Die Stimmen, die eine vollständige Cannabis-Legalisierung fordern werden lauter. Aber das Kernproblem bleibt ungelöst: Wie soll diese im bestehenden EU-Recht funktionieren?
Zuletzt hatte der Deutsche Hanfverband (DHV) öffentlich eine „richtige Legalisierung“ gefordert. Bereits die SPD hatte ihr Wahlprogramm auf ihrem Parteitag am 11. Januar nachgebessert: Seitdem spricht sie sich dort für eine „europarechtskonforme Legalisierung“ aus. Im Entwurf der Grünen heißt es: „An dem Ziel des Verkaufs von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften halten wir weiter fest und setzen uns auf europäischer und internationaler Ebene dafür ein.“
Bei all den hehren Zielen bleibt die Frage der Umsetzung ungeklärt. Das erste Eckpunktepapier, in dem die Abgabe in lizenzierten Fachgeschäften vorgesehen war, hatte die Ampel aus Sorge vor einem Bruch mit dem EU-Recht revidiert. Am EU-Recht hat sich allerdings bis dato nichts geändert. Auch René Repasi, Mitglied für die SPD im Europäischen Parlament und Professor für Europarecht, ist der Auffassung, dass „aufgrund des bestehenden EU-Sekundärrechts nicht vollumfänglich legalisiert werden kann“. Das Schengener Abkommen und der Rahmenbeschluss stehen diesem Vorhaben im Wege.
Und auf europäischer Ebene sieht man aktuell wenig Bestrebungen, das EU-Recht dahingehend zu ändern, dass Mitgliedsstaaten die gesamte Cannabis-Wertschöpfungskette legalisieren können. Die Kommission hat noch keinen Gesetzgebungsvorschlag eingebracht. Laut Repasi prüfe die Kommission zwar Gesetzgebungsvorschläge. Er vermutet aber, dass man hier auch die Bundestagswahl abwarte und „ob eine neue Bundesregierung den Kurs wieder revidiert“.
Allerdings bleibt fraglich, ob ein solches Gesetzgebungsverfahren, durch das das EU-Recht angepasst werden soll, überhaupt von Erfolg gekrönt sein wird. Dafür bräuchte es eine einfache Mehrheit im Europäischen Parlament und eine qualifizierte im Rat (mindestens 55% Mitglieder des Rats repräsentieren mindestens 65% EU-Bevölkerung). Repasi dazu: „Aufgrund der Wahlergebnisse der letzten Monate und Jahre ist das Camp der Freund:innen einer umfassenden Cannabis-Legalisierung nichtgrößer geworden. Ich würde im Moment die Chancen auf Mehrheiten für eine vollumfängliche Legalisierung leider als gering ansehen.“
Bildquellen
- EU Cannabis: unsplash