Positionspaper der Cannabis-Social-Clubs

... zur aktuellen Legalisierungsvorhaben (CannG-Leak)

by Redaktion

Was halten bereits aktive Cannabis-Vereine vom geleakten Cannabis-Gesetz? In einem gemeinsamen Positionspapier beziehen die potenziellen zukünftigen nicht-kommerziellen Produzenten Stellung. Das Wichtigste in Kürze.

Zur Erinnerung: In Säule 1 sieht der Gesetzgeber die Entkriminalisierung von Cannabis für den privaten Eigenbedarf vor. zu hause dürfen Privatpersonen, wenn das Gesetz so in Kraft tritt, bis zu drei Pflanzen anbauen. Zudem sollen Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern für den Bedarf der Mitglieder Cannabis produzieren dürfen. Ein erster Kritikpunkt: So gut die Intention sei, so erschreckend sei die scheinbar überregulierende Ordnungswut aus dem Bundesgesundheitsministerium.

Die Mitglieder*innen und Initiatoren der Anbauvereinigungen vereinen nach eigenen Angaben ein breites Spektrum an Berufen, Biographien und kommen aus allen sozialen Schichten. Die Vereine pflegen Kontakt zu Cannabis-Patient:innen, zu Beratungsstellen, Politik und zu Konsument:innen. Erklärtes gemeinsames Ziel der Vereine: zu verhindern, dass Säule 1 vom Gesetzgeber ungewollt als “Prohibition Light 2.0” wirke. Dazu sei es notwendig, den Gesetzesentwurf (Bearbeitungsstand 28.04.23) in einigen Punkten an die allgemeinen Erkenntnisse und die Lebenswirklichkeit anzupassen. Eine Zusammenfassung der Änderungsvorschläge der aktiven Cannabis-Vereine:

Position 1
Komplikationen für eingetragene Vorständen des e.Vs. [ §10 ]

Personen mit ausschließlich konsumnahen Vorstrafen mit Cannabisbezug über das fortan erlaubte Maß hinaus, psychischen Erkrankungen oder auch nur einem „missbräuchlichem Konsum von berauschenden Mitteln“ können laut geleaktem Entwurf von Tätigkeiten im geschäftsführenden Vorstand oder einer sonstigen vertretungsberechtigten Position ausgeschlossen werden. Kritikpunkt: Diese Form von Diskriminierung habe nichts im Wesen des Vereinsrechts zu suchen.

Barrierefreie Abgabe

Durch das derzeitige Verbot von Liefer- oder Stellvertretungsmöglichkeiten bei der Abgabe durch CSCs, würden Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen von einer Versorgung durch Cannabis Clubs ausgeschlossen. Der „Zwang“ zum Eigenanbau sei je nach Beeinträchtigungsgrad schlicht nicht zumutbar und ebenso wenig legal auf Dritte übertragbar.

Position 2
Bundesweite Regelung [ §11 Abs.3 ]

Die Einbeziehung der Landesbehörden zur Feinregelung des Bundesgesetzrahmens berge die Gefahr eines uneinheitlichen Vorgehens im gesamten Bundesgebiet. Konservative Bundesländer hätten bereits Widerstand gegen die Gesetzesinitiative angekündigt. Daher werde die Umsetzung in diesen Ländern bereits jetzt gefährdet. Die Vereine fordern eine unabhängige und demokratisch legitimierte Kontrollstelle, um die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen der Landesbehörden zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die CSCs nicht zum Spielball föderaler Dynamiken werden.

Räumliche Anforderungen an Konsum und Clubstandorte

Die vorgeschlagenen räumlichen Anforderungen für den Konsum und die Standorte von Cannabis Clubs werden kritisiert. Das Verbot von Konsum in einem “Bannkreis” von 250 Metern um Orte, die von Kindern und Jugendlichen besucht werden, sowie das Verbot von CSCs in Fußgängerzonen würden zu unpraktikablen Einschränkungen führen. Die Forderung: Abstandsregelungen zu verringern, den Sichtbarkeitsgrundsatz zu berücksichtigen und den Fokus auf erkennbare Kinder und Jugendliche zu legen, während die Identifizierbarkeit von Clubs von außen beschränkt werden solle, um die Vorbildwirkung des Konsums zu reduzieren.

Position 3
Doppeltes Damoklesschwert [ § 11 Abs. 5 und §23 Abs. 2 ]

Die Regelung zur Lizenzverlängerung für Cannabis Clubs durch Gesetzesevaluation und regelmäßige Überprüfung kritisieren die Cannabis Clubs “als unverhältnismäßige Planungsunsicherheit”, da nachträgliche Genehmigungshindernisse zur Schließung von Clubs führen könnten. Dies widerspreche den Standards an Investitions- und Rechtssicherheit und erschwere langfristige Planungen.

