Die 67. Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen in Wien (UN CND) – ein Rückblick

by Gastautor

Ein rückblickender Gastbeitrag von Maren Krings, Buchautorin

Die letzten Wochen waren geprägt von ausführlichen Gesprächen, Anrufen und Gruppenauswertungen der Geschehnisse der 67. Suchtstoffkommission bei den Vereinten Nationen der Wochen. Bei jedem Austausch wurden mir die Auswirkung meiner ersten Teilnahme an der 66. UN CND, als auch der diesjährigen bewusster. Die  Einladung meiner Sender-Organisation, Fields of Green For All aus Südafrika, war ein entscheidender Moment, der mir die Möglichkeit bot, mit einer diversen und äußerst sachkundigen Gruppe von Cannabis-Aktivisten in Kontakt zu kommen. Diese Gruppe, bestehend aus Ärzten, Regierungsberatern, Patienten, Kriegsveteranen, Sozialwissenschaftlern, Forschern und vielen anderen, bildet ein Kollektiv für Fachwissen und leidenschaftlichen Austausch, um Einfluss zu nehmen, wie die Zivilgesellschaft auf die Gestaltung der Drogenpolitik und des Diskurses dazu angenommen wird.

Nach meiner ersten Teilnahme wurde ich eingeladen, der “International Coalition of Drug Policy Reform & Environmental Justice” beizutreten und habe eine unterstützende Rolle innerhalb meiner entsendenden Organisation, Fields of Green For All angenommen.

So blieb ich nicht nur in Kontakt, sondern es ermöglichte mir auch viel über das Innenleben der Vereinten Nationen zu lernen. Die ersten Früchte dieses Eintauchens zeigten sich dieses Jahr, als ich mich leichter in der UN-Landschaft zurecht fand. Es ist ein Ökosystem, welches sich durch seine unverfälschte Authentizität auszeichnet und in dem es keine unüberwindbaren, hierarchischen Strukturen gibt. Während die UNO strenge Protokolle vorschreibt, die zulässige Handlungen, Reden und Sitzordnungen vorschreiben, fördert ihre Umgebung unerwartete Begegnungen, die sich der traditionellen Machtdynamik widersetzen.

Erlauben Sie mir, diesen Gedanken mit einer Anekdote zu illustrieren: Innerhalb von einer Stunde und fünfzehn Minuten wurde ich Zeuge einer Abfolge von Ereignissen, die für die einzigartige Atmosphäre der UNO bezeichnend sind. Ich saß nur wenige Meter vom ehemaligen Präsidenten Südafrikas, KGALEMA MOTLANTHE, entfernt, als Obrfrau von Fields of Green For All, Myrtle Clarke auf der Nebenveranstaltung, die nur auf Einladung stattfand, sich um Unterstützung für die lobenswerten politischen Initiativen ihrer NRO zur Förderung der südafrikanischen Cannabis-/Dagga-Bauern bemühte und mit Erfolg, wenn man einem Handschlag Glauben schenken darf! Kurz darauf kreuzte sich unser Weg zur Raucherecke mit dem von Antony Blinken, dem US-Außenminister, der gerade aus seiner Rede vor der Generalversammlung heraus kam.

Es geht mir nicht darum, diese Begegnungen zu schildern, sondern darum, den integrativen Charakter der UNO hervorzuheben, in der Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammenkommen, um Ideen auszutauschen um politische Initiativen voranzutreiben. Die Nähe zu einflussreichen Persönlichkeiten erleichtert den direkten und dringenden Dialog – eine deutliche Abkehr von den bürokratischen Hürden, die eine effektive und mit Taten verbundene Kommunikation oft behindern. Im Wesentlichen sind es diese Zugänglichkeit und das gemeinsame Engagement für den Fortschritt, die das Wesen der UN-Erfahrung ausmachen. Dennoch vollzieht sich der Wandel nach wie vor sehr langsam, obwohl wir dieses Jahr einige neue Entwicklungen zu sehen bekamen. Zum ersten Mal seit 1946 wurde der Wiener Konsens gebrochen. Wie der Experte Kenzi Riboulet-Zemouli es ausdrückte: “… es ist eine große Veränderung, aber es ist zu beachten, dass sie den Konsens gebrochen haben, indem sie mit fast 99% dafür und null dagegen gestimmt haben, mit nur drei Enthaltungen … also ist er irgendwie halb gebrochen (der Wiener Konsens) … Wichtig ist, dass sie sich seit 1946 immer einig waren, jetzt sind sie sich irgendwie immer noch einig, aber sie sind bereit, sich zu widersprechen.”

