Jakob Manthey, projektübergreifender Koordinator der CanG-Evaluation durch Ekocan, gewährt auf einer Fachtagung des Therapieladen erste Einblicke in die seit Januar laufende Evaluation des Cannabis-Gesetzes. Der Wissenschaftler vom Zentrum der Interdisziplinären Suchtforschung (ZIS), betont die ganz grundsätzliche Herausforderung Kausalität nachzuweisen, also inwiefern sich das Gannabis-Gesetz auf den Konsum, den Jugendschutz, die Vekehrssicherheit oder die Kriminalität auswirkt.
CanG führt nicht zu steigendem Konsum
Ganz grundsätzlich sei der Konsum von Cannabis in Deutschland bereits vor Inkrafttreten des CanGs angestiegen. Ursache dafür seien vor allem ältere Erwachsene. So seien Cannabis-Konsumierende 2025 im Schnitt sehr viel älter als noch 2010 oder 2015. Auch die DEBRA-Daten für Cannabis konsumierende Erwachsene würden darauf hindeuten, dass seit Inkrafttreten des Gesetzes keine Veränderung eingetreten seien. Manthey: „In Deutschland sehen wir eine Fortführung des bisherigen Trends.“
Beim Blick auf die Zahl der Jugendlichen, die Cannabis konsumieren, erkennt Manthey mit Blick auf die ESPAD-Daten keine Auffälligkeiten seit Inkrafttreten des CanGs. Deutschland liege verglichen mit andern Ländern im Trend bei der Zahl der Jugendlichen, die in den letzten 30 Tagen Cannabis konsumiert hätten. „Ich gehe nicht davon aus, dass sich Veränderungen auf das CanG zurückführen lassen“, so Manthey.
Eigenanbau: günstige Option
Beim möglichen Zugang zu Cannabis betont Manthey den vergleichsweise günstigen Preis im Eigenanbau. Rechne man die Ausgaben für Dünger, Erde, Samen und weiteres Zubehör zusammen, so können man bereits ab etwa einem Euro je Gramm Cannabis selber anbauen. Problematisch sei hingegen die Menge der geernteten Blüten. Die Höchstgrenze von 50 Gramm sei im Eigenanbau schnell erreicht.
Anzahl lizenzierter Anbauvereinigungen reicht nicht aus
Auch die Anbauvereinigungen könnten laut Manthey mit Preisen von über sieben Euro rein finanziell betrachtet durchaus eine Alternative zum illegalen Markt bieten. Allerdings hätten diese 2024 in ganz Deutschland in Summe erst 49 Kilogramm produziert, der Bedarf liege bei einigen hundert Tonnen. Zudem verweist Manthey auf Fachgeschäfte in Kanada. Dort kämen in einigen Provinzen auf 100.000 Einwohner etwa 15 Fachgeschäfte. Analog zu Berlin bedeute dies, dass über 550 Anbauvereinigungen existieren würden. Die Realität sieht mit sechs lizenzierten Anbauvereinigung anders aus. Diese könnten maximal 3.000 Mitglieder aufnehmen – wohlgemerkt nur, wenn sie tatsächlich allesamt die Maximalgrenze ausschöpfen – bei geschätzt 400.000 Cannabis-Konsument:innen in der Hauptstadt. Manthey: „Für Konsumierende und Anbauvereinigungen wird es sehr schwierig gemacht. Ich sehe leichten Verbesserungsbedarf.“ Schließlich sei es nur logisch, dass sich „ohne legalen Zugang zu Cannabis weniger Cannabis legal beziehen“ ließe. Sein Vorschlag: „Wir brauchen ein zentrales Register über existierende Anbauvereinigungen für Konsument:innen.“
Medizinalcannabis: Importmengen deutlich gestiegen
Die stark gestiegenen Importzahlen von Medizinalcannabis hält der Wissenschaftler für plausibel mit Blick darauf, dass auch medizinisches Cannabis seit erstem April 2024 nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Allerdings zeige der Vergleich von zwei Apotheken große Unterschiede. Bei der einen Apotheken seien die Preise binnen eines Jahres deutlich gefallen, die angebotenen Sorten hätten sich von rund 300 auf über 700 erhöht. Bei einer zweiten Apotheke seien Anzahl der Sorten und Preise hingegen relativ stabil geblieben.
Nicht mehr Tote und Verletzte im Straßenverkehr seit CanG
Gerade aufgrund teilweise negativer Erfahrungen in Nordamerika, wo Cannabis zu mehr Toten im Straßenverkehr geführt habe, betont Manthey die Relevanz der Verkehrsstatistiken. In Deutschland hätte die Zahl der Toten und Verletzten von April bis Dezember 2024 dagegen sogar leicht unter der Zahl im Vorjahreszeitraum gelegen. Manthey erkennt entsprechend „keine kurzfristige Veränderung“ durch das CanG.
Hospitalisierung: CanG hat nicht zu mehr psychischen Erkrankungen geführt
Bei Cannabis bedingten Psychosen lässt sich laut Manthey keine Kausalität erkennen, die darauf hindeutet, dass das CanG zu einem Anstieg geführt habe. Dies, so der Wissenschaftler, würde aufgrund der eher langfristigen Auswirkungen auch kausaltechnisch nicht passen. Bei akuten Überdosierung habe man bereits vor April 2024 einen leichten Anstieg gesehen. Dieser leichte moderate Anstieg habe seit April 2024 noch etwas zugenommen.
Die Zahl der Jugendlichen, die sich aufgrund von Cannabis in der Suchberatung befinden, sei rückläufig. Allerdings sei nicht klar, ob dies an weniger Konsum liege oder aber daran, dass die Jugendlichen seltener dorthin gedrängt werden.
Kriminalstatistik: Deutliche Unterschiede fallen ins Auge
2024 gab es einen starken Rückgang der Cannabis bezogenen Delikten. Schließlich werde der Besitz geringer Mengen nicht mehr erfasst wird.
Schlussendlich verweist Manthey darauf, dass es noch viele offene Fragen gebe. Man wisse noch wenig, darüber, wie Jugendliche Zugang zu Cannabis erhalten oder wie sich die immer potenteren THC-Sorten auswirken. Auch verändere sich der Zugang zu Cannabis eher langsam. Sein Versprechen an die Runde: „Wenn wir sicher sind, dass der Politik eine Handlungsempfehlung zu geben ist, dann machen wir das auch.“
1 comment
Ich brauche dringend medizinisches Camnabis gegen chronische Schmerzen und Schlafstörungen. Privat viel zu teuer. Amerika ist uns voraus auch die Schweiz.
Der Markt muss sich schnell, kontrolliert öffnen für kranke Menschen.
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