Im Rahmen der diesjährigen CB Expo in Dortmund teilten Brancheninsider Einblicke in den Status Quo der Cannabis-Clubs. Der einhellige Tenor: Die Betreiber sehnen sich nach Rechtssicherheit. Gegenwärtig handhaben die Behörden abhängig vom jeweiligen Bundesland die Anträge unterschiedlich, heißt es in der Expertenrunde. Zudem herrschten in einigen Behörden noch große Fragezeichen. Während dort einige Mitarbeitende den Dialog mit der Branche suchen, geben sie anderswo bereits harte Leitlinien vor.
Jörg Meyer-Brenken, der mit Cannavigia auch eine speziell auf die Clubs angepasste Track ‘n’ Trace-Lösung vertreibt, betont, dass Rechtssicherheit aktuell das wichtigste Thema der Vereine sei. Seines Erachtens lauten die wesentlichen Fragen: “Was darf ich? Was brauche ich, um Cannabis rechtssicher abgeben zu können?”
Rechtsanwalt Dr. Marcus Geschwandtner, zugleich Managing Partner bei Grow Up! Consulting, betont, dass die Mitarbeitenden der Behörden oft aus ganz anderen Bereichen kommen, Cannabis für viele Neuland sei. Viele wüssten noch nicht so recht, woran sie beim Bearbeiten der Erlaubnisanträge seien. Das könne aber auf keinen Fall zu Lasten der Anbauvereinigungen gehen. Sein Hinweis an Antragsteller: “Behörden sind an das KCanG gebunden. So enthält z.B. § 11 Abs. 4 KCanG eine abschließende Liste aller vorzulegenden Antragsunterlagen. Auch für die Anwendung von § 11 Abs. 3 Nr. 2 KCanG gibt es Ermessens-Regeln. Die Behörden haben nicht das Recht, das Gesetz zu überspannen, neue Erlaubnisvoraussetzungen zu kreieren oder gar Antragsteller auszuforschen!” Sprich: Man solle sich nicht alles gefallen lassen. Geschwandtner weiter: “Das KCanG zeigt den Behörden auch Grenzen auf. Die Behörde darf lediglich das Recht anwenden und dabei ist unbedingt zwischen der Prüfung des Marktzutritts und der späteren sogenannten laufenden Aufsicht über den Anbau- und Weitergabebetrieb zu unterscheiden. So ist sicherlich auch mal der Moment gekommen und – wie auch in anderen Branchen – wichtig, der Aufsichtsbehörde ihre Grenzen aufzuzeigen. Schließlich handelt es ich um schwerwiegende Grundrechtseingriffe.” Ein typisches Beispiel: Weniger sei manchmal mehr. Der Aufforderung, weitere Konzepte oder gar eine Organisations- oder Finanzplanungen vorzulegen oder diese zu erläutern, müssten die Anbauvereinigungen nicht nachkommen. Manchmal sei es besser und nötig zu sagen: “Das muss ich nicht!”
Stefan Röhrl, der bereits in Spanien 15 Jahre lang Social Clubs betrieben hat, zeigt sich sich hingegen positiv überrascht. Behördenmitarbeiter in Hamburg hätten sogar aktiv den Dialog suchen. So seien dort viele den eingehenden Fragen gar nicht gewachsen – etwa beim Thema Abgabe von Pre-Rolls. “Wir können viel erreichen im Ping-Pong”, glaubt Röhrl.
Wobei Röhrls Erfahrung auch vom jeweiligen Bundesland abzuhängen scheint. Stefanie Arndt, Gründerin der Cannabis-Produkt-Plattform Starnabis, spricht von einem Nord-Süd-Gefälle: “Im Süden herrscht ein ganz anderer Ton.” Ihres Erachtens sei das Regierungspräsidium Freiburg bereits gut informiert, gebe sehr enge Leitplanken vor. Auch Aufforderungen, Satzungen zu ändern seien bereits eingetreten. Arndt sieht ganz andere Schwierigkeiten: “Es fehlt an Vertrauen. Was passiert mit meinen Daten? Was passiert, wenn die Regierung wechselt?” Ihre Einschätzung: “Wir brauchen Zeit, Geduld und starke Nerven.”
Und Lorenz Minks, Produktleiter bei der Club-Software 420Cloud, findet das CanG an vielen Stellen zu schwammig. Welche konkrete Menge verberge sich etwa hinter Begriffen wie “Vielzahl”? Es gebe in diesem Fall bereits unterschiedliche Interpretationen von Behörden. Auch in Sachen Baurecht, Emissionsschutz oder Vereinsrecht fehle es im CanG an Inhalten. Club-Gründer seien darauf angewiesen, weitere Gesetzestexte heranzuziehen. Henry Wieker, Koordinator der Bundesarbeitsgemeinschaft Cannabis Anbauvereinigungen (BCAv), bemängelt ebenfalls: “Es gibt viele Sachen, die Auslegungssachen sind.” Sein Versprechen. “Wir streben nach Rechtssicherheit.”
Trotz der aktuellen Schwierigkeiten sehen die Experten auch Fortschritte. Meyer-Brenken, Geschwandtner und Wieker begrüßen unisono, dass sich auch Quereinsteiger oder Geschäftsleute aus anderen Branchen vermehrt in den Aufbau der Anbauvereinigungen einklinken. Die dadurch angestoßene Professionalisierung sei unausweichlich. Geschwandtner: “Anbauvereinigungen brauchen die richtigen Leute und Verantwortlichen und die stehen nicht an jeder Straßenecke. Wenn ich vier Freunde gut bekoche, kann ich ja auch noch lange nicht ein Restaurant erfolgreich eröffnen, geschweige denn führen.”
Der Tipp des Rechtsanwalts trotz all der gegenwärtigen Unsicherheiten: “Manchmal muss man auch einfach mal machen und nicht nur zaghaft um Ideen kreisen. Nach vorne gehen, aber auf keinen Fall unüberlegt.”
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