Website-Icon Krautinvest

Hanfprotein vs Soja – was ist die Zukunt der Lebensmittelindustrie

Hanfprotein vs Soja - was ist die Zukunt der Lebensmittelindustrie

Ein Gastbeitrag von Florian Pichlmaier

Immer mehr Menschen wollen aus gesundheitlichen Gründen oder wegen ihrer ethnischen Einstellung zum Tier- und Umweltschutz auf Fleisch als Teil ihrer täglichen Ernährung verzichten. Hier setzt die Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen an. Fleisch auf pflanzlicher Basis ist ein wachsender Trend und findet sich vor allem seit den letzten paar Jahren immer häufiger in den Regalen lokaler Supermärkte.

Als Fleischalternativen gelten Lebensmittel, die einen ähnlichen Geschmack, eine ähnliche Textur oder ein ähnliches Aussehen wie Fleisch  Fleisch eine pflanzliche Alternative. Mithilfe von pflanzlichen Proteinen z.B. aus Hanf, Erbsen, Weizen oder Soja, können der Geschmack, die Textur und das Aussehen von Tierfleisch mittlerweile sehr realitätsnah imitiert werden. Viele davon sind so vielseitig und lecker, dass auch Menschen, die sich nicht unbedingt pflanzlich ernähren, keinen großen Unterschied merken würden. Zudem kann dieses vegetarische “Fleisch” auch genauso vielseitig verwendet werden, sodass es gut für Menschen geeignet ist, die keine tierischen Produkte konsumieren möchten.

Trotz ihrer Beliebtheit kommt bei vielen jedoch die Frage auf, ob pflanzliche Fleischalternativen wirklich so gesund und in der Lage sind, die in Fleisch enthaltenen, essentiellen Nährstoffe und Proteine zu ersetzen. Vor allem minimal verarbeitete Pflanzenproteine bringen viele Vorteile mit sich, da sie weniger gesättigte Fettsäuren Natrium und Cholesterin enthalten und leichter verdaulich sind. Außerdem erfordern sie grundsätzlich weniger Wasser, Energie und Ackerfläche, als bei der konventionellen Herstellung tierischer Produkte benötigt wird, was enorme Auswirkungen auf die Umwelt hat. Pflanzliche Produkte haben allgemein auch einen geringeren Kaloriengehalt als Fleisch auf tierischer Basis, sodass sie zu einer gesunden Gewichtskontrolle beitragen können. Des Weiteren bildet eine pflanzenzentrierte, mehr auf Vollwertkost basierende Ernährungsweise eine einfache Möglichkeit, die Aufnahme von Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralien zu erhöhen. Es gibt auch mehrere vollständige pflanzliche Proteinquellen, die alle essentiellen Aminosäuren enthalten, die der Mensch über die Nahrung aufnehmen muss. Was letztlich alle pflanzlichen Fleischersatz-Produkte gemeinsam haben, ist, dass für deren Produktion kein einziges Tier in der Massentierhaltung leiden musste.

Obgleich der Verzicht auf stark verarbeitetes, gesalzenes Fleisch eine Reihe von Vorteilen verspricht, kann die industrielle Massenproduktion “veganer” Fleischalternativen auch einige Nachteile in sich bergen, die es zu berücksichtigen gilt. Bei vielen von ihnen handelt es sich nämlich um stark verarbeitete Produkte, welche einen genauso großen, manchmal sogar größeren Anteil an Natrium und gesättigten Fetten aufweisen, wie ihre fleischlichen Pendanten. Einige davon enthalten darüber hinaus auch viele andere Zusatzstoffe, wie zugesetzten Zucker, künstliche Verdickungs- und Bindemittel, Aromen raffinierte Öle, modifizierte Maisstärke und Dextrose. Impossible Foods beispielsweise verwendet ein gentechnisch verändertes Molekül namens „Häm“. Andere Marken stellen ihre Fleischersatz-Produkte mithilfe eines Verfahrens namens “thermo-plastische Extrusion” her, um ihnen eine fleischähnliche Textur zu verleihen. Neuere Sorten sind so in der Lage, das Aussehen, den Geschmack und die Textur von Fleisch nachzuahmen – manche von ihnen brutzeln sogar auf die gleiche Weise, wenn sie gekocht werden. Folglich sind nicht alle auf dem Markt angebotenen, pflanzlichen Fleischalternativen automatisch natürlich und gesund, auch wenn sie gute Quellen für pflanzliches Protein bilden können. Die gesündesten Optionen unter ihnen sind natürlich noch immer solche, die so naturbelassen wie möglich bleiben.

Es mag eine seltsame Vorstellung sein, Pflanzen nach Fleisch schmecken lassen zu wollen, jedoch wird der Markt für Fleischersatz-Produkte vor allem von sogenannten “Flexitariern” weiter vorangetrieben, die nach eben solchen Produkten auf der Suche sind. Flexitarier – Menschen, die den Konsum tierischer Nahrungsmittel einschränken und stattdessen vermehrt pflanzliche Ersatzprodukte kaufen wollen – machen einer 2020 von der Euromonitor Health and Nutrition durchgeführten Umfrage zufolge rund einen Drittel der repräsentativ befragten Bevölkerung in Deutschland, China, Großbritannien und in den USA aus. Sie bilden die treibende Kraft, welche die Innovationen im Proteinmarkt vorantreiben. Immer mehr etablierte Agrar- und Nahrungsmittelkonzerne schließen sich Investoren und Verbrauchern an, die sich für Nachhaltigkeit und Tierschutz einsetzen, weil sie das immer offensichtlicher werdende Marktpotenzial pflanzlicher Ersatzprodukte erkannt haben. Was einmal ein Nischenmarkt war, ist gerade dabei, sich neu zu formieren, um Wertschöpfungsketten zu entwickeln, die den steigenden Anforderungen des Massenmarktes gerecht werden können. Schätzungen der EY Food and Agriculture Practice zufolge wird der Anteil an alternativen Proteinen im globalen Fleischmarkt im Jahr 2030 auf ca. 5 bis 10 % steigen und in den folgenden Jahren noch weiter wachsen. Bis Mitte der 2020er Jahre könnten dann potenziell auch die Kosten der alternativen Proteinproduktion unter die Kosten der konventionellen Proteinproduktion fallen.

