Cannabis legal, aber…. vier Millionen Euro Etatkürzung Suchtprävention

Ein kritischer Kommentar zum geplanten Bundeshaushalt

by Astrid Hahner

Kinder- und Jugendschutz sowie geeignete Maßnahmen zur Suchtprävention waren und sind Hauptziele, welche die Ampel-Koalition im Gesundheitsressort, unter anderem auch durch die Reform des Umgangs mit Cannabis zu Genuss-Zwecken, verfolgt. Im kürzlich veröffentlichten Kabinettsentwurf zum CanG werden für das Jahr 2024 deshalb zusätzliche Ausgaben für den Bundeshaushalt in Höhe von sechs Millionen Euro veranschlagt, um die Informations-, Aufklärungs- und Präventionsangebote im Bezug auf Cannabis auf- bzw. auszubauen. Im Detail will die Bundesregierung zu diesem Zwecke eine digitale Informationsplattform erarbeiten (Die Kampagne “Cannabis legal, aber…” dürfte der Beginn sein) und zur Verfügung stellen. Multiplikatoren sollen – wohl entgeltfrei – die sogenannten Präventionsbeauftragten in den Anbauvereinigungen werden.

Gleichzeitig stehen für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach massive Kürzungen von 8,3 Milliarden Euro (8.300 Millionen), d.h. mehr als 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr für seinen Haushalt an. Diese massive Kürzung  mag unter anderem auch der Tatsache geschuldet sein, dass dank der vorherigen Regierung Deutschland vertraglich dazu verpflichtet war, rund 283 Millionen Dosen des Covid-19-Impfstoffs von Biontech/Pfizer abzunehmen. Ferner bestand für weitere 92,4 Millionen Dosen des Impfstoffs eine Abnahmeverpflichtung, auch wenn die Nachfrage oder Notwendigkeit trotz ebenfalls teurer Aufklärungskampagnen nicht gegeben war und die Impfstoffe aufgrund abgelaufener Haltbarkeit eingestampft werden mussten. Die Pandemie war eben teuer, ist aber irgendwie inzwischen doch vorbei.

Jedoch ist auch das Thema Suchtprävention von den Kürzungen im Etat des Bundesgesundheitsministeriums massiv betroffen, mit im Vergleich dazu verschwindend geringen Zahlen im niedrigen Millionenbereich: Bei den Projekt- und Kampagnen-Mitteln des Bundes sollen im nächsten Jahr rund vier Millionen Euro wegfallen. Die Kürzungen von rund 13,2 Mio. Euro im Jahr 2023 auf 9,2 Mio. Euro im Jahr 2024 betreffen dabei konkret  die „Aufklärungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs”. Die Einsparungen werden dramatische Folgen haben, warnte die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) in einer Pressemitteilung vom 11. Juli 2023. Um die Maßnahmen der Suchtprävention flächendeckend und nachhaltig anbieten zu können, brauche es Engagement auf allen Verwaltungsebenen. Bund, Länder und Kommunen müssen einen Beitrag leisten, um die Entstehung von Suchterkrankungen zu verhindern. Die Bundesregierung müsse mit gutem Beispiel vorangehen, so die DHS. Kürzungen im Gesamtetat sind hier sicherlich das falsche Signal.

Wo soll nun das Geld hergenommen werden, um die im CanG veranschlagten sechs Millionen Euro Mehrausgaben für Suchtprävention zu stemmen, wenn der ohnehin schlanke Etat insgesamt sogar um vier Millionen abgespeckt werden soll? Die Präventionsbeauftragten in Cannabis-Anbauclubs aus Säule 1 der geplanten Teil-Legalisierung (Privater & gemeinschaftlicher, nicht-kommerzieller Eigenanbau) werden sich jedenfalls nicht ehrenamtlich um alle suchtgefährdeten Bürger:innen und schon gar nicht Kinder oder Jugendliche kümmern. 

Prof. Justus Haucap hatte bereits 2018 errechnet, dass eine vollständige Cannabis-Legalisierung dem Staat rund 4,7 Milliarden (4.700 Millionen) Euro Mehreinnahmen durch Steuereinnahmen und Einsparungen an Justiz und Polizei bescheren kann  (siehe Tabelle) – da böte sich für Maßnahmen zu Prävention und Jugendschutz ein immenser finanzieller Spielraum. Mit der Teil-Legalisierung und teils fortbestehender Strafbarkeit ist hier eine große Chance vertan worden, so dass der Sektor Drogenarbeit unverändert jeden Euro wird umdrehen müssen. 

Cannabis legal, aber.... vier Millionen Euro Etatkürzung Suchtprävention

Einsparungen bei Polizei-, Justiz- und JVA-Ausgaben von knapp einer Milliarde Euro verspricht auch das CanG – der deutsche Richterbund sieht das Potenzial angesichts des weiterhin fortbestehenden umfassenden Strafkatalogs allerdings weniger optimistisch, befürchtet sogar Mehrausgaben

Ein Gedanke zum Schluss: Suchtgefährdung ist ohnehin ein sehr vielschichtiges gesellschaftliches Problem, welches sich weder auf Cannabiskonsum, noch auf substanzbezogene Abhängigkeiten beschränkt. Vielmehr muss man sich hier z.B. mit (frühkindlichen) Traumatisierungen auseinandersetzen, mit psychosozialen Folgen z.B. von familiären Problemen, Armut oder Ausgrenzung, die zu sozialer Isolation oder ungünstigen Bewältigungsstrategien führen können. Eine Sucht ist meistens schlicht der misslungene Versuch des Individuums, eine psychisch belastende Situation ohne äußere Hilfe auszuhalten. Und genau dort muss eine Gesellschaft, eine Gemeinschaft, bereits ansetzen, um nachhaltige Suchtprävention zu betreiben – nicht erst bei der Beratung zu den Risiken von Substanzgebrauch jedweder Art.

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