Die Finanzierung von Cannabis-Startups unterscheidet sich in Europa und den USA grundlegend, sowohl in den Quellen des Kapitals als auch in den Herausforderungen, denen Gründer begegnen. Die Rahmenbedingungen, die durch regulatorische Unsicherheiten und gesellschaftliche Akzeptanz geprägt sind, beeinflussen, wie und von wem diese Startups finanziert werden.
Europa: Private Geldgeber
In Europa, insbesondere in Deutschland, befindet sich die Cannabisbranche in einer frühen Entwicklungsphase. Die Legalisierung hat zwar den Weg für neue Geschäftsmodelle geebnet, doch institutionelle Investoren bleiben weiterhin zurückhaltend. Banken scheuen sich, Kredite zu vergeben, und professionelle Investoren wie Venture-Capital-Firmen sind kaum vertreten. Stattdessen dominieren private Geldgeber, Family Offices und Business Angels die Finanzierungsszene.
Ein Beispiel ist die GOC Nexus, die einen Bankenkredit von einer örtlichen Hausbank erhalten hat – eine Ausnahme in einem ansonsten schwierigen Umfeld. Gründer greifen oft auf die sogenannten „FFF“ (Friends, Family, and Fools) zurück. Diese Form der Finanzierung bringt jedoch Herausforderungen mit sich: Häufig fehlt den Geldgebern das nötige Branchenwissen, aber auch Erwartungen an das Gründerteam können zu Spannungen führen.
Ein Lichtblick ist die zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz von Cannabis in Europa. Seit der Legalisierung in Deutschland im April 2024 erlebt die Branche ein starkes Wachstum. Dennoch fehlt es an professionellen Investoren, die langfristig strategische Unterstützung bieten können. Einzig in Großbritannien gibt es erste Ansätze von spezialisierten Fonds und Gruppen, die in Cannabis investieren.
USA: Eine Branche auf Pump
In den USA zeigt sich ein anderes Bild. Die Cannabisbranche hat sich in den letzten Jahren zu einem milliardenschweren Markt entwickelt, doch die Finanzierung erfolgt fast ausschließlich durch Schulden. Laut aktuellen Zahlen wurden bis Oktober 2024 etwa 890 Millionen US-Dollar Kapital aufgenommen, davon 98 % in Form von Krediten. Besonders alarmierend: 82 % dieser Schulden wurden zur Refinanzierung bestehender Verbindlichkeiten verwendet (Quelle: Peter Su referencing Viridian Capital Advisors).
Warum diese starke Abhängigkeit von Schulden? Einerseits hält die fehlende bundesweite Legalisierung Investoren davon ab, in Aktien zu investieren. Andererseits führen hohe Steuern und Überregulierung dazu, dass Unternehmen kaum Gewinne erzielen können. Kredite werden zwar vergeben, aber oft zu Zinssätzen von bis zu 20 %, die an “altmodische” Strukturen erinnern. Investoren in den USA sind vorsichtig geworden und warten auf substanzielle regulatorische Fortschritte wie den SAFER Banking Act oder eine bundesweite Legalisierung, bevor sie wieder in Eigenkapital investieren.
Die hohen Steuerlasten in den USA verschärfen die Situation. In Staaten wie Kalifornien und Illinois liegen die effektiven Steuersätze oft bei über 30 %, was sowohl Konsumenten als auch Unternehmen belastet. Die Folge: Viele Konsumenten wenden sich dem Schwarzmarkt zu, und legale Anbieter kämpfen ums Überleben.
Ein Hoffnungsschimmer ist die mögliche Reform im Bankensektor. Sobald der Markt reguliert wird, könnten Kredite zu besseren Konditionen vergeben werden, und die Transparenz im Finanzsystem würde steigen. Dies würde sowohl den Investoren als auch Unternehmen zugutekommen.
Europa vs. Amerika: Zwei unterschiedliche Welten
Während in den USA das Kapital durch Schulden verfügbar ist, jedoch oft zur Refinanzierung genutzt wird, fehlt in Europa eine professionelle Investorenlandschaft. Diese Unterschiede haben direkte Auswirkungen auf die Innovationskraft und das Wachstum der Branche:
- Zugang zu Kapital: Amerikanische Unternehmen können auf ein größeres Volumen an Kapital zurückgreifen, auch wenn es durch Schulden getrieben ist. Europäische Startups hingegen müssen kreative Wege finden, um ihre Finanzierung sicherzustellen.
- Steuerliche Belastung: Die USA haben mit hohen Steuern zu kämpfen, während Europa in dieser Hinsicht weniger belastet ist. Dies könnte langfristig ein Wettbewerbsvorteil für europäische Unternehmen sein.
- Regulatorische Unsicherheiten: Beide Märkte sind stark von regulatorischen Entscheidungen abhängig. Während in den USA die bundesweite Legalisierung aussteht, könnten zum Beispiel in Deutschland die Genehmigung von Anbaulizenzen verzögern, obwohl jede Woche einige Genehmigungen ausgestellt werden!
Fazit: Die Zukunft der Cannabis-Finanzierung
Die Cannabisbranche in Europa und den USA steht vor unterschiedlichen Herausforderungen, doch beide Märkte teilen das Potenzial für Wachstum und Innovation. In Europa müssen professionelle Investoren den Markt entdecken, um langfristige Stabilität und Skalierbarkeit zu gewährleisten. In den USA ist eine Steuerreform und der Zugang zu Eigenkapital entscheidend, um die Branche aus der Schuldenfalle zu befreien.
Ich glaube, dass 2025 ein besseres Jahr wird, da die Umklassifizierung von Cannabis neue Finanzierungsmöglichkeiten schaffen könnte. In den USA werden Geldverwalter endlich investieren können, da ihr „Code of Conduct“ dies bislang untersagte. Automatisierte Prozesse und mehr Transparenz könnten den Zugang zu Krediten erleichtern und die Branche nachhaltig stärken.
Ob Europa oder Amerika: Die Zukunft der Cannabisbranche hängt nicht nur von regulatorischen Fortschritten ab, sondern auch davon, wie klug Unternehmen ihre Finanzierung planen und wie mutig Investoren in das Potenzial dieser aufstrebenden Industrie investieren. Eins bleibt: Der Markt besteht, er muss nur noch bilanziert werden! Demnach kann er nur wachsen und nur die Investoren, die schnell sind, gehen als Gewinner raus für eine europäische Legalisierung in den nächsten Jahren!
Über den Autor:
Falk Altenhöfer ist ein erfahrener Unternehmer und Investor mit einem Fokus auf die Cannabisbranche. Nach erfolgreichen Projekten in der digitalen Plattformökonomie und SaaS-Lösungen unterstützte er Investoren bei Marktstrategien und Investments. Seit 2019 ist er in der Cannabisindustrie aktiv, sammelte bei iCAN in Israel wertvolle Einblicke und hilft heute Gründern, Startups aufzubauen, Investor Relations zu managen und Wachstum zu skalieren. Zudem berät er Family Offices, mittelständische Unternehmen und Business Angels beim Einstieg in den Cannabismarkt.
Disclaimer: Gastbeiträge müssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.