Wie ist der Status Quo im europäischen Cannabis-Markt und wie geht es weiter? krautinvest sprach mit Stephen Murphy von Prohibition Partners – den Experten für strategische Fragen in den europäischen Cannabis-Märkten. Im April hat Prohibition Partners den ersten European Cannabis Report publiziert – im Oktober soll bereits die zweite Ausgabe folgen.
Hallo Stephen, ihr habt die erste Ausgabe des europäischen Cannabis Report heraus gegeben – welche Quellen habt ihr genutzt, um an valide Daten heran zu kommen?
In der Tat war es nicht so einfach, an valide und relevante Daten zu gelangen. Der Markt entwickelt sich schließlich erst gerade und wir befinden uns ganz am Anfang. Wir mussten daher verschiedene Quellen heran ziehen – etwa Studien der Kommission oder einzelne Markt-Reports – aber auch Primärforschung betreiben. Beispielsweise haben wir das geschätzte Marktvolumen des illegalen Cannabis-Markts für Annahmen hinsichtlich des Wachstumspotenzials und hinsichtlich des potenziellen durchschnittlichen Konsums eines legalen Markts betrachtet. Wir hoffen, dass wir in unserer zweiten Ausgabe im Oktober auf unsere ersten Einblicke aufbauen können.
Was ist der Zweck eures recht detaillierten Reports?
Prohibition Partners wollte die Diskussion über die europäische Cannabis Industrie entfachen, die jenseits des Atlantiks häufig übersehen wird. Wir wollten in einem Gebiet Daten und Einblicke bereit stellen, in dem Expertise und valide Informationen selten sind. Unser Ziel ist, Unternehmer und Experten zu bilden, zu helfe und ihnen Anreize zu geben.
Euer Report fokussiert auf Europa. Allerdings haben nordamerikanische Märkte, vor allem der kanadische, eine längere Historie der Legalisierung. Werden amerikanische Firmen europäische Märkte erobern? Anders gefragt: Werden europäische Unternehmen in der Lage sein, im Wettbewerb zu bestehen?
Tatsächlich haben nordamerikanische Firmen einen Vorteil aufgrund ihrer Markterfahrung. Ihre Produkte und Dienstleistungen entsprechen bereits den Bedürfnissen des Markts. Ein Beispiel aus Deutschland: Da du beweisen musst, dass du bereits über Erfahrung im Bereich des Cannabis Anbaus verfügst, um eine Anbaulizenz erhalten zu können, kommen nicht viele europäische Firmen für eine Bewerbung in Frage.
Andererseits leiden ausländische Unternehmen unter Wissenslücken was die jeweilige Regulierung und den richtigen Markteintritt angeht. Daher werden wir viele internationale strategische Partnerschaften sehen.
Und was sind deine Voraussagen für Europa: Wie wird sich der Markt entwickeln?
Mit Deutschland in der Führungsposition werden wir ein europäisches Regelwerk innerhalb des nächsten Jahres haben. Andere Mitgliedsstaaten werden sich dem deutschen Modell anschließen. Schlussendlich wird die Regulierung des legalen Cannabis Markts auf europäischer Ebene stattfinden. Europa wird vielleicht der größte Cannabis Markt der Welt.
Auf dem Wege dahin: Was sind aktuell die größten Opportunitäten?
Der Markt wird viele unterschiedliche Industrien betreffen. Es wird neue Opportunitäten im Bereich Finanzen, Daten, Sicherheit aber auch der Immobilienwirtschaft geben. Mit der Regulierung des medizinischen und des industriellen Cannabis geht es zur Zeit rasant vorwärts – gegenwärtig liegen die größten Chancen in der Marktentwicklung, der regulierten Produktion, der Weiterverarbeitung und dem Handel.
Wohlgemerkt ist es auch im günstigsten Moment herausfordernd, einen neuen Markt zu betreten, einen Cannabis-Markt in einem neuen Land zu betreten, bedeutet aber nochmal eine ganz andere Dimension in Sachen Komplexität. Um die lokale Gesetzgebung, das politische Umfeld, das Gesundheitssystem und die Unternehmen mit der entsprechenden Marktexpertise zu verstehen, sollten sich ausländische Firmen nach einem europäischen Partner umschauen, der ihnen helfen kann, eine Präsenz aufzubauen und zu wachsen. An dieser Stelle wollen wir mit Prohibition Partners anknüpfen.
Hinsichtlich Investments: Habt ihr bereits herausgefunden, wer die nächste Generation legaler Cannabis Firmen finanzieren wird?
Wenn wir Nordamerika betrachten, wissen wir, dass die meisten Investitionen ursprünglich von spezialisierten Private-Equity-Gruppen kamen. Über die Zeit werden mehr Mainstream-Investoren hinzu kommen, da die Industrie als Norm akzeptiert wird. Beispielsweise hat “The Economist” bereits ausführlich über die Cannabis Industrie berichtet.
Im Gegensatz zum US-amerikanischen Markt betrifft unsere europäische Regulierung auch das Bankwesen. Wir können daher mehr Unterstützung durch diese traditionellen Finanzinstitute erwarten. Aber wir würden Kunden immer empfehlen, alle möglichen Optionen zu prüfen – und davon gibt es einige.