Cannabis mit 10% THC rezeptfrei in der Apotheke? Warum Deutschland jetzt den nächsten Schritt wagen sollte

by Gastautor

Ein Gastbeitrag von Albert Christian Schwarzmeier, Managing Partner & CEO Enua

Mit der Cannabis-Teillegalisierung zum 1. April 2024 hat Deutschland einen ersten großen Schritt gemacht – doch tatsächlich profitieren viele Patienten davon bisher zu wenig. Ihre medizinische Versorgung mit Cannabis ist noch zu oft gekennzeichnet von lähmender Bürokratie, langen Wartezeiten und der Frage danach, inwieweit die neue Bundesregierung trotz der aktuell richtigen Signale im Koalitionsvertrag auch langfristig an der Teillegalisierung festhält. Dabei braucht Deutschland keinesfalls rückwärtsgewandte politische Entscheidungen, die das Wohlbefinden für Patienten gefährden, sondern mutige Überlegungen dahingehend, wie alle Patienten einen zuverlässigen Zugang zu ihren benötigten Medizinal-Cannabis-Produkten erhalten. Ein rezeptfreies Produkt mit moderatem THC-Gehalt – von beispielsweise etwa bis zu 10 Prozent – könnte an dieser Stelle ansetzen und als Baustein für eine bestmögliche Versorgung dienen.

Warum 10 Prozent THC genau die richtige Dosis sein kann

Eine therapeutische Wirkung haben medizinische Cannabis-Produkte mit einem THC-Gehalt von bereits 10 Prozent. Diese können zum Beispiel bei Schlafproblemen, innerer Unruhe oder chronischen Schmerzen helfen. Solche Beschwerden sind in Deutschland weit verbreitet, sodass der Bedarf an unkomplizierter Hilfe ganz im Interesse vieler Patienten ist. Der Weg vom Facharzt über die Krankenkasse bis zur Versandapotheke ließe sich deutlich verkürzen und damit verbraucherfreundlicher gestalten. Gleichzeitig käme die Entlastung auch den Ärzten zugute, die sich bei Einführung eines rezeptfreien Produkts auf komplexere Therapieoptionen konzentrieren könnten. Ein standardisiertes Medikament aus der Apotheke würde somit sowohl den Patienten als auch den überlasteten Arztpraxen zugutekommen. Gleichzeitig bleibt die Dosierung von 10% THC gut kontrollierbar. Auch eine fachliche Aufsicht wäre dank der Apotheker gegeben, die den Patienten bei der Auswahl und beim Kauf des richtigen Produkts beratend zur Seite stünden.

Die Apotheke – mehr als nur eine Verkaufsstelle

Sowieso ist die Ausgabe von Cannabisprodukten auf dem Schwarzmarkt und über unregulierte Coffee-Shops abzulehnen. Grundsätzlich kann nur in der Apotheke passende Unterstützung bei der Wahl des richtigen Medikaments gesichert werden, während zeitgleich bei allen Produkten pharmazeutische Qualitätsstandards vorhanden sind. Die Apotheke bietet, was der Markt an anderer Stelle oft nicht garantieren kann: Die Herkunft der Produkte ist ebenso klar wie die Angabe des Wirkstoffs. Zusätzlich kann auch bei der Auswahl des Medikaments ein professioneller Austausch mit den Apothekern gewährleistet werden. Bei einem sensiblen Produkt wie Cannabis ist das entscheidend, um eine mögliche Falschverwendung oder Missbrauch zu vermeiden.

Zwischen Wirtschaftskraft und gesellschaftlicher Verantwortung

Ein OTC-Cannabisprodukt mit moderatem THC-Gehalt von 10 Prozent wäre aber nicht nur medizinisch sinnvoll, sondern auch aus einer anderen Perspektive gewinnbringend für den deutschen Staat: Der Wirtschaft. Die Wachstumszahlen des deutschen Medizinal-Cannabis-Marktes steigen seit der Freigabe von Cannabis stetig an, immer wieder werden neue Umsatz- sowie Absatzrekorde erzielt. Wenn die Politik an dieser Stelle nachbesserte, wären Wachstum und Gewinn für die Cannabis-Branche in Deutschland noch einmal größer und dieser Zweig würde sich zum Vorteil unserer Wirtschaft hierzulande weiterentwickeln. Deutschland sollte an dieser Stelle die Chance ergreifen, im internationalen und vor allem europäischen Vergleich eine Vorreiterrolle einzunehmen – mit einem Cannabis-Modell, das neue Maßstäbe setzt und als Vorbild für eine funktionierende Legalisierung in anderen Ländern dient.

Was es jetzt braucht: Mut zur Umsetzung

Daher brauchen wir jetzt einen klar definierten rechtlichen Rahmen als Voraussetzung für die Einführung rezeptfreier Cannabis-Produkte aus der Apotheke und den Fokus auf die Apotheke als Ausgabeort für Cannabis. Die THC-Grenzwerte sollten eindeutig bestimmt sein. Ein Niveau von beispielsweise 10 Prozent würde Wirkung und Kontrolle miteinander vereinen. Eine zunächst vorläufige Einführung von Modellprojekten, begleitet von Forschung und realitätsnaher Evaluation, könnten zudem wichtige Erkenntnisse für die folgende Freigabe liefern und ihren späteren Erfolg sichern. Entscheidend ist: Statt symbolpolitischer Debatten braucht es Mut zur evidenzbasierten Weiterentwicklung und einen Blick auf die Versorgungsrealität.

Man sollte die Chance nutzen, denn die Infrastruktur ist vorhanden. Die Apotheken sind bereit. Die Industrie steht in den Startlöchern. Und die Menschen warten. Jetzt ist der Moment, in dem die deutsche Politik mutig, aber dennoch verantwortungsbewusst die Weichen richtigstellen sollte: Cannabis mit bis zu 10 Prozent THC rezeptfrei in der Apotheke? Das ist nicht riskant oder unverantwortlich – es ist notwendig und ein überfälliger Schritt.

Über den Autor

Albert Christian Schwarzmeier ist seit Ende 2023 geschäftsführender Gesellschafter bei dem Kölner Cannabis-Hersteller enua Pharma GmbH, welcher im März 2025 über 1,5 Tonnen Medizinal-Cannabis in Deutschland verkauft hat. Damit komplettiert Schwarzmeier als CEO die Geschäftsführung rund um Lars Möhring und Markus Musiol bei einem der drei größten Hersteller von Medizinal-Cannabis in Deutschland. Der erfolgreiche Serienunternehmer und Handels-Experte hat in seiner bisherigen Karriere bereits viele renommierte Unternehmen wie Heartbeat Labs, Rocket Internet, Zalando, Groupon, oder musterhaus.net zu erfolgreichem Wachstum verholfen. Mit enua will er nun zum führenden Anbieter von qualitativ hochwertigem Medizinal-Cannabis in Deutschland werden

Disclaimer: Gastbeiträge müssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

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