Burkhardt Blienert wünscht sich Pilotprojekte. Frankfurt und Hannover wollen diese Anfang 2025 starten, warten aber noch auf die erforderliche Verordnung. Die ersten Clubs ernten Blüten, doch in vielen zieht sich der Prozess in die Länge. Eine Analyse zeigt: Cannabis auf dem illegalen Markt ist verunreinigt. Und der G-BA-Beschluss tritt in Kraft.
#CannaRegulierung
Obwohl auf Bundesebene die Teillegalisierung von Cannabis beschlossen worden sei, würden in Bayern fürs Kiffen strengere Regeln als anderswo. Ob das juristisch in Ordnung ist, muss nun voraussichtlich der Verfassungsgerichtshof überprüfen. (LTO, 02.10.2024)
Die Stadt Kaiserslautern wolle das Kiffen in der Innenstadt verbieten. Hintergrund sei der Schutz von Jugendlichen aufgrund der hohen Schuldichte. Wer dagegen verstoße, müsse mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro rechnen. (SR, 07.10.2024)
Für Volljährige sei Kiffen seit dem 1. April in Deutschland erlaubt. Fast jeder Dritte nehme seither gesteigerten Konsum in seinem Umfeld wahr. Eine Polizeigewerkschaft zweifele am Nutzen der Reform. (Spiegel, 11.10.2024)
Seit dem 1. April dürfe in Deutschland legal gekifft werden. Nun seien die Anbauvereinigungen an den Start gegangen, die Justiz habe tausende Altfälle prüfen müssen und der Bundesgerichtshof habe mit seinen Urteilen zur sogenannten ‘nicht geringen Menge’ für Aufsehen gesorgt. Noch dazu komme, dass Bayern tätig geworden sei und ein ‘Cannabisfolgenbegrenzungsgesetz’ an den Start gebracht habe. Ein Gespräch der Justizreporter*innen Alena Lagmöller und Alexander Holzer mit Florian Söllner vom Cannabis Social Club Nürnberg, Rechtsanwältin Julia Seestädt von der Cannabis Kanzlei und Simon Pschorr von der Neuen Richtervereinigung. (SWR, 10.10.2024)
Verstöße gegen das Cannabisgesetz sollten in Niedersachsen von den Kommunen kontrolliert und geahndet werden. Das plane die rot-grüne Landesregierung, wie die Staatskanzlei mitgeteilt habe. Bei den Kommunen stoße dieses Vorhaben allerdings auf Kritik. (Die Zeit, 15.10.2024)
Der Unmut in den Landesjustizverwaltungen über die seit 1. April in Kraft getretene Cannabis-Teillegalisierung sei groß. Das sei das Resultat einer im Oktober durchgeführten LTO-Umfrage in den 16 Justizressorts der Länder. Nahezu alle Bundesländer würden seit der Entkriminalisierung einen erheblichen Arbeitsaufwand bei ihren Staatsanwaltschaften und teilweise auch Gerichten beklagen. (LTO, 28.10.2024)
#CannaMedizin
Tabak sei harmlos und fördere die Gesundheit – das hätten früher sogar etliche Ärzte gedacht. Wiederholen wir diesen Fehler jetzt bei Cannabis? (DocCheck, 07.10.2024)
Medizinisches Cannabis boome: Die Cantourage Group SE verzeichne ein Rekordquartal in Q3 2024 (Presseportal, 10.10.2024)
Das Cannabis-Gesetz der Bundesregierung ziele vor allem auf den Freizeitkonsum ab. Es hab aber auch große Auswirkungen auf den medizinischen Markt. Seit Cannabis durch das neue Gesetz nicht mehr als Betäubungsmittel geführt werde, würden deutlich mehr Rezepte für medizinisches Gras verschrieben. (FR, 12.10.2024)
