#CannaBiz – die News im November – #70

by Redaktion

Es wird sehnsüchtig auf ein Go aus Brüssel gewartet. Bis dahin gehen die Diskussionen um die Legalisierung in die nächste Runde: Mögliche Hürden, weshalb die Pläne der Ampel-Regierung scheitern könnten. Lauterbach gerät unter Druck. Der erfolgreiche Börsengang von Cantourage sorgt ebenfalls für Schlagzeilen. Weitere wichtige Themen: Der Erste Senat am Bundessozialgericht hat den Anspruch auf Kostenübernahme von Cannabis-Produkten abgelehnt. Und es stellt sich die Frage: Sind die Klimaziele und die Legalisierung miteinander vereinbar?

#CannaWirtschaft

Börsennotierte Produzenten werden als Profiteure der Legalisierung gehandelt. Doch ob sich ein Investment tatsächlich lohne, darüber sprechen Philipp Frohn und Georg Buschmann in dieser Episode des BörsenWoche-Podcasts.

Das deutsche Cannabis-Start-up Cantourage verkündet, an die Frankfurter Börse zu gehen, berichtet das Handelsblatt Ende Oktober. Cantourage wolle sich im November im Einstiegssegment Scale am Frankfurter Aktienmarkt listen lassen (die Listung folgte wie angekündigt). Die Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe organisiere den Börsengang.  Dann das erfolgreiche Börsendebut (165 Prozent Kursplus am ersten Handelstag): Die Aktie des Cannabis-Anbieters sei im Tagesverlauf zwischenzeitlich dreimal so viel wert wie am Morgen. (Handelsblatt). Der erste Kurs habe am Morgen bei 6,48 Euro gelegen. Am späten Vormittag habe er sich mit 15 Euro mehr als verdoppelt. Zuletzt (Tag 1) seien knapp 17 Euro bezahlt worden (Handelsblatt). Über das fulminante Börsendebüt berichtet auch die Süddeutsche in einem Videobericht von Reuters. Zunächst gehe es um Hanf in der Medizin. Aber das Unternehmen hoffe, dass Deutschland den allgemeinen Konsum legalisiere (FAZ).

Laut Süddeutsche könne sich Bauern durch die Freigabe von Cannabis durch die Bundesregierung ein neues Geschäftsfeld eröffnen. Viele Landwirte erwarten, dass dann auch die strengen Vorgaben für den Anbau von Nutzhanf gelockert werden.

Einer der weltweit bekanntesten und erfolgreichsten Cannabis-Manager steige bei der Münchener Firma Synbiotic ein. Auslöser für das Investment von Bruce Linton seien die Legalisierungspläne in Deutschland (Manager Magazin).

David Henn (Cannamedical Pharma) im Podcast Wirtschaft Köln unplugged. Er schätze den Umsatz mit medizinischen Cannabis-Produkten auf bis zu 200 Millionen Euro in Deutschland und den Anteil seiner Firma auf gut 20 Prozent. Dabei habe sich das Unternehmen vorsichtig in dem hochgradig regulierten Cannabis-Sektor vortasten müssen und um das Vertrauen von Apothekern zu erwerben.

Der Cannabis-Unternehmer Niklas Kouparanis spricht über eine mögliche Zukunft für den deutschen Kiffertraum (Stern). Der Gesetzesentwurf habe einige gefährliche Lücken – unter anderem müssten Importe und der Online-Handel möglich sein (WiWo).

#CannaMedizin

Die Cannabinoide THC und CBD könnten ein enormes medizinisches Potenzial haben, das erst teilweise erforscht und verstanden sei. Aber sie hätten auch Risiken (Süddeutsche). Wie wirke sich Cannabis auf die psychische Gesundheit aus? In Portugal werde der Konsum seit Jahrzehnten nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Der Psychiater Manuel Gonçalves-Pinho habe die Folgen untersucht (Zeit).

Das Bundessozialgericht in Kassel wolle morgen über mehrere grundsätzliche Fragen zur Abgabe von medizinischem Cannabis auf Rezept entscheiden. Im März 2017 seien in Deutschland die gesetzliche Re­ge­lung geschaffen worden, wonach Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen bei fehlenden Therapiealternativen Cannabis auf Rezept als Kassenleistung erhalten sollen (Ärzteblatt). Die Krankenkassen dürften Cannabis zur Behandlung von chronisch Kranken nur genehmigen , wenn der behandelnde Arzt hierfür eine besonders sorgfältige und umfassende Einschätzung abgegeben habe (FAZ).

