Aurora importiert erstmalig medizinisches Cannabis aus Dänemark

by Moritz Förster

Aurora führt als erstes Unternehmen medizinisches Cannabis aus Dänemark ein, um deutsche Patienten zu versorgen. Der kanadische Cannabis-Konzern bezeichnet den Schritt als „Startschuss zur innereuropäischen Versorgung des wachsenden Medizinal-Cannabis-Marktes aus der eigenen Produktionsanlage in Odense“. Alleine 10.000 Kilogramm medizinisches Cannabis kann Aurora nach eigenen Angaben jährlich in Dänemark produzieren. Anfang 2018 war Aurora dafür ein Joint-Venture mit dem dänischen Unternehmen Pedersen & Søn – eigentlich spezialisiert auf Tomaten – eingegangen. Knapp drei Jahre später sind nun alle regulatorischen Hürden überwunden. Mitte 2020 hatte Aurora das gesamte Unterfangen komplett übernommen. Der Export aus Dänemark gen Deutschland kann nun also starten – und perspektivisch in elf weitere europäische Länder. Wann mit eigenen deutschen Produkten zu rechnen ist, wollte Aurora nicht näher angeben. Anfang 2021 sollen die dänischen Produkte in deutschen Apotheken erhältlich und am Namenszusatz „DNK“ erkenntlich sein.

Axel Gille, Präsident Aurora Europe, im Interview über den Anbau in Dänemark, lokale Produkte für Patienten und eine Konsolidierung des Marktes.

krautinvest.de: Hallo Axel, ihr baut sowohl in Dänemark als auch in Deutschland medizinisches Cannabis an. Aus regulatorischer Sicht: Was haben beide Länder gemeinsam, worin unterscheiden sie sich?

Axel Gille: Der Anbau von Medizinal-Cannabis ist streng reguliert. In Dänemark ermöglicht das dänische Pilotprogramm seit 2018 Unternehmen vor Ort sowohl für den dänischen Markt als auch für den Export zu produzieren. In Deutschland ist Aurora eines von drei Unternehmen, die nach einem Vergabeverfahren des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Medizinal-Cannabis in Deutschland anbauen dürfen. Die Produktion dafür befindet sich noch in der Fertigstellung. Alle Produktionsstätten, die Produkte für europäische Märkte herstellen, die Medizinal-Cannabis legalisiert haben, müssen europäischen Normen und Standards entsprechen – den sogenannten GACP und GMP Standards. Eine Zertifizierung für gute Herstellungspraxis, „EU GMP“ genannt, von der zuständigen Überwachungs-behörde muss vorhanden sein. Stand November 2020 erhalten dänische und deutsche Patienten importierte und keine lokal produzierten Produkte in der Apotheke, etwa aus Kanada oder Portugal. Dies wird sich zeitnah ändern.

krautinvest.de: Könnt ihr näheres zu eurer Produktionsstätte in Dänemark verraten – um was für eine Anlage handelt es sich, wie groß ist sie, über wie viel Kapazitäten verfügt ihr dort?

Axel Gille: Mit mehr als 9.200 Quadratmeter Anbaufläche und einer momentan maximalen Kapazität von rund 10.000 Kilogramm hochwertigem medizinischen Cannabis pro Jahr ist Aurora Nordic die erste und größte Produktionsstätte von Aurora in Europa und gut gerüstet, um den wachsenden europäischen Markt zu bedienen. Aurora Nordic hat die EU GMP Zertifizierung von der dänischen Arzneimittelbehörde erhalten. Dieser entscheidende Schritt ermöglicht es Aurora, EU GMP-zertifizierte medizinische Cannabisprodukte aus Dänemark gemäß den landesspezifischen Regeln und Vorschriften für diese Arzneimittel herzustellen und in andere europäische Märkte zu exportieren.

krautinvest.de: Wie aufwendig war der regulatorische Prozess, Cannabis aus Dänemark nach Deutschland zu importieren?

