Auf Stimmenfang: “Wir brauchen Regulierung!”

by Moritz Förster

krautinvest.de war als Partner auf dem Global Cannabis Institute in London. Wir haben uns zwei Tage lang umgehört und die wichtigsten Stimmen notiert. Alles rund um Trends, Meinungen und Zukunftsthemen. Hier drückt der Schuh, hier läuft alles glatt. Ein Überblick mit Zitaten von Antonin Cohen (Harmony), Rikke Jakobsen (Cannabis Denmark), Deo Debattiste (Parlamentarier Malta), Molly Meacher (Sozialarbeiterin), Tim Roberts (Rubicon Organics) und Jonathan Newman (Anthropologe) und Deepak Anand (Materia Ventures).

Der schwierige europäische CBD-Markt

Antonin Cohen, Gründer und Geschäftsführer von Harmony vergleicht die heutige Situation mit der vor fünf Jahren “2014 kannte kaum einer CBD. Cannabis-Unternehmen haben sich damals auf alles fokussiert. Sie waren vertikal integriert. Heute herrscht starker Wettbewerb. Überlegt euch daher gut, auf was ihr euch fokussiert.”

Über lukrative Geschäftsbereiche und das Potenzial starker Marken: “Das wichtigste für mich ist die Marke. Für Kultivierung und Produktion wird es aufgrund fallender Preise schwieriger. Auch in anderen Industrien haben wir es erlebt: Das wertvollste sind am Ende die Marken.”

Über populäre Produkte: “Laut Google Trends ist Food Supplement der größte Markt. Jeder will CBD-Öl.”

Antonins Tipp: “Baut eine Marke, die Konsumenten lieben. Gebt dem Konsumenten Mehrwert.”

Der Harmony-Macher über Vor- und Nachteile im Kosmetikbereich: “Die regulatorischen Rahmenbedingungen sind für CBD-Kosmetika einfacher zu verstehen und einzuhalten. Aber noch verwenden nur wenige Menschen CBD-Kosmetika. Synthetisches CBD ist für Kosmetik aktuell der sicherste Weg.”

Das Problem mit Qualitätsstandards und unseriösen Trittbrettfahrern: “Der CBD-Markt wird immer voller. Entscheidend sind die wahrgenommenen Werte durch den Nutzer. Die werden bestimmt durch Geschmack und Preis. Aber viele Unternehmen bringen schlechte Produkte auf den Markt, ohne Qualitätsstandards einzuhalten. Das gefährdet das Vertrauen durch Nutzer und durch die Aufsichtsbehörden.”

Die ausbleibende Harmonisierung der europäischen Rechtslage

Über das Problem der fragmentierten europäischen Rechtslage: “In Europa stellen wir sicher, dass Produkte auf dem Markt sicher sind. Aber wie können wir auf bessere Regulierungen drängen, wenn Entscheidungen auf europäischer Ebene gefällt werden? Wir sehen keine Harmonisierung der Regularien für CBD und Hanf. Für europäische Unternehmen ist es so sehr schwer im Wettbewerb zu bestehen. Der Status Quo funktioniert nicht. Wir brauchen bessere Regulierungen und klarere Guidelines.” Auch Deepak Anand, Mitgründer und Geschäftsführer von Materia Ventures, stimmt ihm zu: Deepak: “Die Regulierungen sind aktuell ein Desaster. Wir brauchen Regulierung!”

Antonin über Cannabis zwischen Esoterik und rationalen Argumenten: “Cannabis kreiert so viele Emotionen. Holt euch Wissenschaftler an Bord. Je mehr Wissenschaftler involviert werden, desto besser.”

Rikke Jakobsen, Head of Secretariat von Cannabis Denmark über bisherige Regulierungen in Europa und den Harmonisierungsprozess: “Die Länder, die ein medizinisches Cannabis-Programm etabliert haben, müssen kooperieren.”

“Müssen Lobby professionalisieren”

Ihre Meinung über branchenübergreifende Netzwerke: “Wir müssen unsere Lobby professionalisieren. Andere Organisationen müssen kooperieren – also Forscher, Ärzte, Anbauer. Wir müssen alle Stakeholder in einen Raum holen – aber ohne die Politik. Das mangelhafte Wissen der Politik ist ein großes Hindernis.”

Deo Debattiste, Arzt und Mitglied des maltesischen Parlaments über die Regulierung seines Heimatlandes: “Wir brauchen eine klare Unterscheidung zwischen der Freizeit-Anwendung und der medizinischen.”

Molly Meacher, britische Sozialarbeiterin über die (mangelhafte) Faktenlage: “Aktuelle Regulierungen basieren nicht auf Evidenzen. Wir brauchen aber Evidenz!” Aber sie sagt auch: “Cannabis ist eine Medizin. Doktors haben es bis jetzt nicht geglaubt.”

Norman Lamb, Anwalt und Politiker der britischen Liberaldemokraten, über Herausforderungen eines rationalen Diskurs: “Kein Interesse der Konservativen wissenschaftliche Beweise zu betrachten!” sowie über Wissensdefizite der Politik: “Die Öffentlichkeit ist der Politik hinsichtlich eines evidenzbasierten Ansatzes weit voraus.”

Jonathan Newman, Anthropologe aus Sussex, über Blender und den drohenden Vertrauensverlust: “In diesem Markt da wird so viel geredet. Überlegt euch eure Botschaft gut, mit der ihr nach draußen geht. Mit Eurer Message gewinnt ihr Vertrauen. Wir disinformieren Patienten und nutzen Anekdoten. Die Wissenschaft ist wichtig und das ist das Problem mit Cannabis: Wir brauchen noch 20 Jahre, bis wir echtes Wissen haben.”

“Dieser Markt interessiert sich nur dafür, Geld zu verdienen, nicht aber für das öffentliche Wohl. Du musst die Leute überzeugen, die das öffentliche Wohl gestalten,”

Bruce Linton: PR und Unternehmensprozesse

Cannabis-Scams bauen Barrieren auf. Produkte werden teurer und Profite landen in den falschen Taschen.

Bruce Linton, ehemaliger Geschäftsführer von Canopy Growth über Firmenprozesse: “Wir waren eine Cloud-First Cannabis-Firma.” Bruce über seine Medien-Strategie: “Warum ich mich um PR kümmere? Ich gehe ins Fernsehen, weil ich Dinge verkaufen will.”

Der Pharma-Markt im Umbruch: “Zeit der massiven Engpässe vorbei”

Tobias Viegener, Geschäftsführer von Cannaflows, über die Versorgung europäischer Patienten: “Die Zeit der massiven Engpässe ist vorbei.”

Seine Meinung zu den Anforderungen des pharmazeutischen Markts sowie über sich ändernde Strukturen: “Importeure werden Macht haben. Compliance ist eine große Sache. Als Wholeseller bist du verantwortlich für das Produkt.”

Über die Weiterbildung von Apothekern: “Bringt die Apotheken zusammen: die, die Cananbis verkaufen, mit denen, die das noch nicht machen.”

Tim Roberts, President bei Rubicon Organics über Cannabis-Unternehmer zwischen Schein und Sein: “Setzt auf einen komplett integrierten Ansatz, nicht nur auf einen Power-Point-Ansatz.”

Tim über GMP und den erforderlichen finanziellen Vorschuss: “Die Zeit, bis sich bei GMP das Kapital rentiert, ist lang.”  Seine Forderung an Regulierer und Marktakteure: “Reduziert die Import-Kosten.”

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