Deutschlandweit dürften zwar einige hundert Cannabis-Clubs Anträge für eine Anbaulizenz eingereicht haben. Deutlich weniger sind bislang lizenziert. Noch stärker dürfte sich die Spreu vom Weizen trennen, bei den Anbauvereinigungen, die bereits erfolgreich Cannabis geerntet und an ihre Mitglieder abgegeben haben. Das zeigen auch aktuelle Zahlen aus Rheinland-Pfalz.
Vorreiter bei der Bewilligung von Anbauvereinigungen ist bislang Niedersachsen. Von 103 eingereichten Anträgen wurden bis 9. Mai 2025 41 genehmigt und 13 versagt. Eine bereits erteilte Genehmigung hat Niedersachsen aufgrund von Verstößen widerrufen. Am häufigsten lehnt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen Anträge ab, wenn Auflagen zum Gesundheits- und Jugendschutz nicht eingehalten werden. Insbesondere die Abstandsregeln zu einer Schule oder einem Spielplatz fallen laut Landwirtschaftskammer ins Gewicht.
Noch aufschlussreicher sind die Zahlen, die aus Rheinland-Pfalz vorliegen. Beim zuständigen Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV) seien inzwischen 45 Anträge eingegangen, heißt es auf Anfrage. 22 Anträge seien bewilligt, einer abgelehnt worden. Die bewilligten Anbauvereinigungen kämen auf 9.400 Mitglieder*. Damit liegt der Durchschnitt bei über 427 Mitgliedern je Club, viele dürften also bereits an der Höchstgrenze von 500 Mitgliedern agieren. Cannabis geerntet haben allerdings erst sieben Anbauvereinigungen, vier Anbauvereinigungen haben Cannabis an die eigenen Mitglieder abgegeben. Damit haben rund 8,9 Prozent der Anbauvereinigungen, die sich um eine Lizenz beworben haben, bis dato Cannabis an ihre Mitglieder abgegeben.

Henry Wieker, Koordinator Bundesarbeitsgemeinschaft Cannabis Anbauvereinigungen (BCAv), verweist auf den erforderlichen Aufwand bis zur ersten Abgabe. Viele würden nicht sehen, welchen Aufwand die Clubs bewältigen müssten: Teamaufbau und Verantwortungsträger, Finanzierung, Immobiliensuche, Planung und Aufbau der Anlage, Kultivierung. Dazu komme die Einrichtung und Finanzierung der Abgabestelle – all dies könne für die Clubs ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Zudem agierten die Clubs in einem unsicheren Umfeld: Hinter Konsumverhalten und Preistoleranz stünden Fragezeichen, ebenso wissen die Clubs anfangs nicht, wie schlussendlich die Zusammenarbeit mit den Behörden und Ämtern abläuft.
Hans Georg Schoger, Mitglied des NoTill420 Cannabis Social Clubs aus dem Westerwald, bezeichnet unterdessen die Lizenzierungsdauer als die größte Hürde. So habe der Club die Lizenz Mitte Oktober 2024 beantragt und erst Mitte April 2025 erhalten. Da ein Club aber bereits zur Antragstellung eine Anbaufläche vorweisen müsse, könnten während der gesamten Dauer Mietkosten entstehen – nicht selten im fünfstelligen Bereich.
Entsprechend unterschätzen laut Schoger viele Verantwortliche die „Cashflow“-Problematik: „Viele Gründer gehen mit der Planung hinein, dass die aufkommenden Kosten durch Einnahmen von Aufnahmegebühren oder Mitgliedsbeiträgen bis zur ersten Ausgabe schon gedeckt werden.“ Allerdings könnten alleine bis zur Lizenzierung schnell 15 bis 20.000 Euro anfallen. Für das erforderliche Equipment könnten dann je Quadratmenter Produktionsfläche bis zu 1.000 Euro dazu kommen. Viele Vereine seien entsprechend auf Fremdfinanzierung angewiesen. Schoger: „Meiner Meinung nach spielt der finanzielle Aspekt die größte Rolle in Bezug auf den CSC-Schwund.“
Im eigentlichen Anbau spiele in der Folge die Wahl der „richtigen Location“ eine wichtige Rolle. Schoger: „Wir haben einige Clubs kennengelernt und die verschiedensten Anbauflächen gesehen wie alte Stallungen, Tiefgaragen oder Büroflächen, bei denen enorme Kosten auf die Gründer zukamen, um überhaupt generelle Grundvoraussetzungen für einen solchen Betrieb zu schaffen, seien es hygienische, klimatechnische oder betreffend des Brandschutzes.“
Angesichts dieser großen Herausforderungen geht Henry Wieker sogar davon aus, dass etliche der erteilten Lizenzen gar nicht aktiviert werden. Andererseits sind die ersten Zahlen auch mit Vorsicht zu genießen: Die Clubs können erste seit Sommer ihre Lizenzen beantragen, angesichts der Bearbeitungszeiten von einem halben Jahr und der dann erforderlichen Monate bis zum ersten Anbau dürften insbesondere die kommenden Monate aufschlussreich werden, um zu verstehen, wie vielen Clubs tatsächlich bis Ernte und Abgabe gelingt.
*Disclaimer: Die Mitgliederzahlen beruhen auf Prognosen der Clubs (im Nachgang ergänzt).