Die Geduldsprobe

Was taugt das Eckpunktepapier?

by Moritz Förster

Am 24. November 2021 hatte die Ampelregierung ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Ein Satz versetzte eine ganze Branche in Euphorie: “Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein.“ Dann Funkstille. Ein Monat nach dem anderen zieht dahin. Bis zum 26. Oktober 2022. An diesem Tag präsentiert Karl Lauterbach das Eckpunktepapier Nummer 1. Durch einen Interpretationsansatz will die Ampel-Regierung Cannabis als Genussmittel konform mit Europa- und Völkerrecht flächendeckend und bundesweit legalisieren. All-In lautet das Motto. In den folgenden Wochen beginnt das große Rätselraten: Das geht. Das geht nicht. Das geht. Das geht nicht. Jetzt wissen wir. Es geht nicht ganz so wie ursprünglich gedacht. Zumindest traut sich die Ampel nicht mehr, ihren eigentlichen Plan bis zum Ende durchzuziehen, höchst wahrscheinlich bis zu einer finalen Entscheidung durch den EuGH. Die neuen Eckpunkte, vorgestellt am 12. April 2023 von Karl Lauterbach und Cem Özdemir sind der Plan B. Eigenanbau und Cannabis-Clubs in Säule eins, regionale Modellprojekte mit Opt-In-Ansatz in Säule zwei. Etwas kleiner als eigentlich angedacht, aber größer als in Malta und Luxemburg.

Ein Gesetzesentwurf liegt aber noch immer noch nicht vor. Für Säule eins soll dieser noch im April kommen, für Säule zwei im Sommer. Verabschiedet werden müssen jeweils beide durch den Bundestag. Den Entwurf für Säule zwei muss die Europäische Kommission notifizieren und der Bundesrat diesen verabschieden. Und während die ersten Cannabis-Vereine zügig gegründet werden könnten, da die Messlatte zumindest in den Eckpunkten nicht zu hoch liegt, wird sich der Start der für die Industrie viel spannenderen Säule zwei weiter hinziehen. Nicht nur aufgrund des langwierigen Policy-Prozesses, sondern auch aufgrund praktischer Fragen: Das Studiendesign muss entwickelt, die Datenspeicherung und Erhebung im Vorfeld geklärt werden. Klar ist: Gestaltet der Gesetzgeber die administrativen Auflagen als zu kompliziert, erhält er keine Erkenntnisse, wie sich die Pilotprojekte auf den illegalen Markt auswirken. Ist das Studiendesign zu Larifari, könnte es nicht mehr als “wissenschaftlich” durchgehen. Ein schmaler Grat. Wie der nun vorliegende Plan B der Ampel für die Industrie zu beurteilen ist, hängt schlussendlich von vielen Details ab, die im Gesetz zu regeln sind. Bis dahin heißt es einmal mehr: Geduld, bitte!

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