Das Kabinett hat heute das vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ausgearbeitete Gesetz zur Änderung des Medizinalcannabisgesetzes (MedCanG) trotz wiederholter öffentlicher Bedenken aus der SPD-Fraktion verabschiedet. Bereits am Donnerstag vergangene Woche hatte das BMG den Entwurf zur Notifizierung der Europäischen Kommission vorgelegt – mit der Bitte um Dringlichkeit. Nun steht also der parlamentarische Prozess bevor – das Gesetz geht in die relevanten Ausschüsse und benötigt eine einfache Mehrheit im Bundestag. Der Bundesrat kann lediglich Einspruch einlegen, was allerdings ohnehin sehr unwahrscheinlich ist.
Damit hat sich das BMG über die wiederholten öffentlichen Bedenken aus Reihen des eigenen Koalitionspartners hinweggesetzt – im Kabinett allerdings mit Unterstützung der Vertreter der SPD-Fraktion. Bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Referentenentwurfs hatte Matthias Mieves, stellvertretender gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, auf Linkedin verlauten lassen: „Gerade Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen sind dabei im besonderen Maße auf einen verantwortungsvollen Einsatz digitaler Versorgungsformen angewiesen.“ Ähnliche Bedenken äußerte auch Christo Pantazis, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Und Carmen Wegge, Sprecherin für Recht und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion, hatte auf Abgeordnetenwatch versichert: „Den Gesetzentwurf in der aktuellen Fassung werden wir daher in keinem Fall mittragen.“ Sie verwies Anfang August auf „noch viele Verhandlungsschritte“ im Bundestag und in den zuständigen Fachausschüssen.
Noch heftigere Kritik hatte der SPD-Gesundheitspolitiker Serdar Yüksel gestern im Handelsblatt geäußert. Unter anderem sprach er von „Symbolpolitik auf Kosten der Patienten“ und einem „Rückfall ins analoge Zeitalter“. Der Entwurf lese sich, so Yüksel, „als würde die Generation Schreibmaschine versuchen, das Internet zu regulieren.“
Der aktuell vorliegende Entwurf berücksichtigt diese Einwände in keiner Weise. Sowohl das Versandverbot für Apotheken als auch das verpflichtende, mindestens jährliche Gespräch vor Ort in der Arztpraxis, auch vor Beginn einer Therapie mit Cannabisblüten, sind weiterhin vorgesehen. Bereits in diesem Jahr könnte die erste Lesung im Bundestag stattfinden, die angesichts der gegensätzlichen Auffassungen in der Koalition Brisanz bergen kann.
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Anmerkungen:
Es liegt bei der EU-Kommission ein TRIS-Verfahren [1] vor. Deshalb gilt üblicherweise eine „Stillhaltefrist“ nach Artikel 6 der EU-Richtlinie 2015/1535. Diese Frist dauert normalerweise 3 Monate und wenn es Einwände gibt, kann die sogar auf 6 Monate verlängert werden. Solange die EU prüft, ob das Ganze mit dem Binnenmarktrecht vereinbar ist, darf Deutschland das Gesetz normalerweise nicht so einfach beschließen.
1. Erstes Gesetz zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes – Notifizierungsnummer: 2025/0552/DE (Germany), Eingangsdatum: 02/10/2025, Ende der Stillhaltefrist: . LINK: https://technical-regulation-information-system.ec.europa.eu/de/notification/27303