Der Preis der Unsicherheit für die Cannabis-Industrie

by Moritz Förster

Ein Kommentar

Im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel darauf verständigt, anhand der Ergebnisse einer ergebnisoffenen Evaluation die Cannabis-Regulierung anzupassen. Der erste Ekocan-Zwischenbericht kam Ende September zumindest in einem Punkt zu einem klaren Ergebnis: „Kein dringender Handlungsbedarf.“ Man denkt, dann bleibt alles beim Alten. Doch weit gefehlt: CDU und CSU haben für einen politischen Schlingerkurs der beim Thema Cannabis uneinigen Regierung gesorgt, der vor allem eines bedeutet: Unsicherheit an allen Ecken und Enden. Und genau diese Unsicherheit hat einen nicht unerheblichen Preis.

So bleiben die vielerorts prognostizierten Finanzierungsrunden im deutschen medizinischen Cannabismarkt mit wenigen Ausnahmen weitestgehend aus. Der durch den Referenten- und Kabinettsentwurf laufende Anpassungsprozess des MedCanGs verunsichert die Branche. Niemand weiß so recht, wie das MedCanG schlussendlich durch den Bundestag geht. Ressourcen wandern ab von Innovation und Versorgung in die Vorbereitung auf eine neue, aber noch nicht final absehbare Gesetzgebung oder in die Teilnahme an Diskurs und Debatte.

Auch bei den 65 Anträgen für Cannabis-Modellprojekte mag man sich gar nicht ausmalen, wie viele Ressourcen in deren Ausarbeitung hineingeflossen sind. Nun lehnt die BLE einen nach dem anderen ab. Es fehlt ein Leitfaden, an dem sich die Antragsteller orientieren können. Stattdessen ist jeder einzelne Antrag ein bisschen ein Schuss ins Blaue. Sicherheit in Form klarer K.O.-Kriterien gibt es nicht, also eine konkrete Definition dessen, was im Rahmen von solchen Cannabis-Pilotprojekten möglich ist.

Selbst beim Thema Home-Grow, wirtschaftlich gesehen eher ein Gebiet für Einzelhändler für Grow-Boxen, Erde oder Samen, sorgen Forderungen zur Einschränkung der Pflanzenzahl – aktuell sind drei erlaubt – für Irritation. Einzig die Clubs sind noch nicht so richtig ins konservative Visier gerückt. Kritik ernten sie lediglich dafür, dass sie den illegalen Markt noch nicht zurückgedrängt haben. Das ist schon fast etwas zynisch. Denn man mag sich nicht ausmalen, wie scharf Einige die Clubs erst in die Mangel nehmen würden, sollten sie tatsächlich Fahrt aufnehmen und eben diesen illegalen Markt signifikant zurückdrängen. Ihrem Ziel also gerecht werden. Ob eben jene, die aktuell die Ineffizienz der Clubs bemängeln, in diesem Fall in Jubelarien ausbrechen? Wahrscheinlicher ist dann erst recht die ein oder andere Wutrede über das Cannabis-Vereinswesen.

Diese Unsicherheit bedeutet vor allem eines: All jene, die aktiv dazu beitragen wollen, Menschen legal auf die ein oder andere Weise mit Cannabis zu versorgen, überlegen sich doppelt und dreifach, wie sie sich einbringen und ob überhaupt. Das alles erfordert in einem bereits streng regulierten Umfeld weitere Arbeitstage für Konzepte, Szenarien-Planung und Risikoabwägungen bei zugleich zögerlichen finanziellen Unterstützern. Hinter der Zukunft von intensiv aufgebauten Projekten, in die viele Ressourcen geflossen sind, steht mit einem Mal ein Fragezeichen – und all dies, obwohl angesichts des ersten Ekocan-Zwischenberichts und der Vereinbarung im Koalitionsvertrag doch eigentlich endlich einmal Ruhe herrschen sollte. So aber ist es schwierig, den Preis der Unsicherheit exakt zu beziffern. Klar ist nur: Er ist hoch.

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