Das Traditionsunternehmen Fette Pharma kooperiere exklusiv in Deutschland mit Cannbit und führe ab Dezember 2022 RE:CANNIS, medizinisches Cannabis aus Israel, auf dem deutschen Markt ein (Apotheke Adhoc).

#CannaPolitik

LTO berichtet über die Ver­wir­rung um Ver­hand­lungen mit der EU. Am Montag (14.11.22) verkünde Karl Lauterbach den Start der Verhandlungen zur Cannabis-Legalisierung mit der EU, am Mittwoch (16.11.22) reagiere Brüssel. Eine europarechtliche Prüfung sei von Deutschland formal noch nicht angestoßen worden. Lauterbach (SPD)  wolle die Pläne für eine kontrollierte Legalisierung von Cannabis mit einem Gutachten absichern. In vertraulichen Gesprächen mit der EU-Kommission zeige sich, dass „sehr gute Argumente“ benötigt würden, um sie vom eingeschlagenen Weg zu überzeugen, sage der SPD-Politiker am 29.11.22 in Berlin ( Handelsblatt; FAZ; RND; Apotheke Adhoc). Bei „Markus Lanz“ sehe sich Lauterbach wegen der geplanten Cannabis-Freigabe mit einem harten Vorwurf konfrontiert. Dennoch verteidige er das Vorhaben vehement ( Merkur).

Zunächst hieß es noch: Lauterbach wolle auf Brüssel warten, bevor er an einem Gesetzesentwurf zur Cannabis-Legalisierung arbeite. Damit sei nicht nur seine eigene Fraktion überhaupt nicht einverstanden (Paywall/ SWP ). Die SPD, Grünen und FDP forderten Lauterbach auf, unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulegen ( LTO ). Lauterbach gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis Ende des ersten Quartals kommenden Jahren fertig sein könnte. Wenn alles gut laufe, könne der Entwurf dann in der zweiten Jahreshälfte dem Bundestag vorliegen (WZ). Der Spiegel berichtet, dass viele Beteilige, vom Bauern in Brandenburg bis börsennotierten Unternehmen um Termine bei Lauterbach bitten (paywall/ Spiegel). Vonseiten der Polizei gebe es noch offene Fragen bezüglich des Straßenverkehrs, schreibt der Merkur.

Der stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, Ates Gürpinar, werfe der Bundesregierung Verschleppung bei der Drogenpolitik vor. Die Linke fordere die Legalisierung harter Drogen (Tagesschau). Die Grünen zeigen sich offen für die „Entkriminalisierung sofort“ (LTO).

Unklar bleibe, ob Lauterbachs Vorschläge zur Legalisierung mit Völker- und Europarecht vereinbar seien. Warum die Legalisierung scheitern könne: Die Hürden der Legalisierung (FAZ; ZDF, Tagespost). Das Bundesgesundheitsministerium gebe sich wortkarg. Das Prestigeprojekt der Ampel-Koalition komme nur schleppend voran (Tagesschau). Besonders harsche Kritik an den Plänen der Bundesregierung komme aus Bayern. Das Konzept sei keine geeignete Grundlage, um den Gefahren durch eine Cannabis-Freigabe zu begegnen, sage der bayerische Gesundheitsminister Holetschek (CSU) (BR). Nach der Kritik von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek an den Ampel-Plänen zur Legalisierung von Cannabis habe der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha für die Legalisierung geworben (Stern; Apotheke Adhoc).

In gräulich-schwarzen Farben werde der Vorstoß zur Legalisierung von vielen gemalt: Zu viele Hindernisse, möglich Einwände der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten seien Einwände. Liberale Politiker, ein Arzt und ein Hanfverbands-Vertreter zeichnen das Vorhaben in wesentlich hellerem Licht (Tagesspiegel Background).  Zehn Fakten zur Legalisierung in Zahlen und Grafiken erstellt der Tagesspiegel. Dabei lauten die Fragen: Wie viel kiffen die Deutschen? Spart die Legalisierung Geld? Wie regulieren andere Länder die Abgabe?

Die Ampel werde nie müde, den Klimaschutz zu betonen. Doch die von ihr geplante Cannabis-Legalisierung laufe diesem Ziel laut Forschern völlig zuwider: Der Anbau hierzulande werde zu einem immensen Energieverbrauch und CO₂-Ausstoß führen– und das Erreichen der Klimaziele gefährden (WELT).

