Finn Age Hänsel, Co-Founder und Geschäftsführer der Sanity Group, hat mit rund 30 weiteren Unterzeichnenden aus Politik und Recht, Wissenschaft und Medizin sowie Verbänden und Industrie zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen einen offenen Brief an die Mitglieder des Bundestages versendet. Die Forderung: Wissenschaftlich begleitete Forschungsprojekte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis ermöglichen. Im Interview erläutert er, wieso er hoffe, dass die Zahl der Teilnehmenden in solchen Pilotprojekten möglichst unbegrenzt ist, wieso er davon ausgeht, dass solche Pilotprojekte zeitnah bewilligt werden – und wie die Sanity Group unabhängige Forschung gewährleisten will.
Disclaimer: Dieses Interview ist Teil einer Medienpartnerschaft mit der ICBC. Unsere Leser:innen erhalten 30% Rabatt mit dem Code MJCOMMS30 über diesen Link. Finn Age Hänsel nimmt an dem Panel „European Cannabis Pilot Projects“ am Dien stag, den 29. April 2025, um 11:05 Uhr teil.
krautinvest.de: Die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit als Grundlage für Fortschritt und Innovation wird im Sondierungspapier der CDU, CSU und SPD klar hervorgehoben, heißt es in einem offenen Brief von über 30 Cannabis-Organisationen. Wie optimistisch bist du, dass CDU und CSU diese Wissenschaftsfreiheit auch auf Cannabis-Pilotprojekte beziehen?
Finn Age Hänsel: Ich bezweifle, dass die Verhandler Cannabis im Hinterkopf hatten, als sie diesen Teil des Sondierungspapiers verhandelt haben. Inwiefern das auf Cannabis nach Beendigung der Koalitionsverhandlungen zutrifft, bleibt abzuwarten. Wir gehen derzeit sehr optimistisch davon aus, dass große Teile des CanG inklusive der Pilotprojekte auch nach Regierungsübernahme geltendes Recht bleiben.
krautinvest.de: Die Unterzeichner wünschen sich regionale, zeitlich begrenzte, wissenschaftlich begleitete Cannabis-Forschungsprojekte. Soll die Zahl der Teilnehmenden ebenfalls begrenzt werden oder idealerweise möglichst groß, um möglichst valide Erkenntnisse zu erzielen?
Finn Age Hänsel: Wir denken, dass nur echte, möglichst offene Studien wirklich gute empirische Daten bringen können, daher glauben wir, dass die Teilnehmerzahl nicht künstlich begrenzt werden sollte. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist der potenziell positive Effekt der Pilotprojekte auf eine mögliche Begrenzung des illegalen Marktes in den Pilotregionen – daher haben große Teilnehmerzahlen zwei Vorteile: Bessere Datenlage und bessere Effekte für die lokale Dynamik.
krautinvest.de: Die BLE hat gemeldet, vor dem Regierungswechsel keine Pilotprojekte mehr zu bewilligen. Wie gut stehen die Chancen, dass die Behörde diesen Schritt unter einem möglicherweise von einem CDU-Minister angeführten BMEL wagt?
Finn Age Hänsel: Das CanG ist erst einmal geltendes Recht, ebenso wie die Konsumcannabis-Wissenschafts Zuständigkeitsverordnung. Die BLE ist keine ‘politische Behörde’, sie wird also die Anträge bearbeiten und ggf. freigeben, bis entweder eine neue Gesetzeslage herrscht oder aber die Verordnung zurückgenommen wird. Ob eines von beidem passiert, werden die Koalitionsverhandlungen zeigen – und selbst wenn es passiert, besteht nach wie vor die Frage nach dem Zeitpunkt. Wir sind positiv, dass sowohl das CanG als auch die Verordnung in Kraft bleiben – oder alternativ sogar Pilotprojekte genehmigt werden, bevor es zu gegenteiligen Bewegungen kommen könnte.
„Als der Pilotprojekte hat die Schweizer Nationalratskommission auch bereits eine Legalisierung von Cannabis angekündigt.“
krautinvest.de: In der Schweiz laufen die Pilotprojekte bereits eine Weile. Gibt es dort negative gesellschaftliche oder gesundheitliche Auswirkungen, die Bedenken der kommenden Regierung rechtfertigen?
Finn Age Hänsel: Nach unserem Verständnis sind die Pilotprojekte in der Schweiz ein Erfolg und die bislang erhobenen Daten bestätigen die Hypothese, dass eine regulierte Abgabe wünschenswerter ist als ein nicht regulierter Markt. Als Konsequenz hat die Schweizer Nationalratskommission auch bereits eine Legalisierung von Cannabis angekündigt. Die Pilotprojekte haben hier wertvolle Daten geliefert.
krautinvest.de: Zuletzt haben deutsche Medien kritisch hinterfragt, wie „unabhängig“ die Forschung in den Pilotprojekten sei, wenn profitorientierte Unternehmen beteiligt sind. Wie wird in den Pilotprojekten, an denen ihr beteiligt sein wollt, gewährleistet, dass die Ergebnisse möglichst objektiv ausgewertet werden?
Finn Age Hänsel: Allein die wissenschaftlichen Studienleitungen der Projekte sind für die Auswertung der Studiendaten verantwortlich, sodass eine vollständige Unabhängigkeit der Forschungsergebnisse gewährleistet ist. Die Studienresultate werden an die Fachgemeinschaft sowie an die Öffentlichkeit kommuniziert – hierfür entwickeln die Studienleitungen einen Veröffentlichungs-/Kommunikationsplan in Zusammenarbeit mit den an der Studie beteiligten Akteuren einschließlich der zuständigen Behörde und überwachen die Umsetzung. Neben der regelmäßigen Veröffentlichung von Zwischenergebnissen, die je nach Bedarf halbjährlich oder jährlich in Form von Pressemitteilungen erfolgen kann, ist die Publikation der finalen Studienergebnisse in einer wissenschaftlichen peer-reviewed Fachzeitschrift vorgesehen, ebenso die Vorstellung der Ergebnisse auf wissenschaftlichen Fachtagungen/Kongressen. Um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, werden die Studien in einem öffentlichen Register registriert (voraussichtlich: Deutsches Register Klinischer Studien (DRKS)). Die Registrierung erfolgt vor Beginn der Datenerhebung und umfasst zentrale Informationen zu Zielen, Design und geplanten Analysemethoden der Studie. Die KCanWissZustV sieht zwar explizit vor, dass auch Unternehmen entsprechende Projekte beantragen können – wir haben in diesem Fall aber einen Weg gewählt, der der Forschung maximale Unabhängigkeit ermöglicht.
Disclaimer: Dieses Interview ist Teil einer Medienpartnerschaft mit der ICBC. Unsere Leser:innen erhalten 30% Rabatt mit dem Code MJCOMMS30 über diesen Link. Finn Age Hänsel nimmt an dem Panel „European Cannabis Pilot Projects“ am Dien stag, den 29. April 2025, um 11:05 Uhr teil.