Das Konzept einer pflanzenbasierten Fleischindustrie ist nicht neu: Bereits in den späten 1800er Jahren entwickelte John Harvey Kellogg das ersten amerikanische Fleischersatz-Produkt namens “Nuttose”, welches auf Erdnüssen basierte. Heutzutage findet man pflanzliches Fleisch in den Regalen der meisten lokalen Lebensmittelgeschäfte. Es wird aus einer Vielzahl von nicht tierischen Zutaten hergestellt. Zu den häufigsten gehören unter anderem pflanzliches Eiweiß, Gewürze, Erbsen, Bohnen, Pilze, Reis, Soja, Weizengluten, Kokosnussöl und Karottensaft-Extrakte. Eine pflanzliche Proteinquelle, welche in diesem Zusammenhang äußerst interessant sein könnte und in der Lebensmittelindustrie momentan ebenfalls einen Aufschwung erlebt, sind Hanfsamen. Diese haben einen Proteingehalt von etwa 50 %, während der Fettanteil bei etwa 10 % und der Kohlenhydratanteil bei etwa 5 % liegt. Darüber hinaus gelten Hanfsamen als vollständige Proteinquelle, was bedeutet, dass sie alle essentiellen Aminosäuren liefern, die nur durch die Ernährung aufgenommen werden müssen. Das kommt in der Pflanzenwelt nur selten vor. Soja – eine weitere beliebte pflanzliche Proteinquelle – enthält im Vergleich dazu kaum Kohlenhydrate, hat jedoch einen Proteingehalt von rund 80% und einen Fettanteil von ca. 3%. Hanfprotein hat auch ein ziemlich beeindruckendes Vitamin- und Mineralstoffprofil: Es ist reich an Vitamin E, Eisen, Kalium, Magnesium, Kalzium, Schwefel, Zink und Natrium.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Fleischprodukten hat aus Hanfsamen gewonnenes Protein auch einen hohen Ballaststoffanteil von ca. 20 %, der die Verdauung unterstützt und länger satt hält. Sojaprotein hingegen hat einen deutlich geringeren Ballaststoffgehalt von ca. 6 %. Des Weiteren ist Hanfprotein reich an den hochwertigen essentiellen Fettsäuren Omega-3 und Omega-6, welche in einem optimalen Verhältnis von 1:3 enthalten sind. Im Gegensatz zu Soja ist Hanf auch für mehr Konsumenten verträglich, da es nicht zu den allgemein bekannten Allergenen gehört. Ein weiterer Vorteil von Hanf ist, dass es, anders, als bei Soja, keine Trypsin-Inhibitoren enthält, die es dem Körper erschweren, Proteine aufzunehmen. Außerdem ist Hanf auch allgemein als eine äußerst nachhaltige Nutzpflanze bekannt, die schnell wächst und eine Reihe von Umweltvorteilen bietet. Sie benötigt weniger Bewässerung als die meisten anderen Feldfrüchte, trägt zur Regeneration und Verbesserung der Böden bei, benötigt keine Pestizide und kann auch in wärmeren Temperaturen und Klimazonen gedeihen. Hanfprotein hat einen erdig-nussigen Geschmack und kann gut mit anderen Zutaten vermischt werden, um eine körnige Textur zu erzeugen. Folglich ist es nicht überraschend, dass Forscher und Start-ups bereits damit begonnen haben, mit der Verarbeitung von Hanfprotein zur Herstellung diverser Fleischersatz-Produkte, wie Fleischbällchen, Würstchen und Streuseln zu experimentieren. So ist es Forschern in Schweden bereits gelungen, hanfbasiertes Fleisch herzustellen, das von der Textur her richtigem Fleisch ähnelt, und in Neuseeland konnte man auf Hanf basierendes Hackfleisch produzieren. Wir sind gespannt darauf, zu beobachten wie sich der Hanfprotein-Markt im Bereich von Fleischersatz-Produkten in der nächsten Zeit weiterentwickeln wird.

Über den Autor

Der Autor Florian Pichlmaier ist Gründer und Geschäftsführer von Signature Products. Signature gehört zu den größen Made in Germany Hanfzulieferern und  handelt Nutzhanfprodukte wie Hanfsamen, Hanfprotein und Extrakte an verschiedene Industrien direkt vom Landwirt. Zum Portfolio gehören auch die Produktion von Private Label Produkten wie CBD Öle und die Entwicklung von pflanzenbasierten Fleischersatzprodukte wie Schnitzel, Chicken und Fisch aus regional angebauten Hanfprotein.

Disclaimer: Gastbeiträge müssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

Die mobile Version verlassen