Position 4
Keine medizinischen Standards für Privatvereine [ §13 ]

Um Schimmel und Verunreinigungen zu vermeiden, werde ein Anbaurat einer Anbaugemeinschaft eine sorgfältige Prüfung durchführen. Weitere Analytiken zur Qualitätssicherung sollten in Anlehnung an andere Genusslebensmittel aus dem Pflanzenbau in einem angemessenen Verhältnis stehen, um unnötig hohe Betriebs- und Abgabekosten zu vermeiden und attraktive Qualitätsstandards zu etablieren.

Risikoarme Konsumformen fördern

Der vorliegende Entwurf verbietet den Verkauf von Edibles und lösungsmittelbasierten Extraktionen und begrenzt die monatliche und tägliche Menge auf 50 Gramm bzw. 25 Gramm. Die Absicht des Gesetzgebers sei es, den Konsum zu reduzieren, illegale Weitergabe unattraktiv zu machen und potenzielle Cannabisintoxikationen zu verhindern. Es werde darauf hingewiesen, dass selbst hergestellte Speisen unberechenbare Wirkstoffkonzentrationen aufweisen können und es besser sei, kontrollierbare Produkte von Clubs zu erwerben, die Kompetenzen in diesem Bereich aufbauen sollten.

Geeignete und angemessene Mengenbeschränkung

Weiterhin erscheinen 50 Gramm pro Monat im ersten Moment tatsächlich viel. Gerade wenn sie mit Tabak vermengt z.B. im Joint geraucht werden, würden sie ein deutlich größeres Gesundheitsrisiko darstellen als im Vergleich zu risikoärmeren Konsumformen wie purem Rauchen, Essen, Dabben oder Vaporisieren. Diese würden aber mehr Material verbrauchen, das vermutlich weiterhin aus illegalen Quellen hinzugekauft werden muss, wenn der Anbau im eigenen
Zuhause nicht nach diesen Standards gewährleistet werden könne.

“Wir beobachten vor diesem Hintergrund eine Gruppe unter den Interessierten an unseren Cannabis-Clubs, die sich mit dem Wunsch nach Mengen zwischen 80 und 150 Gramm im Monat von anderen (bis zu 50 Gramm) deutlich absetzen. Besonders diese Menschen sollten aus dem Schwarzmarkt herausgeholt werden. Abschließend erkennen wir keine geeignete Schutzmaßnahme darin, Abgaben auf 25 Gramm pro Tag zu begrenzen”, heißt es im Positionspapier.

Position 5
Übergangsregelung für Sortenzulassung [ §14 ]

Es wird gefordert, dass die Cannabis Clubs eine Übergangszulassung oder eine große Auswahl an 200-300 Sorten erhalten, um den Betrieb zeitnah und planbar zu starten. Zudem sollten Patent- und Markenrechte die Rückgewinnung von Saatgut oder Stecklingen nicht einschränken dürfen.

Sorten für Heranwachsende von 18-21

Es fehle eine rechtssichere Kategorisierung von Sorten, die für die Abgabe an 18-21-Jährige in Cannabis Social Clubs geeignet seien. Der Vorschlag der Clubs: “eine Empfehlungsliste von Sorten für Heranwachsende zu erstellen, die Ausnahmen zulässt, beispielsweise durch die Kontrollstelle der Landesbehörden.”

Position 6
Datenschutz-freundliche Vereinstätigkeit [ §16 und §27 Abs. 5 ]

Um den Datenverlust zu minimieren, sollten Datenerhebungen auf ein Minimum beschränkt werden. Eine pseudonymisierte Digitalisierung sollte Standard sein, um den Datenschutz zu gewährleisten und den Jugendschutz zu gewährleisten. Der aktuelle Wortlaut erfordere jedoch unnötig detaillierte und langfristige Speicherung personenbezogener Daten, was die Cybersicherheit der CSCs gefährde und das Vertrauen der Konsument*innen schwäche. Es bestehe auch die Sorge vor potenzieller Diskriminierung von ausländischen und obdachlosen Personen aufgrund der Begrenzung der Mitgliedschaft auf Personen, die “im Bereich des Grundgesetzes gemeldet” seien, und es werde vorgeschlagen, dies zu überprüfen, um solche Auswirkungen auszuschließen.

Übertritte und Gastmitgliedschaften zwischen Cannabis Clubs

Im Gesetzesentwurf seien klare Fristen für Austritte und Eintritte festgelegt. Kritik: “Allerdings möchten wir darauf hinweisen, dass die meisten Menschen ihren Wohnort frei wählen und Nebenwohnsitze haben können.” Es sollte daher eine Option für Clubs geben, den kurzfristigen Wechsel zu einem anderen Club oder Verband zu ermöglichen, beispielsweise bei einem Umzug oder einem längeren Aufenthalt am Nebenwohnsitz, um die nächste erlaubte Abgabe rechtzeitig zu gewährleisten.