Ärztinnen und Ärzte, die bestimmte Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen besitzen, dürften ab 17. Oktober medizinisches Cannabis ohne Genehmigung der gesetzlichen Krankenkassen verordnen. Würden jedoch Unsicherheiten bestehen, ob bei einer Patientin oder einem Patienten die Voraussetzungen für eine Cannabisverordnung gegeben seien, könnten sie eine Genehmigung der Cannabisverordnung bei der Krankenkasse beantragen. Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) mit den Details sei heute im Bundesanzeiger veröffentlicht worden und trete morgen in Kraft. (G-BA, 16.10.2024; auch Ärzteblatt, 17.10.2024; Pharmazeutische Zeitung, 18.10.2024). Wie der Gemeinsame Bundesausschuss mitteilte, müssten die Mediziner dazu eine bestimmte Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen besitzen. Zugleich habe es geheißen, unverändert gelte, dass eine Verordnung von medizinischem Cannabis als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung nur möglich sei bei Versicherten mit einer schwerwiegenden Erkrankung. (Deutschlandfunk, 16.10.2024)
Seit 2022 gebe es in der Kiezapotheke Gras auf Rezept. Seit der Legalisierung steige die Nachfrage, auch weil Rezepte leicht zu bekommen seien. (Berliner Morgenpost, 23.10.2024)
Für Cannabisverordnungen gebe es einen Genehmigungsvorbehalt. Nicht alle Mediziner:innen müssten seit dem 17. Oktober bei der Krankenkasse für die Erstverordnung eine Kostenübernahme einholen. Was heiße das für die Apotheke? Gebe es eine Prüfpflicht? (Apotheke Adhoc, 31.10.2024)
#CannaClubs
Der Cannabis Social Club Ganderkesee sei der erste Verein, der in Deutschland legal angebautes Marihuana ernten und verteilen wolle. Die Nachfrage sei so groß, dass dem Verein zwei weitere folgen wollen. Ein Besuch beim Cannabis-Pionier. (Spiegel, 12.10.2024). Auch die Tagesschau (15.10.2024) berichtet: Für den Cannabis-Anbauverein in Ganderkesee laufe es nach Plan. Vor drei Monaten habe er von der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) die Anbauerlaubnis erhalten. Heute würden die ersten 200 Pflanzen geerntet. In zwei Wochen könnten die getrockneten Blüten dann erstmals an die Vereinsmitglieder abgegeben werden. Zudem berichtet der NDR (16.10.2024) über die erste Ernte in Ganderkesee. Anfang November war es schließlich soweit: Der Club in Ganderkesee habe erstmals Cannabis an seine Mitglieder ausgegeben. Ein Novum in Deutschland. (NDR, 02.11.2024)
Clubs, die Cannabis anbauen, würden schon zum Start um ihre Existenz kämpfen. Sie hätten hohe Kosten, aber keine Genehmigung. Für den Schwarzmarkt sei das gut. (Die Welt, 13.10.2024)
Seit dem 1. Juli könnten Vereine in Deutschland Anträge für den gemeinschaftlichen Anbau von Cannabis stellen – doch die Genehmigungsverfahren würden in vielen Bundesländern nur schleppend laufen. Im Saarland sei noch keiner von fünf Anträgen bewilligt worden, in Rheinland-Pfalz hätten erst drei von 28 Anträgen grünes Licht erhalten. (Apotheke Adhoc, 25.10.2024)
#CannaSonstiges
Adele Hollmann habe als Cannabis-Sommelière einen Beruf, der erst sehr selten anzutreffen sei, zumindest in unseren Breitengraden. Die Bewertung von Cannabis-Blüten und die Beratung sei aber nur ein Teil ihres Jobs bei Sanity Group, einem Start-up aus Berlin, wo Hollmann lebt und auch aufgewachsen sei. (FuW, 18.10.2024)
Eine aktuelle Umfrage von Bloomwell zeige, dass 94,4 Prozent der Cannabiskonsument*innen in Deutschland das Mittel vor allem aus gesundheitlichen Gründen verwenden würden. Über die Hälfte nutze es, um Schlafprobleme zu lindern, während knapp 60 Prozent Cannabis zur Reduktion von Stress einsetzen. Doch der Zugang zum legalen Markt bleibe weiterhin eine Herausforderung. (Zeitjung, 08.10.2024)
Nutzhanf sei nicht gleich Cannabis: Beim ersten Hanfmarkt auf dem Rathausplatz in Oberkirch (Ortenaukreis) hätten Händlerinnen und Händler auf ganz unterschiedliche Weise gezeigt, wofür sie Hanf nutzen. (Tagesschau, 21.10.2024)
