof. Dr. F. Markus Leweke (University of Sydney), der als Chief Medical Officer fungiert, und Dr. Cathrin Rohleder, Chief Scientific Officer. Endosane CEO wird Max Narr.

Narr komme als Volljurist aus der Pharma- und Biotech-Praxis einer internationalen Wirtschaftskanzlei. Seit Oktober 2020 habe Narr in der Sanity Group das Thema New Business verantwortet und in dieser Funktion das Konzept von Endosane gemeinsam mit Prof. Dr. Leweke und Dr. Rohleder weiterentwickelt. „Wir haben eine riesige Chance mit Endosane, nicht nur wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sondern unmittelbar Menschen zu helfen, die aktuell unter der Last der Nebenwirkung ihrer Medikation leiden“, so Narr.

Leweke, langjähriger Leiter des Exzellenzzentrums für Psychiatrie- und Psychotherapieforschung am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, beschäftige sich bereits seit Mitte der 1990er-Jahre mit der systematischen Erforschung des Endocannabinoidsystems in Hinblick auf dessen Potenzial zur Behandlung neuropsychiatrischer und psychiatrischer Erkrankungen – heißt es in der Mitteilung des Unternehmens. Gemeinsam mit Dr. Cathrin Rohleder, Neurobiologin und langjährige Kollegin, habe er Daten erhoben, die auf einen deutlichen Zusammenhang verschiedener Störungsbilder mit dem Endocannabinoidsystem schließen lassen.

„Damit setzen wir bei der Behandlung dieser Erkrankungen, also insbesondere bei Schizophrenie, deutlich näher an der Ursache an als die aktuellen Medikamente“, verkündet Prof. Dr. Leweke. Noch wichtiger sei aber, dass eine derartige Nutzung des Endocannabinoidsystems deutlich „sanfter“ in das neurophysiologische Gefüge der Patient:innen eingegreifen würde als aktuell verfügbare Medikamente. „Sollten sich die bisher erhobenen klinischen Daten im weiteren Verlauf der Phasen II und III bestätigen, wären wir in der Lage, ein Medikament mit einem erheblich verbesserten Nebenwirkungsprofil anzubieten“, so Dr. Rohleder, die die Durchführung der klinischen Entwicklung koordiniert.

Vayamed bietet Infrastruktur

Während Prof. Dr. Leweke und Teile des Teams in Sydney, Australien und am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg forschen, koordiniert das für klinische Studien verantwortliche Team um Dr. Rohleder die laufenden Studien an Patient:innen aus Köln heraus. Max Narr als Geschäftsführer arbeitet mit weiteren Teammitgliedern primär aus Berlin. Darüber hinaus arbeitet Endosane nach eigenen Angaben mit Partnern und Forscher:innen in Kalifornien und Kanada zusammen.

Wohlgemerkt arbeitet Endosane dabei nicht in den Sanity-Science-Forschungs- und Produktionsstätten in Frankfurt. Die Teams seien aber natürlich miteinander im Austausch, es sei nicht auszuschließen, dass Endosane die Labore in Frankfurt nutzen werde, heißt es auf Anfrage. Während es bei Sanity Science primär um Forschung, Entwicklung und Produktion im Zusammenhang mit Blüten und Extrakten gehe, sei Endosane tatsächlich eher „klassische” Pharma-Forschung. Dagegen biete der andere medizinische Arm der Sanity Group, Vayamed, an vielen Stellen bereits jetzt eine wertvolle Infrastruktur, aber auch Expert:innen auf verschiedenen Gebieten, auf die Endosane für Support zurückgreifen könne. 

„Unser Ziel ist es, das gesamte Potenzial des Endocannabinoidsystems zu erforschen und nutzbar zu machen. Wir sind froh, dass wir mit Prof. Dr. Leweke, Dr. Rohleder und ihrem Team Partner gefunden haben, mit denen wir unsere langfristige Vision auch im Hinblick auf die Entwicklung von Fertigarzneimitteln im Bereich Psychopharmaka umsetzen können“, lassen sich Finn Hänsel und Fabian Friede, Gründer und Managing Director der Sanity Group, zitieren.

Innovationspartnerschaft mit Epinamics

Mitte September hatte die Sanity Group zudem eine strategische Innovationspartnerschaft mit dem Berliner Tech-Unternehmen Epinamics verkündet. Die Sanity Group erhalte exklusive Nutzungs- und Vermarktungsrechte für die patentierte Liqui-Patch-Technologie von Epinamics für alle Cannabinoid-Marktsegmente und Märkte in der EU, Großbritannien und der Schweiz. Liqui-Patch sei eine innovative, filmbildende Sprühlösung für die transdermale Applikation von Wirkstoffen. Ein Forscher:innen-Team rund um Epinamics-Gründer Prof. Dr. Wolfgang Kehr habe die Technologie im Rahmen eines Management-Spin-offs von Bayer-Schering ausgegründet.

Geplant seien Produkte sowohl im medizinischen Bereich als auch im Wellbeing- und Sportsektor. „Mit der transdermalen Liqui-Patch-Technologie stoßen wir die Tür in den Cannabis-Markt der Zukunft auf: Smarte Innovations-Produkte mit hohem Therapienutzen machen Medizinalcannabis zu einer starken Option für ganz neue Patient:innen-Gruppen“, lässt sich Thimo V. Schmitt-Lord, Director Market Development & Sector Innovation bei Vayamed, dem pharmazeutischen Tochterunternehmen der Sanity Group, zitieren.

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