Bessere Wettbewerbsbedingungen für europäischen Nutzhanf: THC-Grenzwert auf 0,3 Prozent

by Lisa Haag

Anstehender Erschließungsantrag des Europäischen Parlaments zur Erhöhung des THC-Grenzwertes bei Nutzhanf auf 0,3 Prozent THC

Europa hat, wenn es auf den Nutzhanfanbau ankommt, ein entscheidendes Handelshemmnis: den THC-Grenzwert. Galt in den 90ern viele Jahre ein THC-Grenzwerte von 0,3 Prozent, so wurde er 1999 für den Anbau auf dem Feld auf 0,2 Prozent gesenkt. In Kombination mit dem Sortenkatalog entsteht dadurch ein wesentlicher Nachteil für europäische Hanfbauern im globalen Wettbewerb. Mit dem “wieder angeglichenen THC-Gehalt von 0,3 Prozent herrsche nun wieder Chancengleichheit bei der Züchtung, der Sortenauswahl und den Erträgen” vermeldet die EIHA in Ihrer Presseerklärung.

„0,1 Prozent ist ein kleiner Schritt für das Europäische Parlament, aber ein großer Schritt für die europäische Nutzhanfindustrie. Ich habe über ein Jahrzehnt für diesen Moment gekämpft. Das ist ein guter Tag für den Hanfsektor und für eine grünere Zukunft Europas.“

Daniel Kruse, Präsident der European Industrial Hemp Association (EIHA)

Das Europäische Parlament hat in seiner Sitzung am 23. Oktober 2020 in erster Lesung diese Änderung als „förderfähige Hektarfläche“ im Rahmen der Reform für eine gemeinsame Agrarpolitik (GAP) beschlossen. Nachfolgend der relevante Auszug aus der vorläufigen Version des angenommenen Textes (Seite 7, vorläufige Version unmittelbar nach der Schlussabstimmung vom 23. Oktober 2020):

„Was für die Erzeugung von Hanf genutzte Flächen angeht, sollte – im Interesse der öffentlichen Gesundheit und der Kohärenz mit anderen Rechtsvorschriften – die Nutzung von Hanfsamensorten mit einem Gehalt an Tetrahydrocannabinol von weniger als 0,3 Prozent Teil der Definition des Begriffs ‘förderfähige Hektarfläche’ sein.“

Die Verbände begrüßen diesen Schritt – schon seit geraumer Zeit macht sich insbesondere die EIHA für dieses Thema stark. Auch der Branchenverband der Cannabiswirtschaft e.V. begrüßt die Entwicklung in einer eigenen Pressemeldung

„Die Anhebung des THC-Grenzwertes für europäischen Nutzhanf ist überfällig. Gerade in den vergangenen heißen und wasserarmen Sommern überschritten etliche Nutzhanfsorten den bisherigen Grenzwert von 0,2 Prozent THC. Die vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Anhebung auf 0,3 Prozent THC wäre wieder eine erste sinnvolle Erleichterung für die Nutzhanfbauern und für die weiterverarbeitende Industrie.“

Jürgen Neumeyer, der Geschäftsführer des Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (i.G.)

Ein weiterer Teil der Abstimmung betrifft die Vermarktung der Produkte. Das Europäische Parlament „stimmte auch dafür, Produkte aus Industriehanf in die Liste für landwirtschaftliche Vermarktungsnormen und Etikettierungsvorschriften aufzunehmen. Damit unterliegen Hanfprodukte zukünftig Anforderungen zur Gewährleistung der Verzehrbarkeit, Klassifizierung und Kennzeichnung – entscheidend für Qualitätskontrolle und Verbrauchersicherheit“ – so die EIHA in der Pressemitteilung.

„Endlich hat die EU die Chance auf wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen in Konkurrenz zum globalen industriellen Hanfsektor. Und mit den kommenden Vermarktungsnormen für Hanf hat die EU die weitere Chance, an Dynamik zu gewinnen und mit dem internationalen Wettbewerb gleichzuziehen.“ so Daniel Kruse. Er sieht „den neuen Grenzwert von 0,3 Prozent für den THC-Gehalt für Industriehanf ‘auf dem Feld’ nur als Etappensieg.”

Nach wie vor herrscht die Diskussion, Teile der Hanfpflanze – insbesondere Extrakte aus den Blüten oder auch Fruchtstände von Cannabis – in der EU als Suchtstoffe einzustufen. Hier stehen die Verbände auf der Seite der WHO, die bei CBD kein Missbrauchs und Abhängigkeitspotenzial erkennt. Die aktuellen Entwicklungen sind ein Schritt in diese Richtung – also hin zu einem besser regulierten Rahmen für Nutzhanf. Der Europäische Rat und die Europäische Kommission müssen sich nun mit diesem Vorschlag des Parlaments auseinandersetzen.

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