Industrie: Cannabis-Studien-Übersicht

Grünhorn, Tilray, Welfra life Solution

by Redaktion

Einige Unternehmen betreiben aktuell Studien um die medizinische Wirkungsweise und Anwendung von Cannabis und Cannabinoiden zu erforschen und zu belegen. Die Grünhorn Academy, die Aufklärungsplattform von Grünhorn, führt eine mehrteilige Studie über Cannabis als Medizin durch. Tilray führt unter anderem die “Tilray Observational Patient Study” durch und betont im Rahmen der Deutschen Schmerz-und Palliartivtag die Probleme der aktuellen Studienlage. Auch die Welfra life Solution veröffentlicht ihre ersten Studien-Ergebnisse  des Cannabis Consumer Tracker.

Studien die im Rahmen der Industrie entstehen,  treiben die internationale Forschung voran. Wissenschaft und Wirtschaft stehen in einer Wechselwikrung und doch müssen einige der Studien mit Vorsicht betrachtet werden- weil sie  Interessen der jeweiligen Unternehmen spiegeln.

Grünhorn

Nach eigenen Angaben führt die Grünhorn Academy, die Aufklärungs- und Weiterbildungsplattform von Grünhorn, eine mehrteilige Studie über Cannabis als Medizin durch. An der Studie beteiligten sich nach eigenen Angaben über 3.000 Patient*innen. In ihrem ersten Teil sollten demnach die Befragten angeben, für welches Beschwerde – respektive Krankheitsbild ihnen Cannabis verschrieben worden sei, wann sie ihre Cannabistherapie begonnen hätten, welche Symptome dadurch behandelt werden, wie viele Blütensorten respektive Kapseln oder Extrakte sie inzwischen versucht hätten und in welcher Form sie Cannabis bevorzugt einnehmen würden.

Cannabis gegen schmerzverursachte Schlafstörung

Laut dieser Studie von Grünhorn, bei der im ersten Teil 3.090 Cannabispatient*innen befragt wurden, sei es hilfreich, wenn Cannabis bei durch Schmerzen verursachten Schlafstörungen eingesetzt werden . Demnach sei für fast die Hälfte (41 %) der Befragten Schmerzen der Hauptgrund für eine Cannabismedikation. Für weitere 20 Prozent gingen Schmerzen mit einem zweiten Beschwerdebild wie zum Beispiel depressiven Verstimmungen einher. Daneben wäre beinahe einem Viertel (23 %) Cannabis aufgrund von psychischen Erkrankungen verschrieben worden und etwa jede respektive jeder Zehnte (11 %) hätte neurologische Erkrankungen angegeben.

Im Gros seien Schlafstörungen das am häufigsten behandelte Symptom (70 %). Aber auch allgemeine Schmerzen (58 %), Stress und Anspannung (51 %), innere Unruhe (50 %) sowie Kopfschmerzen und Migräne (36 %) gehören zu den häufigsten Angaben. „Befragte lindern mit Cannabis die Schmerzspitzen schnell und effektiv. Cannabis wird dabei immer dann eingesetzt, wenn die Schulmedizin an ihre Grenzen stößt oder die Ergebnisse durch traditionelle Medikation nicht den nötigen Erfolg versprechen. Die Studie zeigt daher sehr deutlich, dass eine ganzheitliche Cannabistherapie eine echte Option ist“, erklärt Dr. Nadine Herwig, Leiterin der Grünhorn Academy.

Cannabispatient*innen seit durchschnittlich zwei Jahren in Therapie

Durchschnittlich seien in Deutschland Cannabispatientinnen und -patienten seit zwei Jahren in Therapie. Über die Hälfte der Befragten habe dabei mehr als fünf Blütensorten, Extrakte oder Kapseln ausprobiert, wie eine Studie von Grünhorn zeige, bei der im ersten Teil 3.090 Cannabispatientinnen und -patienten befragt worden seien.

So hätten in Summe 61 Prozent der Studienteilnehmenden angegeben, dass sie sich seit einem bis über fünf Jahren in einer Cannabistherapie befänden. Daraus hätten 64 Prozent vor einem bis zwei Jahren und 25 Prozent vor drei bis fünf Jahren ihre Therapie begonnen. 11 Prozent hätten indes angegeben, seit mehr als fünf Jahren Cannabis gegen ihre Beschwerdebilder einzunehmen. Dabei habe sich herausgestellt, dass 54 Prozent der Befragten bereits über 5 Blütensorten respektive Kapseln oder Extrakte versucht hätten.

„Das sei nicht weiter verwunderlich. In der klassischen Schulmedizin könnten Ärzte bei der Medikation auf konkretes Wissen zugreifen. Im Gegensatz dazu herrsche ein großer Aufklärungsbedarf durch die Vielfalt der Blüten und deren unterschiedliche Terpene. Patientinnen und Patienten müssten oftmals die richtige Sorte erst durch Ausprobieren herausfinden. Interessanter sei, dass die Studie eindeutig zeige, dass trotz der aktuellen Diskussion rund um die Legalisierung, eine Cannabistherapie keine Modeerscheinung sei. Gerade einmal 0,4 Prozent der Befragten gäben an, dass sie ihre Cannabistherapie vor weniger als einem Monat begonnen hätten“, erklärte Dr. Nadine Herwig, Leiterin der Grünhorn Academy.

Tilray

Deutscher Schmerz-und Palliartivtag

Tilray resümiert über den Deutschen Schmerz- und Palliartivtag: Die Referentin Angelika Hilker und Prof. Dr. Roman Rolke geben auf dem diesjährigen Deutschen Schmerz- und Palliativtag einen Ausblick zu erweiterten evidenzbasierten Ansätzen in Bezug auf die therapeutische Wirkung von Cannabinoiden in der Schmerz und Palliativmedizin. Ein besonderer Fokus liege dabei auf den Bedingungen bei der Durchführung von Studien mit hohem Evidenzniveau.