Axel Gille: Aurora Nordic erreichte im dritten Quartal des Jahres den wichtigsten Meilenstein: die EU GMP-Zertifizierung der Produktionsstätte in Odense auf der Insel Fünen. Wie bei jedem anderen Medizinal-Cannabis Produkt, dass in Deutschland neu auf den Markt gebracht werden soll, musste zunächst die BtM-Erlaubnis um die betreffenden Produkte erweitert und eine Zulassung gemäß AMRadV beantragt werden. Erst dann konnte die Importerlaubnis in Deutschland beantragt werden, die benötigt wird, um die Exporterlaubnis in Dänemark zu erhalten. Nach Erhalt aller Lizenzen stand dem Export nichts mehr im Wege.

Aurora importiert erstmalig medizinisches Cannabis aus Dänemark Aurora importiert erstmalig medizinisches Cannabis aus Dänemark

krautinvest.de: Perspektivisch wollt ihr die Versorgung europäischer Patienten durch eine europäische Produktion gewährleisten. Was sind die Vorteile im Vergleich zu Importen aus Kanada?

Axel Gille: Wie Anfang des Jahres kommuniziert, strebt Aurora eine sukzessive Verlagerung der Herstellung von Kanada nach Europa an. Die Vorteile liegen auf der Hand: verkürzte Zeitpläne und dadurch verbesserte Flexibilität und kürzere Wege einhergehend mit einem verbesserten Carbon Footprint und einer noch zuverlässigeren Lieferfähigkeit.

krautinvest.de: Strebt ihr in weiteren europäischen Ländern an, eigene Produktionsstätten zu errichten? Wenn ja, in welchen?

Axel Gille: Mit Importen aus Kanada und Produkten aus Dänemark, decken wir den aktuellen und den für die nächsten Jahre prognostizierten Bedarf Europas ab.

krautinvest.de: Und welche europäischen Länder stehen für die nahe Zukunft auf eurem Zettel, wenn es um die Versorgung von Patienten mit medizinischem Cannabis geht?

Axel Gille: Medizinal-Cannabis Medikamente als getrocknete Blüten und, oder Vollextrakte können in zwölf Ländern legal verschrieben werden, von denen wir den Großteil beliefern. Für Patienten und Ärzte ist es sehr wichtig, für die sichere Behandlung und ein gleichbleibendes Ergebnis verlässliche Produkte in höchster und gleichbleibender Qualität zu verwenden. Aurora- und Pedanios-Medikamente beinhalten immer die gleiche Cultivare und Spezifikation. Weiterhin sehen wir Chancen in einem wachsenden Vollextrakt-Markt und bauen zuerst in Deutschland, gefolgt von weiteren europäischen Märkten, dieses Angebot aus. Aktuell bieten wir ein Hoch-THC-Vollextrakt und ein balanciertes Cannabisblüten-Vollextrakt an, welche ebenfalls aus immer den gleichen Cultivaren hergestellt werden. Weitere sind geplant.

krautinvest.de: Die neue Preisverordnung übt seit April hierzulande Druck auf die Margen entlang der gesamten Wertschöpfungskette aus. Zugleich hat der Wettbewerb zugenommen, immer mehr White-Label-Anbieter vertreiben die gleichen Blüten unter anderen Marken. Die Preise für EU GMP zertifizierte Cannabisblüten sinken. Wie beurteilt ihr den aktuellen Wettbewerb in Deutschland?

Axel Gille: Wir verstehen uns als Partner für Patienten und sind bemüht die Patientenversorgung sicher zu stellen. Es hat sich schon eine Weile abgezeichnet, dass die vielen Neugründungen und große Anzahl von Anbietern nicht dauerhaft von Bestand sein würden. Wir erwarten, beschleunigt durch die angepasste Preisverordnung, eine Konsolidierung des Marktes.

Bildmaterial: Portrait Dr. Axel Gille sowie anbei: Aufzucht der Stecklinge in Steinwollequadern Aurora Nordic Pflanzraum Bildunterschrift: Aurora Nordic © Aurora Deutschland GmbH

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