Wie Regulierungen gleichzeitig Verbraucher schützen und die Industrie fördern können

by Gastautor

Ein Gastbeitrag von Lewis Koski

Ob DSGVO, Werbebeschränkungen oder der Nutri-Score: Verbraucherschutz ist für alle Branchen von größter Bedeutung. Doch insbesondere KMU und Startups ächzen unter der Last der Compliance-Anforderungen und dem entstehenden Verwaltungsaufwand. Kaum überraschend also, dass sich Vertreter von Industrie und Wirtschaft zunehmend dagegen wehren. Dabei ergeben sich gerade durch die Einhaltung dieser Vorschriften große Vorteile; nicht nur für die Verbraucher, sondern auch für die Unternehmen selbst. Die amerikanische Cannabisbranche ist ein Paradebeispiel dafür.

2012 war Colorado der erste US-Bundesstaat, der Cannabis für den Freizeitgebrauch legalisierte. Viele weitere Staaten sind diesem Beispiel gefolgt. Seitdem hat sich die Cannabisbranche zu einem der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige in den USA entwickelt. Angetrieben vom sogenannten „green gold rush“ erwirtschaftet die Branche jedes Jahr erfolgreich Einnahmen in Milliardenhöhe – und das, obwohl oder gerade weil sie zu den am strengsten regulierten Branchen gehört. Infolgedessen kommt es selten zu Umsatzausfällen oder negativer Presse. Das wird wesentlich durch Trackand-Trace ermöglicht. Als digitales Rückgrat der Cannabisbranche stellt die Technologie Unternehmen die notwendige Infrastruktur bereit, um Vorschriften zum Verbraucherschutz einhalten zu können und schafft grundsätzlich ein Level Playing Field innerhalb der Industrie.

Dazu gehört auch die öffentliche Gesundheit zu schützen, indem verhindert wird, dass Produkte auf ihrem Weg zum Verbraucher verunreinigt oder beschädigt werden. Dafür bieten detaillierte Track-and-Trace-Daten einen 360-Grad-Blick auf und in die Lieferkette, inklusive der Ergebnisse aufwendiger Qualitätstests. Diese Daten sind an jedes Produkt gekoppelt, das die Lieferkette durchläuft. So können Lücken und potenziell fehlerhafte Produkte zu jedem Zeitpunkt identifiziert und von Aufsichtsbehörden und Unternehmen behoben werden. Die dadurch geschaffene Marktstabilität ist gleichzeitig die Bedingung für einen sicheren Markt. Denn indem Engpässen vorgebeugt ist und eine zuverlässige Versorgung besteht, wird dem illegalen Markt der Nährboden entzogen. Dadurch wissen Verbraucher, dass die Produkte aus lizenzierten Verkaufsquellen vertrauenswürdig und sicher sind.

Das System verhindert, dass legale und hochwertige Produkte die Lieferkette verlassen und stellt gleichzeitig sicher, dass illegale Produkte nicht auf den legalen Markt gelangen. So wird der Schwarzmarkt wirksam bekämpft. Deshalb hat sich auch in den Lieferketten anderer Konsumgüterbranchen, die sich aktiv von gefälschten oder schädlichen Produkten abgrenzen, die Nachverfolgung mit Track-and-Trace etabliert; so zum Beispiel in der Pharma- und Tabakindustrie.

Jetzt hat die Cannabisindustrie in Deutschland die einmalige Chance aus dieser Erfahrung zu lernen, Track-and-Trace bereits von Anfang an zu implementieren und von Anfang an Risiken zu minimieren. Dabei profitieren am Ende alle Beteiligten durch niedrigere Kosten und größere Effizienz innerhalb der Branche.

Track-and-Trace kann als Bindeglied zwischen Regulierern und der Industrie fungieren: Am effektivsten ist das System, wenn es direkt von den Regulierungsbehörden als Standard etabliert wird. Indem alle Marktteilnehmer zur Nutzung verpflichtet sind, entstehen durch die Erfassung detaillierter Betriebsdaten über Nachfrage, Produktion und Vertrieb umfassende Datenbanken. Eine Auswertung dieser Daten kommt allen Marktteilnehmern zugute, da sie aufzeigt, wie Effizienz gesteigert und Kosten eingespart werden können. Auch für Regulierungsbehörden ist der Zugang zu diesen Daten von entscheidender Bedeutung: Auf deren Basis können sie regulatorische Verbesserungen ausmachen und umsetzen.

