Anpassung des EU-Rechts für progressivere Cannabis-Regulierung? Marathon, kein Sprint

Bundesregierung noch ganz am Anfang

by Moritz Förster

In der ersten Lesung im Bundestag hatten Vertreter:innen der Bundesregierung wiederholt zwei Dinge versprochen: Die Pilotprojekte noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen – und sich auf europäischer Ebene zu bemühen, die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Wie krautinvest.de auf Anfrage erfahren hat, ist dahingehend allerdings noch nicht viel passiert – und die Chancen auf kurz- und mittelfristigen Erfolg stehen ohnehin schlecht.

Konkret hat das Gesundheitsministerium den Rahmenbeschlussvertrag von 2004 sowie das Schengener Abkommen als Hindernis für eine komplett legalisierte Wertschöpfung für Cannabis als Genussmittel ausgemacht. Wie etwa der Rahmenbeschlussvertrag von 2004 geändert werden kann, ist klar definiert: durch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren. Sprich: Die Kommission unterbreitet einen Vorschlag. Der Rat und das Parlament müssen für diesen votieren. Die Kommission auffordern, diese Initiative zu ergreifen, können wiederum sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament. Im Rat müssten schlussendlich mindestens 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, dafür stimmen. Im Parlament wird eine absolute Mehrheit benötigt. Neu gewählt wird das Parlament im Juni 2024.

Ob die Bundesregierung bereits Schritte unternommen, um beispielsweise im Rat eine Mehrheit zu finden, die die Kommission zur Initiative auffordert? Auf Anfrage von krautinvest.de lässt das Bundesgesundheitsministerium verlauten:

“Die Bundesregierung setzt ihre Bemühungen, insbesondere in den Auslandsvertretungen fort, für das Vorhaben bei den europäischen Partnern zu werben und prüft dabei, inwieweit die Initiative einer ausreichenden Zahl von EU-Mitgliedstaaten möglich sein wird, um mittelfristig den einschlägigen EU-Rechtsrahmen zu flexibilisieren und weiterzuentwickeln.”

Partner, die sich in einem Statement bis dato offiziell an der Seite von Deutschland für eine progressivere Cannabis-Regulierung geworben haben? Malta und Luxemburg. Im September trafen sich erneut Regierungsvertreter:innen dieser drei Länder erneut, diesmal gemeinsam mit den Niederlanden und der Tschechischen Republik in Malta. Auch die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht sowie das International Drug Policy Consortium soll dem Treffen beigewohnt haben. “Mit den Malta Konsultationen wurden die Luxemburg-Gespräche aus dem Vorjahr fortgesetzt und ein Austausch mit den hinsichtlich der Regulierung des Konsums von Cannabis gleichgesinnten Ländern über diplomatische Instrumente des Engagements ermöglicht”, teilt das Büro des Drogenbeauftragten auf Anfrage mit.

Wie realistisch eine wie vom Gesundheitsministerium als “mittelfristig” bezeichnete Anpassung des EU-Rechts ist? Robin Hofmann, Professor für Strafrechtler und Kriminologie an der Universität Maastrich, hat seine Zweifel und würde sich wundern, “wenn sich die Bundesregierung ernsthaft bei der EU um eine Vertragsanpassung bemüht”. Schließlich scheine der Widerstand “ja mittlerweile sogar in den eigenen Reihen groß zu sein”. Ohnehin sei laut Hofmann ein solches Unterfangen eher “ein Marathonlauf als ein Sprint”. Denn: “Die Brüsseler Mühlen mahlen sehr gemächlich vor allem bei einem solch umstrittenen Thema.”

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