Die Beiträge der Zivilgesellschaft in Form von Ausstellungen, Infotischen und Nebenveranstaltungen spielen eine wichtige Rolle bei der dringend benötigten Aufklärung über die tatsächliche Situation vor Ort für indigene Gemeinschaften, Bauern und diejenigen, deren Stimmen nicht direkt in den UN-Raum getragen werden können. In diesem Jahr wurden unter anderem die traditionellen Praktiken der indigenen Völker und der Schutz gefährdeter Arten wie Psilocybin-Pilze oder traditioneller Pflanzen wie Koka und Cannabis stärker in den Blickpunkt gerückt.

Wenn ich über meine Erfahrungen in diesem Jahr nachdenke, ist es offensichtlich, dass der Schwerpunkt auf der alternativen Entwicklung liegt. In meinen Koalitions-Gruppen sind wir uns jedoch einig, dass in diesem Bereich weitere Fortschritte erforderlich sind. Initiativen wie der Ersatz von Koka durch Kaffee mögen auf den ersten Blick wie eine Lösung erscheinen, aber sie stehen nicht im Einklang mit den Grundsätzen der Selbstverwaltung und der Achtung unserer indigenen Brüder und Schwestern und gehen auch nicht auf die tatsächlichen Schäden ein, die durch das Verbot von Pflanzen verursacht werden. Die Deklaration von traditionelle Pflanzen zu illegalen Substanzen, dient nur dazu, Schattenwirtschaften und Schwarzmärkte aufrechtzuerhalten, die Kriminalität, die Umweltzerstörung und die weitere Ausbeutung natürlicher Ressourcen zu fördern und damit die Klimakrise anzuheizen.

Es ist ein Privileg, Kämpfern wie Farid GHEHIOUECHE, Kenzi Riboulet-Zemouli, Myrtle Clarke und Michael Krawitz bei der Arbeit über die Schulter zu schauen, denn diese Personen setzen sich seit Jahrzehnten unermüdlich für politische Veränderungen bei der UNO ein, und ihr Engagement ist wirklich inspirierend und für Neulinge unerlässlich, um sich zurechtzufinden.

Seit geraumer Zeit hegte diese Gruppe eine Idee, die man leicht als Wunschdenken abtun könnte. Doch am Sonntag, dem 17. März, wurde diese Idee mit der ersten Generalversammlung der Cannabis-Botschaft als unabhängiger Staat sui generis ad’hoc ohne Territorium (ähnlich wie der Malteserorden) zur Wirklichkeit.

Dieser historische Moment war so tiefgreifend, dass es etwas dauern wird, bis seine Bedeutung vollständig erfassbar wird. Er markierte die Etablierung eines Staates, der an die Zeit vor einem Jahrhundert anknüpft, bevor Menschen begannen die Cnnabis Pflanze zu verbieten, was schließlich die globale Prohibition einleitete. Dieses Verbot beansprucht nach wie vor beträchtliche Ressourcen innerhalb der UNO und macht eine Anpassung an die sich ändernden Zeiten erforderlich. Es erinnert uns an unsere Verantwortung, natürliche Systeme nicht zu kriminalisieren und vor allem uns Menschen nicht über die Natur zu stellen.

Es bleibt auf viele weitere Jahre des Wachstums in diesem Bereich zu hoffen und auf die Bildung von Partnerschaften mit noch mehr zivilgesellschaftlich engagierten Personen aus verschiedenen Regionen und mit unterschiedlichem Hintergrund. Gemeinsam können wir darauf hinsteuern, die Kluft zwischen sozialer und klimatischer Ungerechtigkeit zu überbrücken und der Verwirklichung von Gerechtigkeit für alle bei gleichzeitiger Achtung der wertvollen Ökosysteme unseres Planeten näher zu kommen.

1 comment

Rachele April 22, 2024 - 4:06 pm

What a beautiful article and what beautiful words Maren, thank you so much for what you do

Reply

Leave a Comment