Zuletzt zeigte die US-E-Zigarettenkrise im Jahr 2019 deutlich, welchen Unterschied etablierte Tracke-and-Trace Systeme in der Praxis machen können: Damals verdichteten sich Hinweise, dass fehlerhafte und unsichere CBD-, Tabak- und Cannabisprodukte für E-Zigaretten im Umlauf waren. Nur durch das etablierte Track-and-Trace System konnten die Aufsichtsbehörden die fehlerhaften Produkte punktgenau identifizieren und aus den Regalen nehmen lassen. So ist es gelungen nicht nur die Verbraucher, sondern auch beteiligte Unternehmen vor noch schlimmeren Folgen zu schützen.

Neben Geldstrafen, Imageschäden oder der zwangsweisen Vernichtung von Lagerbeständen droht Unternehmen in den USA bei Compliance-Verstößen der vollständige Verlust der Geschäftslizenz. Track-and-Trace verringert derartige Risiken und die damit verbundenen Kosten und Gefahren erheblich, indem datenbasiertes Vertrauen zwischen den verschiedenen Akteuren im Markt entsteht.

Gerade vor dem Hintergrund der geplanten Cannabislegalisierung in Deutschland wird es zunehmend wichtiger, darüber zu sprechen, wie eine erfolgreiche Regulierung aussehen kann. Dabei gilt es nicht nur die Verbraucher zu schützen, sondern gleichzeitig einen funktionierenden Markt zu schaffen, der den Schwarzmarkt auf lange Frist verdrängt.

Best Practices aus etablierten Märkten sind Leuchttürme für Deutschland und zeigen wie Track-and-Trace zu weniger Risiken, geringeren Kosten und reduzierten Ressourcen beiträgt: Vorteile, die weit über die Einhaltung der Vorschriften hinausgehen. Denn während mit den Systemen gleichzeitig Effizienz gewonnen und die Bürokratie abgebaut wird, wird auch der illegale Markt wirksam bekämpft. Dadurch erhalten die Verbraucher am Ende ein zuverlässiges, hochwertiges, sicheres und reines Produkt.

Deshalb sind für den aufstrebenden Cannabismarkt Unternehmen wichtig, die in konstruktiven Vorschlägen den Verbraucherschutz mit einer funktionierenden Marktdynamik vereinen. Schließlich ist Regulierung vor allem dann erfolgreich, wenn Behörden und Industrie im Interesse der öffentlichen Gesundheit, der Marktstabilität und des Verbraucherschutzes für alle zusammenarbeiten.

Über den Lewis Koski

Lewis Koski ist COO von Metrc LLC. Als ehemaliger Leiter der Colorado Marijuana Enforcement Division kennt er die Herausforderungen, welche mit der Legalisierung von Cannabis einhergehen. Gemeinsam mit Metrc entwickelte er als Vertreter der Behörden von Colorado das weltweit erste Cannabis Track- und Trace-System. 2019 wechselte er auf Unternehmensseite und stärkt seitdem die Vereinbarkeit der Interessen der öffentlichen Gesundheit und mit den operativen Bedürfnissen der Cannabis-Industrie.

Metrc ist der führende Anbieter von datenbasierter Nachverfolgungssoftware zur effektiven Regulierung von legalen Cannabismärkten. Als tragende, digitale Infrastruktur überwacht das Unternehmen von der Saat über die Ernte bis zur Verkaufsstelle die gesamte Cannabis-Lieferkette – lückenlos, sicher und nachhaltig. Mehr als 300.000 Kunden vertrauen heute in 22 US-Bundestaaten und -distrikten auf unsere patentierte Track & Trace-Technologie. Auch in Deutschland könnten Behörden und Unternehmen gleichermaßen von der modernen Datenerhebung in Echtzeit profitieren.

Disclaimer: Gastbeiträge müssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln. Dieser Beitrag erschien zunächst in englischer Sprache bei Forbes.

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