Cannabis: UN verschiebt Reklassifizierung

by Moritz Förster

Die Vereinten Nationen (UN) haben erneut die Reklassifzierung von Cannabis in der Single Convention on Narcotic Drugs aus dem Jahr 1961 aufgeschoben. Im 63. Meeting hat die Suchtstoffkommission in Wien eine Entscheidung kürzlich vertagt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte vor über einem Jahr empfohlen, Cannabis als weniger gefährliche Droge einzustufen. Nun soll Anfang Dezember des laufenden Jahres abgestimmt werden.

Die WHO hatte bereits in einem Treffen im November 2018 beschlossen, der UN eine Reklassifizierung von Cannabis nahezulegen. Ein entsprechendes Schreiben der WHO an die UN datiert auf den 24. Januar 2019. Dennoch hatte die Suchtstoffkommission der UN vor einem Jahr die Gelegenheit verstreichen lassen, über eine Reklassifizierung von Cannabis abzustimmen – ungewöhnlich, wenn es um Empfehlungen der WHO geht. Nun ist die Entscheidung also ein weiteres Mal vertagt.

Die Tragweite einer Reklassifizierung wäre erheblich. Die Single Convention on Narcotic Drugs setzt international Rahmenbedingungen für die Handhabung von Cannabis – die Vorgaben wirken sich bis auf Länderebene aus. Unter anderem kritisiert der Suchtstoffkontrollrat (INCB), das offiziell überwachende UN-Gremium, Unterzeichner der Single Convention wie Luxemburg oder die Niederlande für deren Legalisierung von Cannabis im Konsumbereich (“any measures allowing for the non-medical use of cannabis are in violation of the legal obligations incumbent upon parties to the Convention”). Auch die Abstimmung über eine Legalisierung in Neuseeland im Laufe des Jahrs beobachtet das INCB mit Argusaugen.

Aktuell wird Cannabis in der Single Convention in Klasse vier mit Substanzen wie Heroin eingestuft. Die WHO empfiehlt unter anderem eine Einstufung in Klasse eins sowie das Anerkennen des therapeutischen Potenzials. Die medizinische Anwendung würde dadurch erleichtert. CBD-Blüten und -Präparate mit weniger als 0,2 Prozent THC sollen gänzlich aus der Single Convention entfernt werden.

In Wien waren Anfang März 1.1000 Teilnehmer aus 131 Ländern und 114 Organisationen zusammen gekommen. Ghada Waly, die neue Vorsitzende der Suchtstoffkommission (UNDC), erklärte: “Jedes Land, jede Region steht vor einzigartigen Herausforderungen mit unterschiedlichem Hintergrund, sich durch diese divergierenden Ansichten zu arbeiten, um Gemeinsamkeiten zu finden und zu bilden, bleibt eine wesentliche Grundlage, um effektiv zu handeln und vor Ort etwas zu bewirken.” Angesichts der völlig unterschiedlichen Entwicklungen in der Cannabisregulierung – von völliger Legalisierung in etlichen US-Bundesstaaten, Kanada oder Luxemburg – über den medizinischen Einsatz in Deutschland bis zum Festhalten an der Prohibition steht Waly wohl vor einer Mammutaufgabe.

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