EU-Kommission gibt Hanfblätter-Tee grünes Licht – der Faktencheck

Nachgefragt

by Moritz Förster

Laut einer Pressemitteilung von Hempro International hat die EU Hanfblätter explizit als traditionelles Lebensmittel in den Novel-Food-Katalog aufgenommen und damit für die Vermarktung in Europa zugelassen. Wir haben bei der Europäischen Kommission nachgefragt. Ist dem wirklich so? Der Faktencheck.

Eine Sprecherin der Kommission relativiert uns gegenüber: Dies sei “teilweise richtig”. Ein historischer Konsum in der EU sei nur für den Wasseraufguss von Hanfblättern (ohne die blühenden und fruchttragenden Spitzen), die als solche oder als Teil von Kräutertees konsumiert würden, nachgewiesen worden. Das Fazit der Kommission: “Diese Verwendung(en) ist (sind) daher nicht neu.” Für den Wasseraufguss von Hanfblättern dürften nur Sorten von Cannabis sativa L. verwendet werden, die im Gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten der EU aufgeführt seien (als Hanf bezeichnet).

Einige Mitgliedstaaten wie Österreich, Deutschland, die Tschechische Republik und die Slowakei hätten dabei angegeben, dass es Beweise für den Konsum von Wasseraufguss aus Hanfblättern (sprich: Hanftee) vor dem 15. Mai 1997 gebe.

Wenn die Hanfblätter in der EU erzeugt werden, müssen sie aus Hanfsamen stammen, die gemäß der Richtlinie 2002/53/EG über den gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten als EU-Sorte eingetragen und somit in den gemeinsamen Sortenkatalog aufgenommen werden müssen und die geltenden EU-Saatgutvorschriften (Richtlinien 2002/57/EG über den Verkehr mit Öl- und Faserpflanzen) einhalten. Eingeführte Hanfblätter fallen nicht unter die EU-Saatgutvorschriften, so dass es keine Sortenanforderungen gibt.

Vorsicht bei THC!

Wie im Katalog neuartiger Lebensmittel angegeben, der rechtlich nicht bindend sei und als Orientierung dafür diene, ob ein Lebensmittel neuartig sei oder nicht, gebe es EU-Höchstgehalte an Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC)-Äquivalenten in Hanfsamen und aus Samen gewonnenen Lebensmitteln. Die Gehalte an Delta-9-Tetrahydrocannabinol-Äquivalenten seien jedoch für aus Hanfblättern gewonnene Kräutertees noch nicht festgelegt worden, bis Daten über das Vorkommen ausgewertet seien. Da THC als psychotrope Substanz gelte, die im UN-Übereinkommen über psychotrope Stoffe aufgeführt sei, könne “das Vorhandensein von THC in Kräutertees das Produkt nicht als Lebensmittel qualifizieren”, bis dieses Cannabinoid als Kontaminante in Hanfblättern für Aufgüsse gemäß der Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln geregelt sei.

Die Kommissionssprecherin verweist auf das EFSA Gutachen von 2015 mit einer Referenzdosis (ARfD) von 1 μg/kg Körpergewicht für Delta-9-Tetrahydrocannabinol. Daher könne jede Menge in Kräutertees, die zu einer höheren Exposition führen könnte, ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Seien sich die Lebensmittelunternehmer nach Prüfung aller verfügbaren Informationen immer noch unsicher, ob ein Lebensmittel neuartig sei, müssen sie sich an die zuständigen Behörden des EU-Landes wenden, in dem sie das Lebensmittel zuerst in Verkehr bringen wollen.

Nationale Alleingänge?

Auf die Frage, ob EU-Mitgliedstaaten die Herstellung und den Verkauf von Hanf-Teeblättern durch ihre eigenen nationalen Gesetze verhindern dürfen, ließ die Kommission eine eher ausweichende Antwort zustellen:

Die Verordnung enthält Bestimmungen für die Mitgliedstaaten, wie sie vorläufige Schutzmaßnahmen ergreifen können, wenn das Lebensmittel ein ernstes Risiko für die menschliche Gesundheit darstellt. Auch der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union enthält Bestimmungen über das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten.

Dass dabei nur auf Sorten im EU-Sortenkatalog verwiesen wird, scheint eher pragmatische Gründe zu haben. Schließlich liege dies daran, dass der THC-Höchstgehalt in der Pflanze bis zu 0,3 % THC betrage und es in der EU keine Höchstwerte für THC als Kontaminante in Hanfblättern gebe. Anders als bei Hanfblättern habe es übrigens bei Hanfsamen keinen Zweifel gegeben, dass diese nicht als neuartiges Lebensmittel zu betrachten seien. Zudem sei bei Hanfblättern erst nach “ausführlichen Diskussionen und Konsultationen” klar gewesen, dass diese nicht “unter das UN-Übereinkommen über Suchtstoffe fallen”, sofern sie von Sorten mit weniger als 0,3 Prozent THC stammen.

Im Rahmen der Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission sollen auch Höchstwerte für den THC-Gehalt in Hanfblättern, die zum Aufguss verwendet werden, festgelegt werden, und sobald dies geschehen ist, werden Hanfblätter zum Aufguss nicht anders behandelt als Hanfsamen.

Disclaimer: Redaktioneller Inhalt, keine Rechtsberatung.

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