Ampel-Politiker verkünden Cannabis-Weichenstellung in dieser Legislaturperiode

Und die CDU zeigt sich gesprächsbereit

by Redaktion

Wie geht es mit der Legalisierung von Cannabis als Genussmittel weiter? Auf der ICBC machen führende Politiker und Branchenexperten Hoffnung, dass die Clubs und die Pilotprojekte noch in dieser Legislaturperiode anlaufen, dämpfen zugleich die Erwartungen in Richtung der Industrie. Und: Auch der CDU-Politiker Erwin Rüddel präferiert eine richtige Legalisierung verglichen mit einer Entkriminalisierung.

Deutlich verärgert über den halben Rückzieher der Ampel-Koalition zeigt sich Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband: “Die EU hat nicht an Deutschland oder Luxemburg geschrieben: ‘Es geht nicht!'”, kritisiert der langjährige Cannabis-Vorstreiter. Die Abkehr vom ursprünglichen Plan beruhe lediglich auf “informellen Gesprächen”. Auch Deutschland habe “geloost wie so viele auch”. Dentons-Partner Peter Homberg kritisiert zudem den geleakten Gesetzesentwurf für die erste Säule als teilweise nicht praktikabel. “Das ist kein Scherz!”, schmunzelt der Rechtsanwalt vereinzelt.

Keine Legalisierung in diesem Jahrzehnt?

Ungeachtet dessen ärgert sich Wurth: “In diesem Jahrzehnt werden wir nach aktuellen Plänen keine vollständige Legalisierung erleben. Hoffentlich wird bald ein anderes europäisches Land an uns vorbei ziehen. Es gibt Juristen, die sagen es ist möglich.” Wurth fürchtet zudem, dass der Bundesrat die aktuellen Pläne aufhalte. Immerhin geht er davon aus, dass die erste Säule kompatibel mit europäischem Recht sei – “sonst hätte Malta mehr Ärger.” Zudem machen ihm auch die Wählerstimmen mit Blick auf die kommende Bundestagswahl Hoffnung, dass zumindest die erste Säule noch realisiert wird: “Gar nichts zu liefern, wäre ein Desaster.” Problematisch erachtet er allerdings die Rolle von Karl Lauterbach: “Unser Gesundheitsminister ist kein Teamplayer, beratungsresistent.”

Kappert-Gonther: “Große Wurf wäre besser gewesen”

Die Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther, das war zuvor bereits in einem Statement auf krautinvest durchgeklungen, war dafür, im Fall der Fälle bis zu Europäischen Gerichtshof zu gehen: ” Der große Wurf – eine echte Legalisierung, plus Eigenanbau und Entkriminalisierung – wäre besser gewesen.” Sie betont: “Ich habe mich immer dafür stark gemacht, dass wir diesen Mut haben.” Mit Blick zur tolerierten Abgabe, aber illegalen Produktion in den Niederlanden hebt sie die Unterschiede hervor: In Säule eins beschließe man eine Alternative zum Eigenanbau zu hause. Entscheidend sei für die Grünen-Politikerin, dass Säule zwei rasch folge. Dabei geht es ihr gar nicht so sehr um die wissenschaftlichen Erkenntnisse möglicher Pilotprojekte. “Wir brauchen aus Evidenzgründen die Modellprojekte nicht. Denn wir haben bereits genug Evidenz aus anderen Ländern”, so Kappert-Gonther. Noch gebe es keinen Gesetzesentwurf für die zweite Säule, man wisse also noch nicht, worüber man rede. Aber: “Ich weiß, dass wir dafür die Industrie brauchen werden.”

In dieser Legislaturperiode möglichst viel zementieren

Während Kappert-Gonther sich enttäuscht zeigt, dass es mit der großen großen Lösung nicht geklappt hat, macht sie umso mehr Druck beim Blick nach vorne. Nun müsse es gelingen, möglichst viel in dieser Legislaturperiode zu zementieren, was nicht mehr rückgängig gemacht werden könne: “Dinge möglichst so festzurren, dass es in die richtige Richtung geht.” Was dies für die Ausgestaltung der Pilotprojekte bedeute? “Wenn es nach mir ginge, so viele Modellprojekte wie möglich. Jede Region müsste im Sinne des Jugend- und Gesundheitsschutzes Interesse daran haben.”

“Cannabis kommt aus dem Betäubungsmittelgesetz”

Zudem fordert sie mit Blick auf die zweite Säule, die Hürden für den Anbau in Deutschland zu überdenken: “Es ist absurd.” Medizinisches Cannabis werde hinter “Betonmauern” produziert, die “Bunkern gleich kommen”. Es handele sich “nicht um Plutonium, sondern um eine Pflanze”. Kappert-Gonther weiter: Die Pflanze könne in Freiluft und in Gewächshäusern angebaut werden. Sie hofft auf entsprechend niedrige Hürden in den Pilotprojekten für den Anbau. Der größte Erfolg für die langjährige Drogen- und Suchtexpertin: “Cannabis kommt mit der ersten Säule raus aus dem Betäubungsmittelgesetz.”

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Erwin Rüddel, betont wie bereits im Podcast mit krautgeplauder, dass ihm eine limitierte Anzahl an Pilotprojekte lieber sei. Auch kann er sich vorstellen, dass eine Neuregulierung von Cannabis in einer potenziell von der CDU geführten Bundesregierung nicht gänzlich vom Tisch sei. Man müsse ja höchstwahrscheinlich mit einer der drei Parteien koalieren, die aktuell an der Regierung seien.

Bleibt die alles entscheidende Frage, wie weit die Ampel mit ihren Cannabis-Plänen in dieser Legisltaurperiode überhaupt noch kommt. Rüddel glaubt mit Blick auf Lauterbach, dass die Bundesregierung beim Switch auf Entkrminialisierung statt Legalisierung “ihren Minister” verloren habe. Auch FDP-Mann Roman Rogat gesteht: “Wir sind zeitlich schon wieder hinten dran.”

Während Rüddel sich vehement gegen die Entkiminalisierung und Cannabis Clubs äußert – er fürchtet “Strukturen, die nicht zurückgedreht werden können” –, geht er bei der Legalisierung auf die aktuellen Regierungsvertreter zu: “Es wäre sinnvolle, einen Gesetzesentwurf einzubringen und den mit europäischen Partnern durchzubringen und den Markt ordentlich strukturiert aufzubauen. Wir brauchen einen Legalisierungsprozess.” Auch Rogat erwartet nun von der Bundesregierung, dass diese auf europäischer Ebene für ihre Cannabispläne einstehe – und hofft mit Blick auf die erste Säule auf mehr “Freiheiten”. Oder wie es Kappert-Gonther sagt: Aktuell seien die Hürden für die Clubs viel zu hoch.

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