Cannabis sei eine weitverbreitete Droge mit schätzungsweise 219 Millionen Konsumenten weltweit. Wie sich die Legalisierung und die Entkriminalisierung der Substanz auf die Gesellschaft auswirke, sei ein viel beachtetes Thema in Politik und Wissenschaft. Für Deutschland lägen noch keine Zahlen vor. Eine neue Studie aus Boston habe allerdings den Freizeitkonsum von Cannabis seit der Legalisierung in Georgien untersucht. Trotz des leichteren Zugangs habe der Gebrauch der Substanz nicht zugenommen. (MDR, 21.10.2024)
Was stecke wirklich im Cannabis, das auf Deutschlands Straßen gekauft werde? Eine neue Studie der Sanity Group liefere beunruhigende Antworten. (Berliner Morgenpost, 23.10.2024) Das Cannabis im Straßenverkauf sei laut der Studie des Berliner Unternehmens verschmutzt und gestreckt. Diese Stoffe seien in den Proben gefunden worden. (Berliner-Zeitung, 25.10.2024) Für die Studie sei Schwarzmarkt-Hanf getestet worden. In 80 Prozent der Proben stecke Mist. (Bild, 24.10.2024)
Seit mehr als einem halben Jahr sei Kiffen in Deutschland legal. Auch der Cannabis-Anbau sei in einigen Clubs erlaubt. Doch auch in Mitteldeutschland seien erst wenige Genehmigungen erteilt. So komme die Droge vorerst weiter eher aus illegalen Quellen. Und das könnee auch noch länger so bleiben. (MDR, 28.10.2024)
Die berühmte Ideengebung unter der Dusche sei es im Fall von Jakob und Benedikt Sons zwar nicht gewesen, aber ähnlich spontan sei ihr Einfall gekommen, ein Unternehmen zu gründen, das es in dieser Form vorher noch nicht gegeben hätte. 2017 habe alles angefangen. Starting Up über Cansativa (28.10.2024)
#CannaPilotprojekte
Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert dringe auf die Umsetzung der geplanten kontrollierten Freigabe von Cannabis. “Mit diesem Projekt erkennen wir in der Drogenpolitik endlich die Lebenswirklichkeit vieler Menschen an und sorgen ganz praktisch für mehr Gesundheitsschutz”, habe der SPD-Politiker gesagt. (MSN, 28.10.2024)
Während Deutschland Modellprojekte plane, liefere man in der Schweiz bereits konkrete Ergebnisse, die zeigen, wie es besser laufe. Dort gebe es erfolgreiche Pilotprojekte, die deutlich machen: Ein regulierter Markt könne den Konsum sicherer und verantwortungsvoller gestalten – und dem Schwarzmarkt den Wind aus den Segeln nehmen. Ein Gastbeitrag (Business Punk, 13.10.2024)
Als erste Städte in Deutschland wollen unterdessen Hannover und Frankfurt am Main kontrolliert Cannabis verkaufen. Das Projekt solle Anfang 2025 beginnen und werde von zwei Hochschulen begleitet. In Hannover seien bis zu drei Verkaufsstellen geplant, wie die Stadt mitgeteilt habe. Begleitet werde das Projekt von einer wissenschaftlichen Studie der Medizinischen Hochschule Hannover. Daran werden voraussichtlich etwa 4.000 Menschen teilnehmen. In Frankfurt sollen registrierte Probandinnen und Probanden fünf Jahre lang in eigens errichteten Fachgeschäften legal Cannabisblüten und andere Tetrahydrocannabinol(THC)-haltige Produkte kaufen können.(Tagesschau, 30.10.2024, siehe auch Bild, 20.10.2024; Apotheke Adhoc, 01.11.2024). Unterdessen mahnt die DAZ: In den Berichten klinge es so, als wären diese Modellprojekte bereits beschlossene Sache. Jedoch fehlten bisher die rechtlichen Grundlagen für die Umsetzung (DAZ, 01.11.2024).
In der Jungen Welt (01.11.2024) mahnt Elke Voitl (Bündnis 90/Die Grünen), Dezernentin für Soziales und Gesundheit in Frankfurt, die Teillegalisierung reiche nicht aus.