Jakob Sons: der Mann für das Cannabis-Recht

by Moritz Förster

Cansativa wächst binnen drei Jahren wie ein Startups, agiert zugleich als familiengeführtes Pharmaunternehmen. Der Mann für alle rechtlichen Fragen: Jakob Sons. In unserem Steckbrief verrät der Mitgründer, wieso die Kostenübernahme zu einem Grundrauschen geführt hat und warum Augenmaß für die europäische Cannabisindustrie wichtiger ist als Glücksrittertum. Jakobs großer Wunsch: Produktinnovation und Qualität statt aufgeblähte Unternehmen angetrieben von kurzfristigen Renditeerwartungen um jeden Preis.

krautinvest.de: Wann hast Du zum ersten Mal gedacht: “Mensch, ich muss in der legalen Cannabisindustrie aktiv werden!”? Was hat dich veranlasst, voll und ganz in die Cannabis-Industrie einzusteigen?

Jakob Sons: Die Idee entstand nach einer Befassung mit dem Thema Anfang 2017. Ich erstellte – noch in meinem angestammten Beruf – ein Rechtsgutachten über eine Fragestellung im Zusammenhang mit der im März 2017 verabschiedeten Gesetzesänderung, die Cannabis als Medizin in einer größeren Breite verordnungs- und erstattungsfähig gemacht hat. Ich habe schnell großes Interesse für diesen regulierten Markt entwickelt – anfangs sicherlich aus juristischer Neugier für ein noch junges System. Mit diesem ersten Eindruck sprach ich meinen Bruder Benedikt und unseren Vater an. Beide waren sofort Feuer und Flamme, wobei jeder von uns drei Gründern einen eigenen Blick auf das Vorhaben hatte. Während mich vor allem zahlreiche juristische Fragestellung herausforderten, sah mein Bruder als Wirtschaftsingenieur einen gänzlich neue Industrie im Aufbruch. Unser Vater war neugierig, was die möglichen neuen therapeutischen Möglichkeiten betraf. Im Endeffekt ausschlaggebend war sicherlich der klare Willen, gemeinsam als Familie ein Unternehmen zu gründen. Bereits als Schüler und Studenten waren Benedikt und ich stets überzeugt, künftig ein gemeinsames Unternehmen aufbauen zu wollen. Die Cannabisindustrie ist schließlich ein Feld, in welches wir unsere persönlichen Talente und fachlichen Fähigkeiten zielgerichtet einstzen konnten.

krautinvest.de: Rückblickend auf die vergangenen Jahre in der Industrie: Was sind bisher für dich persönlich deine Highlights?

Jakob Sons: Mein beruflicher Höhepunkt ist übergreifend die sehr kreative und selbstbestimmte Arbeit in einem hochmotiviertem und fähigem Team. Zu sehen, wie individuelle Fähigkeiten synergetisch zusammenwirken und ein Potential entfalten, welches nicht die Summe, sondern das Produkt einzelner Leistungen abbildet, ist eine beeindruckende Beobachtung. Daneben gibt es natürlich auch unternehmerische Meilensteine wie die Errichtung und Zertifizierung zweier GMP/GDP-Standorte, den Ausbau und den Betrieb eines großen Betäubungsmittellagers, die Anerkennung unseres Engagements durch regionale und internationale Initiativen, den stetigen Ausbau unseres Produktportfolios sowie den Gewinn der Ausschreibung für die Cannabisdistribution im Auftrag der Cannabisagentur.

krautinvest.de: Und was sind Deiner Meinung nach die wichtigsten bisherigen Entwicklungen und Ereignisse in der Cannabis-Industrie der letzten fünf Jahre?

Jakob Sons: In meinen Augen war ein wesentliches Ereignis die Hinwendung des deutschen Gesetzgebers zu einer relativ breiten Verordnungs- und Erstattungsfähigkeit von Medizinalcannabis im März 2017. Die mögliche Kostenübernahme ist ein ganz erheblicher Innovations- und Marktbeschleuniger und erzeugt ein Grundrauschen in der deutschen Industrie. Daneben zeigt die Marktdynamik in den USA und Kanada und in vielen weiteren Staaten, dass diese Industrie Investitionsinteresse und -förderung anzieht. Auch wenn wir schon und noch in einer globalen Konsolidierungsphase sind, so eröffnen sich mit der Neubewertung der Cannabispflanze Marktchancen für zahlreiche Industriezweige weltweit. Auch wenn die globale Branche nach dem vermeintlichen Raketenstart der ersten Jahre den Höhenflug ein wenig im Kurs nach unten korrigiert hat, bleibt unbestritten, dass Cannabis in vielen Bereichen, von Pharma über Konsumgüter bis zur Textil- und Bauindustrie neue Potentiale entfaltet.

krautinvest.de: Zwischen internationalen Märkten und Schattenwirtschaft: Woran entscheidet sich Deiner Meinung nach, ob die europäische Cannabis-Industrie durchstartet?

