Ein besonderer Reiz der Cannabis-Industrie liegt darin, dass die Beteiligten selten vorhersehen können, was wann wie als nächstes passiert. Man erinnert sich noch zu gut an die regulatorische Achterbahnfahrt mit Endstation CanG. Wobei – eigentlich selbst das CanG nur Zwischenstopp auf dem Weg zur Säule zwei sein sollte. Zuletzt hieß es dann, dass Pilotprojekte nicht per Gesetz, sondern per Verordnung im Rahmen des CanGs kommen sollten. Einige Städte hatten den Start bereits für Anfang 2025 verkündet. Ob es nun tatsächlich los geht, steht mehr denn je in den Sternen.
Doch der Reihe nach: Dass Säule zwei per Gesetz noch umgesetzt wird, wie im zweiten Eckpunktepapier skizziert, ist vom Tisch. Da sind sich quasi alle einig. Dass die Pilotprojekte aber per Verordnung im Rahmen des CanGs kommen, hatte unter anderem das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Sommer auf Anfrage versichert. Eine entsprechende Verordnung kursiert bereits seit Frühjahr im Entwurfsstadium. Streitpunkt sei verlässlichen Quellen zufolge die Frage gewesen, wie und aus welchen Mitteln im Haushalt das Personal für die Bearbeitung der Anträge und Betreuung der Projekte in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) stammen sollte.
Ungeachtet dieses Schwebezustandes hatten zunächst Wiesbaden sowie kürzlich Frankfurt und Hannover den Start eigener Pilotprojekte verkündet. Losgehen sollte es teilweise bereits Anfang 2025. Medial sorgten gerade die Ankündigungen von Frankfurt und Hannover mit anvisierter Abgabe in Fachgeschäften für Furore. Nur selten kam dabei zur Sprache, dass die regulatorische Grundlage noch fehlt.
Durch den großen Peng in der Ampel-Koalition herrschen nun aber gewaltige Fragezeichen. Die Uhr tickt schneller denn je, selbst wenn die 2/3-Ampel noch bis März durchhält, steht auch noch die Weihnachtspause an. Und dann bleibt die politische Frage, ob Christian Lindner es Cem Özdemir gönnen würde, im ohnehin kurzen Wahlkampf die Lorbeeren für mögliche Pilotprojekte zu ernten. Letztlich dürften daher die zwei alles entscheidenden Frage lauten: Gelingt es SPD und Grünen durch einen Griff in die Trickkiste noch irgendwie die Mittel für das erforderliche Personal aufzutreiben und die Verordnung zu erlassen? Und haben die Pilotprojekte für beide Parteien jetzt überhaupt noch Priorität?