Bernhard Babel über Avextras Kapitalrunde: “Biotech Company, die mit Cannabis arbeitet”

by Redaktion

Öffentlich kommunizierten Cannabis-Firmen zuletzt kaum noch eine Kapitalrunde. Nach der Hochzeit während Corona hat sich die Stimmung merklich eingetrübt. Umso beachtlicher die Mitteilung von Avextra: 20 Millionen Euro hat das Unternehmen in Summe eingesammelt, dazu zählt, wie Bernhard Babel krautinvest.de bestätigt, allerdings auch ein Wandeldarlehen aus dem vergangenen Jahr. Dennoch stellt sich die Frage: Wie ist es Avextra gelungen, in zweifelsfrei schwierigen Zeiten, am Kapitalmarkt zu punkten?

krautinvest.de: Bernhard, im letzten Jahr und auch im ersten Quartal 2024 hatten viele Cannabis-Unternehmen Schwierigkeiten, Kapital einzusammeln. Ihr habt nun den Abschluss einer 20-Millionen-Runde verkündet, zu einer Bewertung von 100 Millionen Euro. Was macht ihr anders als viele andere Cannabis-Unternehmen in Deutschland?

Bernhard Babel: Interessanterweise sehen wir uns bei Avextra eher als eine Biotech Company, die mit Cannabis arbeitet. Diese Pflanze kann sehr viel und bei uns steht das erhebliche therapeutische Potenzial im Vordergrund. Was mein Partner Neil Smith und mir gleich in der Gründungsphase aufgefallen ist: Egal wo auf der Welt Cannabis als Medizin erlaubt war, es waren immer die Patient:innen, die sehr mühsam und nur hartnäckig Zugang zu Cannabis von ihren Gesundheitsbehörden erkämpft haben, weil sie einen starken therapeutischen Benefit erlebt haben. Der Bedarf war so offensichtlich vorhanden.

Unser Business ist deswegen anders, weil wir versuchen, diesen ungedeckten Bedarf erstens zu verstehen und zu analysieren und dann mit den bestgeeigneten Cannabis-basierten Arzneimitteln zu adressieren, damit möglichst viele Patient:innen von der Cannabispflanze profitieren können.

Wir haben ein Team zusammengestellt mit einem einmaligen Skillset. Uns ist es gelungen, Expertise in der Kultivierung mit Erfahrung in der pharmazeutischen Entwicklung und Herstellung zu verbinden. Und nach so vielen Jahren bei McKinsey und im Banking Sektor, haben Neil und ich viele Sektoren kennengelernt und konnten darauf aufbauend Business-seitig ein solides Fundament bei Avextra installieren.

Wir konnten unseren Stamm an Investoren sukzessive ausbauen und sie bleiben uns bis heute treu. Mittlerweile haben wir einen optimalen Mix an institutionellen Anteilseignern, Health Care und ausgezeichnet vernetzten HNWI, deren ungebrochenes Vertrauen – gerade in dieser volatilen Zeit – freut uns sehr.

krautinvest.de: Im März letzten Jahres hattet ihr zunächst Wandeldarlehen in Höhe von 17 Millionen Euro aufgenommen. Der Abschluss der aktuellen 20-Millionen-Runde beinhaltet bereits das damals aufgenommene Kapital?

Bernhard Babel: Ja, die letzte Runde beinhaltet auch Wandeldarlehen. Diese sind mittlerweile alle in Aktien getauscht. Diese Mittel investieren wir schwerpunktmäßig in Forschung und Arzneimittelentwicklung. Eine weitere signifikante Finanzierung ist für 2025 geplant.

krautinvest.de: Wenn ihr die Kapitalmarktsituation von heute mit der Anfang 2023 vergleicht – was hat sich verändert?

Bernhard Babel: Wir hören immer wieder, dass das derzeitige Marktumfeld schwierig ist. Durch unseren Fokus auf Arzneimittelentwicklung sprechen wir sicherlich eine andere Zielgruppe von Investoren an, eher Healthcare oder Biotech-Investoren. Da spüren wir ein starkes und sogar im Vergleich zu 2023 gesteigertes Interesse.

krautinvest.de: Ihr werdet das Kapital vor allem in klinische Studien stecken. Aber: Bei Blüten ist es schwierig, diese zu patentieren und das investierte Kapital zu monetarisieren. Bis dato warten wir in der Cannabis-Industrie auch noch auf die großen Durchbrüche im Hinblick auf klinische Studien. Seid Epidiolex und Sativex hat sich wenig getan. Was gibt euch Hoffnung, dass sich eure Investitionen rentieren?

Bernhard Babel: Wir fokussieren uns auf die Entwicklung von Extrakten und extrakt-basierten Produkte. Hier haben wir eine einmalige Situation, in der wir bereits vor einem langwierigen Zulassungsweg schon Real-World Evidenz sammeln können. Das macht klinische Studien deutlich weniger riskant. Wir arbeiten sehr eng zusammen mit Ärzt:innen, mit Apotheken und Fachgesellschaften, die viel Erfahrung in der Cannabistherapie gesammelt haben und tauschen uns über zielgerichtete Therapieansätze in spezifischen Indikationen aus. Dieses Wissen und diese Erfahrungen sind so wertvoll für die Arzneimittelentwicklung und können in das Design von Phase II Studien einfließen.

Uns überrascht ehrlich gesagt, dass nach Epidiolex bzw. Sativex lange Zeit keine neuen signifikanten Entwicklungen kamen. Aber neben uns sind auch andere Unternehmen dran. Cannabis-basierte Arzneimittel werden aber in so vielen Fällen eingesetzt, dass genug Raum da ist für parallele Entwicklungen. Wir kommen uns nicht in die Quere.

Epidiolex hat weltweit mittlerweile einen Umsatz von fast 800 Mio. USD. Das Marktpotenzial ist damit mehr als bewiesen.

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