Position 7
Freier Europäischer Markt [ §18 und §19 ]

Saatgut werde europaweit gehandelt, daher sollten auch Stecklinge für ausländische Hanffreunde zugänglich sein. Ein genereller Ausschluss sei nicht mit dem Europäischen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar. Das Mindesthaltbarkeitsdatum sollte in Abstimmung mit der Kontrollstelle festgelegt werden.

Position 8
Fragwürdige Limitation des Vereinszweckes [ §20 schließt §2 Abs. 10 aus ]

Die Fachkompetenz und Ausbildung in den CSCs sollte für einen konstruktiven Austausch mit Behörden und Instituten genutzt werden, um den Erfolg der Gesetzesziele zu fördern. Kooperationen und Präventionsarbeit durch die CSCs würden den ausschließlichen Zweck des Anbaus und der Abgabe aus schließen, was die Abschnitte §2 Abs. 10 und §2 in Frage stelle. Eine finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln und die Minimierung der Abhängigkeit von Startkapitalgebern seien ebenfalls wünschenswert, um eine gesunde und nachhaltige Cannabiskultur aufzubauen. Das Gesetz solle die Gemeinnützigkeit und steuerliche Absetzbarkeit der CSC-Beiträge berücksichtigen, wenn es bereits in das wirtschaftliche Gebaren der Cannabis Clubs eingreife.

Position 9
Variable Limitierung der Mitgliederzahl [ §21 Abs. 1 ]

“Wir fordern eine variable Mitgliederbegrenzung in Absprache mit den Landesämtern und den individuellen Kräften der örtlichen Cannabis Social Clubs”, heißt es im Positionspapier. Zusätzlich können Länder die Anzahl der Cannabis Clubs auf 1/10000 Einwohner begrenzen, was einer legalen Versorgung von maximal 5% der Bevölkerung entspreche, was jedoch deutlich unter den Schätzungen des Konsumentenanteils in der deutschen Bevölkerung liege und somit viele Personen von der Nutzung des legalen Marktes ausschließe.

Verbringung von Cannabiserzeugnissen

Bei Beibehaltung der ortsbasierten Bannkreisregelung sei zu erwarten, dass in einigen Städten und Gemeinden keine geeigneten Immobilien gefunden werden können, die sowohl den Anbau als auch die Abgaberäumlichkeiten gemeinsam ermöglichen. Es sollten praktikable Möglichkeiten geschaffen werden, um Erzeugnisse aus der Produktion in die Abgabestellen zu bringen und eine Überregulierung durch Landesbehörden zu verhindern. Ein Abbau der Bürokratie und bundesweit einheitliche Regelungen würden hierbei befürwortet.

Position 10
Die Schwächsten schützen / Versorgungssicherheit gewährleisten

“Als CSCs verstehen wir die Sorgen und Nöte von Cannabis-Patient:innen und solidarisieren uns mit ihnen. Sollten die vorgeschlagenen Veränderungen der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung den Zugang zu Blütenarznei erschweren, distanzieren wir uns ausdrücklich von diesem Vorhaben.”

 

Folgende CSCs haben das Positionspapier unterzeichnet:

CSC Baden-Württemberg i.G., CSC Weimar i.G., CSC Lübeck i.G., Cannabis e.V. Duisburg, CSC Greenflakez Bedburg i.G., CSC Greenflakez Hürth i.G., CSC Leipzig i.G.,CCC Leipzig i.G., CSC Bad Wildungen i.G., Werderhigh CSC Bremen i.G., Red Lion CSC Gießen i.G., CSC Baltic Weedcoast i.G., CSC BietWeed Pforzheim/Enzkreis i.G., Wartburg City CSC i.G., CSC Gera i.G., CSC Krefeld/Niederrhein i.G., CSC Suhl/Zella-Mehlis i.G., CSC Nordhausen i.G., CSC Münsterland i.G., CSC Erfurt i.G., CSC Nürnberg e.V., Weedboyzz CSC i.G., CSC Kiel i.G., CSC München i.G., CSC Pirna .iG., CSC Schwerin i.G., CSC Düsseldorf i.G., CSC Ratisbona i.G., CSC Gelsenkirchen i.G., CSC Karlsruhe i.G., CSC Bochum i.G., CSC Frankenwald i.G., CSC Biberach
i.G., CSC Darmstadt i.G., Wubatz CSC Wuppertal. i.G., CSC Bavaria i.G. und CSC Stuttgart e.V

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