Ich denke, es ist wichtig, dass die europäische Cannabis-Industrie professionell und mit Augenmaß agiert und sich nicht zu stark von – kurzfristigen – Investorenerwartungen und Glücksrittertum treiben lässt. Da wir in Europa im Wesentlichen einen pharmazeutischen Markt adressieren, sind Entwicklungs- und Vermarktungsphasen länger als in anderen Sektoren. Auch ist Cannabis nicht in allen Jurisdiktionen klar regulatorischen verortet. All dies führt dazu, dass Marktprojektionen, insbesondere aus den USA und Kanada, nicht eins-zu-eins auf den europäischen Markt übertragen werden können. Teilweise sieht man doch sehr hanebüchene Marktabschätzungen, die vermutlich nur eintreffen könnten, wenn kurzfristig eine europaweite Legalisierung ohne jeden Preiskampf der Anbieter eintreten würde – beides ist sehr unwahrscheinlich. Redet man den Markt zu früh größer als er eigentlich ist, blähen sich global und national agierende Unternehmen in ihrer Organisationsstruktur ebenfalls zu sehr auf. Das Marktgeschehen wird dann nicht mehr dominiert von Produktinnovation, Qualität, Patienten- und Therapiefokus, sondern von einer bloß kapitalmarkt- bzw. investorengerichteten und kurzfristigen Renditeerwartung um jeden Preis – ein enormes Risiko für insbesondere die Produktsicherheit und -qualität. Wird der Markt – gleich ob Pharma, Supplements oder Food – indes mit minderwertigen oder nicht klar normierten und kontrollierten Produkten geflutet, erschafft die Industrie sich selbst das Risiko von negativen Verbraucher- bzw. Patientenerfahrungen. In einem Markt, der politisch von allen Seiten ohnehin sehr streng beäugt wird, kann dies fatal sein. Jeder Skandal ist Wasser auf den Mühlen der Cannabis-Gegner.

krautinvest.de: Wie kann die Industrie dazu beitragen, dass Wachstum anhält und Cannabis sich als nachhaltige Wirtschaft etabliert?

Die vorgegangene Antwort gilt auch für diese Frage. Die Industrie muss in ihrem jeweiligen Zweig den richtigen Ansatz finden. Für unsere Branche heißt es: Beobachtung, Evidenz, Produktsicherheit, Qualität und Service. Nur wenn wir patienten- und therapie- und behandlerzentriert sind, lassen sich differenzierte Produkt- und Dienstleistungsangebote entwickeln. Überstürzte Aktionen und hastige Produkteinführungen mit der Brechstange mögen möglicherweise nette Meilensteine in einem Pitch-Deck sein, entpflichten aber nicht davon, langfristige Strategien zu entwickeln und zu verfolgen.

krautinvest.de: Wer sind für Dich die drei Personen, denen die europäische Cannabis-Industrie in den vergangenen fünf Jahren am meisten zu verdanken hat?

Jakob Sons: Ich halte nichts von einem Personenkult. Die Cannabisindustrie lebt zweifelsohne von mutigen Unternehmern und Visionären. Wesentliche Triebfedern sind jedoch die Patienten, die um ihr Recht auf Versorgung kämpfen, Ärzte, die sich auf neue Therapiekonzepte einlassen und Apotheker, die ihren Versorgungauftrag ernst nehmen.

krautinvest.de: Was sind Deine unternehmerischen Ziele in Sachen Cannabis in den nächsten drei Jahren?

Wir wollen Cansativa zu einer holistischen europäischen Plattform für Medizinalcannabis ausbauen und als einheitlicher Ansprechpartner quelloffen und unabhängig alle Marktbedürfnisse erfüllen.

krautinvest.de: Welcher Markt/ welches Thema ist in Sachen Cannabis Deiner Meinung nach aktuell am spannendsten? Warum?

Die Entwicklung industrieeinheitlicher Qualitätsstandards über die Mindestanforderung von EU-GMP hinaus sowie die Diskussionen um die richtigen europäische Rahmenbedingungen für eine sektorübergreifende Regulierung von Cannabis in sämtlichen Präsentationsformen.

krautinvest.de: Welches Buch legst Du allen Cannabis-Unternehmern als Pflichtlektüre ans Herz?

Als Jurist befasst man sich mit viel rechtlicher Fachliteratur – das wird schnell trocken für Außenstehende. Kontemporäre sogenannte “Unternehmer-Literatur” spricht mich wenig an. Auf meinem Nachttisch liegen derzeit Panikherz von Benjamin von Stuckrad-Barre, Aphorismen von Johannes Gross und die Biografie Papst Johannes Paul II. Ein Dauerbrenner bei mir ist daneben Dürrenmatt.

krautinvest.de: Beschreibe Dich in drei Adjektiven, die dich am besten charakterisieren:

Neugierig, loyal, ausgeglichen

Über Jakob Sons

Jakob Sons ist Mitgründer, Geschäftsführer und General Counsel von Cansativa in Deutschland. Er studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg und Würzburg und begann seine berufliche Laufbahn als Anwalt für Gesellschafts- und Handelsrecht in internationalen Anwaltskanzleien mit Sitz in Frankfurt am Main. Jakob ist Doktorand an der Universität Marburg mit den Schwerpunkten Arzneimittelrecht und nationaler wie internationaler Regulierung von Cannabis als pharmazeutisches Produkt. Jakob leitet das Rechts- und Regulierungsteam bei Cansativa und hat unter anderem die GMP/GDP-Zertifizierung von zwei deutschen Standorten des Unternehmens geleitet und den Erstimport von Produktmustern aus Lateinamerika und Australien vorbereitet.

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