Burkhard Blienert über die Cannabis-Odyssee – Wann kommt das legale Gras?

Wie zufrieden ist der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen mit den Eckpunkten 2.0, Cannabis-Clubs & Pilotprojekte

by Moritz Förster

Ein geleakter Entwurf des Cannabis-Gesetzes kursiert im Internet. Nach eineinhalb Jahren wilder Spekulation wird es nun also endlich konkret. Cannabis Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern dürfen zukünftig für den eigenen Bedarf legal Cannabis produzieren, so der Plan. Viele kritisieren, dass die Auflagen für die Vereine zu streng seien, andere freuen sich, dass es überhaupt endlich losgeht, weitere fragen sich allerdings, ob das, was im Entwurf steht, auch so verabschiedet werden kann. Und dann ist da ja auch noch die zweite Säule mit den Cannabis-Pilotprojekten. Wann die wohl kommen? Wer könnte eine fundiertere Einschätzung zu drängenden Fragen abgeben als Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen.

Darum geht es im Podcast:

  • Viele Cannabis-Expertinnen freuten sich im Januar 2022 als Burkhard Blienert der neue Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen wurde. Schließlich genießt er aufgrund seiner langjährigen Erfahrung, seinem Mitwirken an dem Cannabis als Medizin Gesetz und seinem Eintreten für eine lösungsorientierte Sucht- und Drogenpolitik in Fachkreisen einen ausgezeichneten Ruf. Nach den Hearings im Sommer 2022 wurde es dann aber ruhiger um seine Person. Welche Rolle spielt er im Gesetzgebungsverfahren?
  • Die Odyssee der Cannabis-Legalisierung in Deutschland: Ursprünglich angedacht war im Koalitionsvertrag eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften. Nun soll im ersten Schritt ein Gesetzesentwurf für Cannabis Clubs vorgelegt werden, im Sommer dann ein Gesetzesentwurf für Pilotprojekte. Was überwiegt: Die Enttäuschung, dass der Wurf deutlich kürzer wird als ursprünglich angedacht, oder die Freude darüber, dass nach dem langen Hin und Her bald erste Cannabis-Clubs in Deutschland geben könnte?
  • Kritiker sagen: Das in den Clubs produzierte Gras landet auf dem illegalen Markt, da sich die angebauten Volumina nicht überprüfen lassen. Zudem können auch Jugendschutz durch Eigenanbau und Clubs nicht verbessert werden. Wie stehen die Chancen, dass die Clubs und Pilotprojekte den illegalen Markt zurückdrängen, dadurch Jugendschutz und Gesundheitsschutz perspektivisch verbessern?
  • Das ISD-Gutachten zu Cannabis zeigt allerdings, dass es ein langer Weg sein könnte, bis tatsächlich weniger Jugendliche Cannabis konsumieren. Im Gegenzug scheint der ein oder andere Mensch Cannabis auszuprobieren, der dies zuvor nicht gemacht hatte. Was passiert, wenn man nach fünf Jahren feststellt, dass die Clubs kaum eine Auswirkung auf den Jugendschutz und das Konsumverhalten gehabt haben?
  • Wieso argumentiert die Bundesregierung überhaupt immer aus der Defensive? Wieso liefert sie Argumente dafür, dass eine Freiheitsbeschränkung aufgehoben werden soll? Wieso nicht einfach dafür, dass für das Aufrechterhalten dieser Freiheitsbeschränkung keine Argumente zu finden sind?
  • Sind die Clubs und die Pilotprojekte als Zwischenschritt zu betrachten auf dem Weg zur “großen Lösung” – einem bundesweiten legalen Cannabis-Genussmittelmarkt?
  • Kann Burkhard Blienert irgendwas zum “Feedback” der Europäischen Kommission sagen – ging es beispielsweise explizit auch um die Konformität der nun ausgearbeiteten zwei Säulen?
  • Im aktuellen Entwurf ist der Absatz noch nicht mit Inhalt befüllt, in dem die Konformität mit EU-Recht dargelegt werden soll. Könnten die Clubs, die ja professionell qualitativ hochwertiges Cannabis produzieren sollen, doch noch Problem mit internationalem und europäischem Recht bekommen?
  • Es gibt auch Stimmen, die sagen, die Bundesregierung hätte vor dem EuGH Chancen gehabt, auch die legalisierte Wertschöpfungskette zu rechtfertigen. Hat schlicht der Mut gefehlt?
  • In Malta gibt es eineinhalb Jahre nach dem Gesetz für Cannabis Clubs immer noch keinen, der bereits aktiv ist. Die Hürden werden vielerseits als zu hoch bezeichnet. Einerseits will die Bundesregierung die Clubs kontrollieren, andererseits sollen diese ohne Profit, ehrenamtlich Cannabis produzieren. Wie schwierig ist der Drahtseilakt von zu strengen gesetzlichen Vorgaben, die zu viele Menschen abschrecken, und zu laxen Vorgaben, die Chaos Tür und Tor ebnen?
  • Wie geht es weiter: Wann wird das Gesetz für die erste Säule verabschiedet?
  • Das Cannabis-Gesetz sieht eine Reklassifizierung von Cannabis vor, das fortan nicht mehr als Betäubungsmittel gilt. Die UN fordern allerdings eine strenge Kontrolle von Cannabis. Ist diese strenge Kontrolle gewährleistet, wenn Cannabis nicht mehr als BtM von Ärzten verordnet wird?
  • Ein Blick auf die Säule 2: In den Niederlanden gab es 2017 erste Initiativen für Cannabis-Pilotprojekte. Im Herbst, also sechs Jahre später, wird mit der ersten Ernte gerechnet. Kriegt Deutschland es schneller hin?
  • In den Niederlanden ist zumindest in der Theorie der Zugang zu legal produziertem Cannabis sehr einfach. In sieben der zehn teilnehmenden Regionen soll jeder Erwachsene in den Coffee Shops legales Cannabis erwerben können. In der Schweiz sind die Pilotprojekte deutlich kleiner. In Basel nehmen 374 Menschen teil. Diese mussten zuvor bereits Cannabis konsumiert haben. Ihre Daten werden alle gespeichert. Welches Modell präferiert die Bundesregierung?
  • Die Hanf und CBD-Industrie klagt über Doppelmoral: Einerseits soll THC legalisiert werden. Andererseits werden CBD-Blütenhändler vor Gericht angeklagt wegen des Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln, obwohl ihre Blüten weniger als 0,2 Prozent THC haben. Die Polizei geht zudem gegen Landwirte vor, die Hanf mit weniger als 0,2 Prozent THC auf ihren Feldern anbauen. Mit der angedachten Reklassifizierung von Cannabis und der Herausnahme aus dem BtmG: Gehört diese Strafverfolgung der CBD und Hanfindustrie nun der Vergangenheit an?
  • Die Cannabis Clubs und die Pilotprojekte sind zunächst auf vier bis fünf Jahre ausgerichtet. Was kommt danach?


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