Die Pläne der Bundesregierung zur Cannabis-Legalisierung sorgten für Diskussionsbedarf: Laut einer Umfrage sei der Bezug von Cannabis über Apotheken für zwei Drittel eine Option (Apotheke Adhoc).

Wer jeden oder fast jeden Tag Cannabis konsumiere, darf in der Regel kein Auto fahren. Das gehe aus einem Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Trier hervor. Nach Mitteilung 22.11. habe sich ein Mann gegen den Eifelkreis Bitburg-Prüm wegen der Entziehung seiner Fahrerlaubnis gewandt (Stern ).

#CannaGesellschaft

Fast jeder Elfte habe im vergangenen Jahr gekifft (Paywall/ Tagesspiegel Background).  Cannabis sei weiter die mit Abstand am weitesten verbreitete illegale Substanz in Deutschland. Das gehe aus dem neuen Bericht zum Drogenkonsum in der erwachsenen Allgemeinbevölkerung der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) hervor (Ärzteblatt).

Das Cannabis-Paradoxon: Was die Raucher hinter sich haben, stehe den Kiffern jetzt bevor. Der Grund, weshalb Cannabis verboten sei, hundert Jahre lang, in fast allen Ländern Europas und Nordamerikas, sei nicht der, dass es eine so starke Droge sei; stark dosieren könne man auch legale Gifte. Der Grund sei der, dass es eine fremde Droge sei, illegal eingewandert aus dem Osten, undurchschaut, unverstanden und unberechenbar in ihren Wirkungen (FAZ).

#CannaInternational

Polen habe eines der restriktivsten Gesetze für Drogenbesitz in Europa. Doch seitdem man „medizinisches Cannabis“ legal bekomme, stehen immer mehr gesunde Menschen dafür Schlange. In Deutschland oder in Tschechien gebe es eine Reihe von Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um ein Rezept für Cannabis zu erhalten. In Polen gebe es weder einen Katalog von Krankheiten, noch Altersbeschränkung, Gramm-Grenzen oder eine Fahrbeschränkung (DW).

Die Basler Behörden wollen Cannabis aus Kanada importieren. Der Hanf werde im Rahmen des Versuchs mit einer kontrollierten Cannabis-Abgabe gebraucht. Ursprünglich sollte das Gras im Fricktal angebaut werden. Wegen Pestizid-Rückständen mussten die Behörden aber Alternativen suchen, so der SRF. (Anmerkung: Später klappt die heimische Produktion doch noch).

Die Cannabis-Freigabe in Kalifornien sei ein Flop. Die junge Branche fühle sich vom Staat drangsaliert und ausgenommen. Die Folge: Der Schwarzmarkt blühe (GEO).

In Tschechien seien Hanfprodukte wie Marihuana, Haschisch und Cannabis-Öl seit Jahren in Apotheken erhältlich. Für 2023 plane Prag nun die vollständige Legalisierung. Der Schritt soll mit Berlin abgestimmt werden (DW).

Die Bundesregierung plane die Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch. Die Wirtschaft stehe bereits in den Startlöchern, doch noch sein viele rechtliche und organisatorische Fragen zu klären. Ein Blick in andere Länder verrate, wie Deutschland vorgehen könne (GEO).

Die USA treibe die Marihuana-Legalisierung voran. Doch so einfach, wie es sich viele Kiffer erhofft hätten, werde es nicht.  (Paywall/ Berner Zeitung) Der Konsum von Cannabis solle bald legal sein. In den USA sei der Markt nie in Schwung gekommen, trotzdem kämpfen Firmen nun um das Geschäft in Deutschland. „Wir haben einen ganz, ganz schlechten Markt in Nordamerika. Wenn man sich die USA anschaut, ist das ein absolutes Desaster”, sage Marcus Moser, der Cannabis-Unternehmen und -Anleger berät. Er warne seine vom grünen Gold berauschten Kunden vor Euphorie. “Europa wird zwar mit Sicherheit nicht so wie Amerika werden”, sage er. “Doch sollte Deutschland keinen Alleingang machen, die Legalisierung sollte europaweit abgesprochen sein.” (ZEIT).

Disclaimer: Redaktioneller Beitrag, keine Investmentempfehlung.

Mehr zum Thema

Leave a Comment