Demnach werden basierend auf systematischen Reviews (SR) mit quantitativer Analyse (Metaanalysen) von Randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) mögliche Indikationen sowie die Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabinoiden in der Schmerz- und Palliativmedizin identifiziert und untersucht.

Hauptproblem der Studien

Allerdings bestehe das Hauptproblem darin, dass sich die Studien in Populationsgröße, Charakteristika, verabreichten Cannabinoiden, Dosierung, THC- und CBD-Verhältnis, Darreichungsform, Behandlungsdauer und primären Endpunkten stark unterscheiden.

Hilker betont, dass es wichtig sei, künftig nicht nur einzelne Parameter wie die Schmerzreduktion allein, sondern auch schmerzassoziierte Symptome wie Depressionen, Stress, Schlafstörungen, Angstzustände und die generelle Lebensqualität zu betrachten, um ganzheitliche Interventionen zu bewerten.

Ein zirkuläres Modell könne demzufolge einen Lösungsansatz zur methodischen, ganzheitlichen Bewertung von Cannabis-basierten Arzneimitteln bieten, um einen umfangreichen Erkenntnisgewinn zu erlangen und klinische Innovationen voranzutreiben.

Tilray Observational Patient Study : Cannabinoide in der Schmerztherapie

Die großangelegte “Tilray Observational Patient Study” mit 1100 Patient*innen zeige, dass sich durch den Einsatz von Cannabis-basierten Arzneimitteln die Lebensqualität der Patient*innen signifikant verbessert habe. Zudem sei die Anzahl und Dosierung von Begleitmedikamenten wie Nicht-Opioide, Antidepressiva und Benzodiazepine deutlich reduziert worden. Insbesondere die Opioid-Dosis innerhalb der Schmerztherapie sei um 78% signifikant reduziert – und teilweise sogar ganz beendet.

Die Referentin Angelika Hilker betont, dass sowohl die Canadian Pain Society, die EFIC (European Pain Federation) sowie die Deutsche Schmerzgesellschaft Cannabis-basierte Arzneimittel als Behandlungsoption der 3. Linie für chronisch neuropathische Schmerzen empfehlen.

Cannabinoide in der Palliativversorgung?

Prof. Dr. Roman Rolke betont, dass bislang keine qualitativ hochwertige Evidenz für die Verwendung von Cannabis und Cannabinoide in der Palliativversorgung vorliege.

Zudem beschreibt er das zentrale Problem der Studienlage: Der derzeitige Anspruch im Bereich evidenzbasierter Medizin ziele auf Placebo-kontrollierte RCTs. Das Problem: Im Rahmen der Placebo-Wirkung werden exogene gegen endogene Cannabinoide getestet. Jedoch könne nachgewiesen werden, dass der CB1-R-Antagonist Rimonabant bei einer nicht-opioiden Präkonditionierung die Placebo-Antwort hemme. Es seien weitere Studien notwendig, die auch die „Qualitiy of Life“ berücksichtige.

Dies sei laut Prof. Dr. Rolke in Anbetracht der besonderen Bedingungen innerhalb der Palliativmedizin jedoch schwer zu erreichen. So eignen sich Skalen zur Schmerzintensität beispielsweise nur begrenzt dafür, die positiven Effekte von CAMs zu erfassen. Außerdem erziele Cannabinoide bei mehreren Symptomen gleichzeitig positive Effekte. Aufgrund dessen sei es unerlässlich, Erkenntnisgewinne und langjährige Praxiserfahrungen auch künftig zugänglich zu machen, so Prof. Dr. Rolke. Damit solle in Zukunft auch palliativmedizinisch mehr Patient*innen von den vielversprechenden Behandlungsoptionen mit medizinischem Cannabis profitieren können.

Cannabis Consumer Tracker liefert erste Studien-Ergebnisse

Eigenen Angaben zufolge generieren Wefra Life und Facit Research Insights zu medizinischem Cannabis in Deutschland.

Ausgangsfragestellung sei wie es um die Akzeptanz und den Wissensstand zu Cannabis im Land stehe, wie informieren sich Anwender*innen und wo finden Unternehmen ihre Zielgruppen?

Nun liegen die Ergebnisse der ersten Befragungswelle mit 1.000 Teilnehmenden im Zeitraum Februar und März 2023 vor.

Die Ergebnisse in Kürze: So werde ein Drittel der Personen in Deutschland– und damit laut Consumer Tracker die Hälfte der gesamten potenziellen Konsument*innen –Cannabis zu rein medizinischen Zwecken verwenden. CBD-Öl zeige die höchsten Bekanntheitswerte, allerdings kenne jede*r Dritte über 40 Jahre keines der abgefragten Cannabis-Extrakte. Fast die Hälfte der potenziellen Nutzer*innen von medizinischem Cannabis fühle sich über die möglichen Anwendungsgebiete nicht ausreichend informiert. Ein Drittel der Älteren und Cannabis-Befürwortenden sowie über ein Viertel der potenziellen Anwendenden medizinischen Cannabis‘ wünsche sich technologische Unterstützung für eine evidenzbasierte Therapieempfehlung. „Eine gezielte Ansprache und transparente Aufklärung kann die Akzeptanz der therapeutischen Anwendung weiter erhöhen und in die breite Masse bringen”, stelle Niklas Kurz, Geschäftsführer und COO der Wefra Life Gruppe heraus.

Weitere Details zur Studie stellen Wefra Life und Facit Research am 24. Mai 2023 auf der CannabisCon der dfv Conference Group in Frankfurt vor.

Mehr zum Thema

Leave a Comment