Cannabis-Legalisierung in der Schweiz? „Frühestens in zwei bis drei Jahren“

by Redaktion

Die Schweiz könnte das erste europäische Land werden, das Cannabis als Genussmittel legalisiert. Anders als Deutschland ist sie zwar Teil des Schengen-Raumes, aber nicht der Europäischen Union. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) hatte im Februar mit deutlicher Mehrheit für diesen Schritt gestimmt. Der Weg dorthin ist allerdings lang – und vor allem plant die Schweiz einen streng regulierten Markt. Im Interview erörtert der Schweizer Anwalt Daniel Haymann seine Bedenken bezüglich der aktuell teils restriktiven Ansätze, wieso Pilotprojekte zwar obsolet werden könnten, die Betreiber aber profitieren und ab wann eine Legalisierung möglicherweise Wirklichkeit wird.

Disclaimer: Dieses Interview ist Teil einer Medienpartnerschaft mit der ICBC. Unsere Leser:innen erhalten 30% Rabatt mit dem Code MJCOMMS30 über diesen Link. Daniel Haymann wird das Panel „The High Cost of Compliance – Navigating Banking and Finance in Cannabis“ am Mittwoch, den 30. April 2025 um 10:25 Uhr moderieren.

krautinvest.de: Wie zuversichtlich bist du, dass die erforderlichen Mehrheiten zustande kommen und bis wann könnte das Gesetz realistischerweise in Kraft treten?

Daniel Haymann: Die bisherigen Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer einer Legalisierung offen gegenübersteht. Frühestens in zwei bis drei Jahren könnte das Gesetz in Kraft treten, da zunächst die Vernehmlassung – frühestens Ende Sommer – stattfinden muss, gefolgt von einer umfassenden Beratung im Parlament und, davon ist auszugehen, einem anschliessenden Referendum. Dieser Prozess braucht Zeit, doch die politische Dynamik zeigt, dass ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet.

krautinvest.de: Wird legales Cannabis unter diesen Umständen überhaupt konkurrenzfähig zum illegalen Markt?

    Daniel Haymann: Die staatliche Regulierung gewährleistet zwar, dass Cannabis in hoher Qualität und unter strengen Auflagen produziert wird, doch das vorgesehene Modell mit nur einem Online-Anbieter birgt gewisse Herausforderungen in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit. Um den illegalen Markt effektiv zurückzudrängen, müssen Preis, Verfügbarkeit und Produktauswahl so attraktiv gestaltet sein, dass sie den Konsumenten einen echten Mehrwert bieten – etwas, das die ersten Resultate der Pilotprojekte bereits nahelegen. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass zu restriktive Regelungen, überhöhte Besteuerung und das Fehlen einer flexiblen Preispolitik den Schwarzmarkt nicht vollständig verdrängen können. Bei einem einzigen Online-Anbieter könnte der Konkurrenzdruck fehlen, der ein attraktives Angebot forciert. Insbesondere birgt aber die Vorgabe, dass Verkaufsstellen nicht gewinnorientiert sein dürfen, das Risiko, dass Marktdruck und Innovationsanreize verloren gehen. Ohne die Möglichkeit, wirtschaftliche Gewinne zu erzielen, wird es den Betreibern schwerfallen, in die notwendige Infrastruktur und den Vertrieb zu investieren – wodurch sämtliche Profite in den oberen Stufen der Wertschöpfungskette abgeschöpft werden. Ein Beispiel aus Kanada verdeutlicht, dass staatliche Monopole, die keine marktüblichen Gewinnmargen zulassen, oft nicht konkurrenzfähig genug sind, um den Schwarzmarkt effektiv zu bekämpfen, da sie zu eingeschränkter Verfügbarkeit führen.

    Betreiber der Pilotversuche profitieren von etablierten Netzwerken

      krautinvest.de: Was würde eine Legalisierung für die aktuell laufenden Pilotprojekte bedeuten?

      Daniel Haymann: Sollte eine umfassende Legalisierung umgesetzt werden, wären Pilotprojekte in ihrer jetzigen Form obsolet. Bis zur endgültigen Umsetzung der Legalisierung bleiben die Pilotversuche aber ein wichtiges Instrument, um die Auswirkungen auf Gesundheit und Gesellschaft weiter zu erforschen. Danach werden die Betreiber der Pilotversuche sicherlich von den etablierten Netzwerken und Kundenkontakten profitieren, deshalb sehe ich insbesondere für Investoren, die Pilotprojekte stützen, und für diejenigen, die sie betreiben, in dieser Hinsicht kein wirtschaftliches Risiko.

        krautinvest.de: Zu einem anderen Thema: Wie entwickelt sich die medizinische Produktion und der Export in der Schweiz?

        Daniel Haymann: Die medizinische Cannabisproduktion in der Schweiz entwickelt sich rasant. Erste größere Exporte nach Deutschland sind angelaufen, und zahlreiche Projekte zur Skalierung der Produktion sowie zur Einhaltung regulatorischer Standards (GMP) sind im Gange. Dies zeigt, dass die Schweiz zunehmend als wichtiger Akteur auf dem internationalen Markt für medizinisches Cannabis etabliert wird. Käufer aus Deutschland berichten zudem über sehr kompetitives Pricing.

          krautinvest.de: Hält die Nachfrage nach CBD-Blüten an?

          Daniel Haymann: Ja, die Nachfrage nach CBD-Blüten bleibt stabil, und mit einer möglichen Liberalisierung in Deutschland könnte sie sogar weiter steigen. Das Verzögern des Nutzhanf-Liberalisierungsgesetzes in Deutschland ist zwar bedauerlich, doch sobald dieses in Kraft tritt, wird die Nachfrage aus Deutschland voraussichtlich weiter zunehmen. Dies könnte sich positiv auf die Schweizer Produzenten auswirken und die Branche weiter stärken.

          Über Daniel Haymann

          Daniel Haymann ist spezialisiert auf Gesellschafts- und Handelsrecht. Dank seiner langjährigen Geschäftserfahrung hat er ein gutes Gespür für neue Märkte und kennt die Anforderungen an Markteinführungs- und Scale-up-Strategien. Als interdisziplinärer und praxisnaher Berater liegt sein Fokus auf Investitionen, Venture Capital und Finanzierungstransaktionen sowie auf regulatorischen Fragen im Gesundheits- und Konsumgüterbereich. Er berät Investoren, Start-ups und vertikal integrierte Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette, u.a. zu regulatorischen Fragen im Zusammenhang mit THC, CBD und anderen Cannabinoiden und psychedelischen Verbindungen, zu GMP- und GDP-Standards, Lebensmittel- und Kosmetikvorschriften sowie zu Zulassungsverfahren vor Swissmedic, dem Schweizerischen Heilmittelinstitut. Daniel ist Mitbegründer und Co-Vorsitzender des europäischen Ablegers der International Cannabis Bar Association (INCBA Europe).

          Disclaimer: Dieses Interview ist Teil einer Medienpartnerschaft mit der ICBC. Unsere Leser:innen erhalten 30% Rabatt mit dem Code MJCOMMS30 über diesen Link. Daniel Haymann wird das Panel „The High Cost of Compliance – Navigating Banking and Finance in Cannabis“ am Mittwoch, den 30. April 2025 um 10:25 Uhr moderieren.

            Bildquellen

            • Schweiz Cannabis: Unsplash

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