Durch einen irritierenden Eiertanz gefährdet die SPD zunehmend die Stimmen der Cannabis-Konsument:innen. Bereits die fehlende Bekenntnis zum Cannabis-Gesetz (CanG) im Wahlprogramm hatte die Szene irritiert. Hofften Konsument:innen und Cannabis-Branche, dass zumindest auf dem morgigen Parteitag nachgebessert wird, so fehlt aktuell die Bestätigung dass eine Nachbesserung in Sachen CanG überhaupt auf der Tagesordnung steht. Abwarten.
Umso verwunderlicher ist die bislang fehlende klare Bekenntnis pro-CanG im Wahlprogramm, als dass Ende vergangenen Jahres noch wichtige Abgeordnete der SPD im Bundestag vehement für das hart erkämpfte Gesetz argumentierten. Dirk Heidenblut erklärte damals klipp und klar, dass es mit der SPD eine erneute Kriminalisierung von 4,5 Menschen nicht geben werde. Selbst Karl Lauterbach ließ sich zu einer wahren Lobeshymne auf das CanG hinreißen.
Die einzige logische Erklärung lautet, dass die SPD sich Optionen für Koalitionsverhandlungen mit der Union offen halten will, ohne dass im Nachhinein der Vorwurf lautet, Wahlversprechen gebrochen zu haben. Denn dass das Thema auch innerhalb der SPD diskutiert wurde, wurde mehrmals bestätig. Ohnehin war die Cannabis-Regulierung noch Teil des Wahlprogramms für die Europawahl. Die SPD scheint angesichts der großen politischen und wirtschaftlichen Krisen andere Prioritäten in Koalitionsverhandlungen setzen zu wollen und will sich nicht noch einen zusätzlichen Klotz ans Bein binden.
Ein Opportunismus der teuer zu stehen kommen kann. Bei den 4,5 Millionen Cannabis-Konsument:innen verliert die SPD zunehmend an Zustimmung. Auf X forderten die ersten bereits auf, anderen Parteien ihre Stimme zu geben („SPD ist somit nicht wählbar“). Von den rund 61 Millionen wahlberechtigten hatten bei der Bundestagswahl 2021 rund 46 Millionen von ihrer Stimme Gebrauch gemacht. Denkbar, dass von den Cannabis-Konsument:innen die meisten in diesem Jahr wählen gehen, da immerhin eine erneute Kriminalisierung ihrer eigenen Person zur Debatte steht. Stimmen wiederum, die sich hoch wahrscheinlich größtenteils auf die Parteien aufteilen werden, die bis dato das CanG unterstützt haben oder sich klar dazu bekennen. Will die SPD ihr Gesicht bei diesen Wähler:innen nicht völlig verlieren, reicht eine Anpassung des CanGs wohl nicht mehr aus, um den Schaden zu begrenzen. Es braucht schon eine eindeutige Bekenntnis pro-CanG in den kommenden Debatten von oberster Stelle.
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